Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.Annalen etc., Oktober 1837. -- Länder- und Völkerkunde. Condamine einen anderen Gold-See verlegt, den er Parahi*)(d. h. der See Wasser!) nennt, kann, durch eine Verwechslung der Lokalitäten zu der abgeschmackten Erzählung von der Unermeßlichkeit des Sees des Uaupes Veranlassung gegeben haben. Jch habe es immer für gewiß gehalten, daß zwischen den unbekannten Quellen des Rio Negro und seiner Zuflüsse Xie und Uaupes (Lat. 1°a21/2° N.; Long. 711/2-74° W. von Paris) ein kleines Gebirgs-Plateau existire, welches goldführendes aufgeschwemmtes Land enthalte. Die Civili- sation wird einst in jene Gegenden vordringen, sei es von Osten nach Westen durch die Brasilischen Missionen oder durch die Co- lumbischen am Rio Negro und Atabapo, die heüt zu Tage gleich elend sind, oder von West nach Ost durch die Missionen von Ca- guan und Guayavero am Fuße der Cordilleren von Cundinamarca. Man wird dann sehen, ob jene Schichten goldführenden Sandes der Bearbeitung werth sind, und ob ich den geographischen Theil des ersten Dorado's, des Dorado's der Om-Aguas, das Ziel aller vom Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 unternommenen Expe- ditionen, richtig erklärt habe. Jn dem letztgenannten Jahre nahm Pedro de Ursua den stolzen Titel Governador del Dorado y de Omagua**) an. Er hörte, daß sein Gouvernement in par- tibus sich über eine Provinz erstrecke, die von den Eingebornen das Land Caricuri***) genannt werde, und dieser Name, dessen Be- deütung er ohne Zweifel nicht kannte, beweist allein schon die Wir- kungen der Einfälle der Caraiben in diese westlichen Länder. Jm Tamanakischen heißt Gold Caricuri, im Caraibischen Carucuru zwei Sprachen, deren Verwandschaft schon durch den gelehrten Vol- lender des Mithridates, Herrn Vater, bemerkt worden ist. Curi (Cori) ist indeß auch das Peruanische (Quichua) Wort für das- selbe Metall, so daß wir hier eine jener eingeführten Wur- *) Vergl. meine Karte von Columbien, Lat. 1° 5' S.; Long. 68° 10' W. Paris. Auch der Pater Fritz hat durch eine im Jahre 1637 un- ternommene Reise jenes goldführende Land berühmt gemacht. Unter den im Archiv der auswärtigen Angelegenheiten zu Paris aufbewahr- ten werthvollen Sammlungen d'Anville's habe ich unter Nro. 9545 eine sehr merkwürdige Manuskript-Karte aufgefunden, worauf die Reise des Paters Fritz verzeichnet ist. Sie führt den Titel: Tabula geographica del Marannon 1690. Jch habe sie bei meinen Untersu- chungen über die Geschichte der Geographie Amerika's benutzt. **) Fray Pedro Simon, Not. VI. Cap. X. pag. 348. ***) A. a O. pag. 422.
Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde. Condamine einen anderen Gold-See verlegt, den er Parahi*)(d. h. der See Waſſer!) nennt, kann, durch eine Verwechslung der Lokalitaͤten zu der abgeſchmackten Erzaͤhlung von der Unermeßlichkeit des Sees des Uaupes Veranlaſſung gegeben haben. Jch habe es immer fuͤr gewiß gehalten, daß zwiſchen den unbekannten Quellen des Rio Negro und ſeiner Zufluͤſſe Xie und Uaupes (Lat. 1°ȁ2½° N.; Long. 71½–74° W. von Paris) ein kleines Gebirgs-Plateau exiſtire, welches goldfuͤhrendes aufgeſchwemmtes Land enthalte. Die Civili- ſation wird einſt in jene Gegenden vordringen, ſei es von Oſten nach Weſten durch die Braſiliſchen Miſſionen oder durch die Co- lumbiſchen am Rio Negro und Atabapo, die heuͤt zu Tage gleich elend ſind, oder von Weſt nach Oſt durch die Miſſionen von Ca- guan und Guayavero am Fuße der Cordilleren von Cundinamarca. Man wird dann ſehen, ob jene Schichten goldfuͤhrenden Sandes der Bearbeitung werth ſind, und ob ich den geographiſchen Theil des erſten Dorado's, des Dorado's der Om-Aguas, das Ziel aller vom Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 unternommenen Expe- ditionen, richtig erklaͤrt habe. Jn dem letztgenannten Jahre nahm Pedro de Urſua den ſtolzen Titel Governador del Dorado y de Omagua**) an. Er hoͤrte, daß ſein Gouvernement in par- tibus ſich uͤber eine Provinz erſtrecke, die von den Eingebornen das Land Caricuri***) genannt werde, und dieſer Name, deſſen Be- deuͤtung er ohne Zweifel nicht kannte, beweiſt allein ſchon die Wir- kungen der Einfaͤlle der Caraiben in dieſe weſtlichen Laͤnder. Jm Tamanakiſchen heißt Gold Caricuri, im Caraibiſchen Carucuru zwei Sprachen, deren Verwandſchaft ſchon durch den gelehrten Vol- lender des Mithridates, Herrn Vater, bemerkt worden iſt. Curi (Cori) iſt indeß auch das Peruaniſche (Quichua) Wort fuͤr daſ- ſelbe Metall, ſo daß wir hier eine jener eingefuͤhrten Wur- *) Vergl. meine Karte von Columbien, Lat. 1° 5′ S.; Long. 68° 10′ W. Paris. Auch der Pater Fritz hat durch eine im Jahre 1637 un- ternommene Reiſe jenes goldfuͤhrende Land beruͤhmt gemacht. Unter den im Archiv der auswaͤrtigen Angelegenheiten zu Paris aufbewahr- ten werthvollen Sammlungen d'Anville's habe ich unter Nro. 9545 eine ſehr merkwuͤrdige Manuſkript-Karte aufgefunden, worauf die Reiſe des Paters Fritz verzeichnet iſt. Sie fuͤhrt den Titel: Tabula geographica del Marañon 1690. Jch habe ſie bei meinen Unterſu- chungen uͤber die Geſchichte der Geographie Amerika's benutzt. **) Fraý Pedro Simon, Not. VI. Cap. X. pag. 348. ***) A. a O. pag. 422.
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Annalen ꝛc., Oktober 1837. — Laͤnder- und Voͤlkerkunde.
Condamine einen anderen Gold-See verlegt, den er Parahi *)
(d. h. der See Waſſer!) nennt, kann, durch eine Verwechslung der
Lokalitaͤten zu der abgeſchmackten Erzaͤhlung von der Unermeßlichkeit
des Sees des Uaupes Veranlaſſung gegeben haben. Jch habe es immer
fuͤr gewiß gehalten, daß zwiſchen den unbekannten Quellen des Rio
Negro und ſeiner Zufluͤſſe Xie und Uaupes (Lat. 1°ȁ2½° N.; Long.
71½–74° W. von Paris) ein kleines Gebirgs-Plateau exiſtire,
welches goldfuͤhrendes aufgeſchwemmtes Land enthalte. Die Civili-
ſation wird einſt in jene Gegenden vordringen, ſei es von Oſten
nach Weſten durch die Braſiliſchen Miſſionen oder durch die Co-
lumbiſchen am Rio Negro und Atabapo, die heuͤt zu Tage gleich
elend ſind, oder von Weſt nach Oſt durch die Miſſionen von Ca-
guan und Guayavero am Fuße der Cordilleren von Cundinamarca.
Man wird dann ſehen, ob jene Schichten goldfuͤhrenden Sandes
der Bearbeitung werth ſind, und ob ich den geographiſchen Theil
des erſten Dorado's, des Dorado's der Om-Aguas, das Ziel
aller vom Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 unternommenen Expe-
ditionen, richtig erklaͤrt habe. Jn dem letztgenannten Jahre nahm
Pedro de Urſua den ſtolzen Titel Governador del Dorado
y de Omagua **) an. Er hoͤrte, daß ſein Gouvernement in par-
tibus ſich uͤber eine Provinz erſtrecke, die von den Eingebornen das
Land Caricuri ***) genannt werde, und dieſer Name, deſſen Be-
deuͤtung er ohne Zweifel nicht kannte, beweiſt allein ſchon die Wir-
kungen der Einfaͤlle der Caraiben in dieſe weſtlichen Laͤnder. Jm
Tamanakiſchen heißt Gold Caricuri, im Caraibiſchen Carucuru
zwei Sprachen, deren Verwandſchaft ſchon durch den gelehrten Vol-
lender des Mithridates, Herrn Vater, bemerkt worden iſt. Curi
(Cori) iſt indeß auch das Peruaniſche (Quichua) Wort fuͤr daſ-
ſelbe Metall, ſo daß wir hier eine jener eingefuͤhrten Wur-
*) Vergl. meine Karte von Columbien, Lat. 1° 5′ S.; Long. 68° 10′
W. Paris. Auch der Pater Fritz hat durch eine im Jahre 1637 un-
ternommene Reiſe jenes goldfuͤhrende Land beruͤhmt gemacht. Unter
den im Archiv der auswaͤrtigen Angelegenheiten zu Paris aufbewahr-
ten werthvollen Sammlungen d'Anville's habe ich unter Nro. 9545
eine ſehr merkwuͤrdige Manuſkript-Karte aufgefunden, worauf die
Reiſe des Paters Fritz verzeichnet iſt. Sie fuͤhrt den Titel: Tabula
geographica del Marañon 1690. Jch habe ſie bei meinen Unterſu-
chungen uͤber die Geſchichte der Geographie Amerika's benutzt.
**) Fraý Pedro Simon, Not. VI. Cap. X. pag. 348.
***) A. a O. pag. 422.
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