Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.Über die Geographie von Guyana. 5000-6000 Fuß hoch zu sein schien, den Mangel astronomischerBeobachtungen durch haüfige Angaben des Rumb und der Entfer- nungen wird ersetzt haben. "Wir haben," sagt Herr Hillhouse et- was unbestimmt, "von Expeditionen sprechen hören, die von Ca- yenne und Surinam abgesandt, sehr weit gegen Südwesten von diesen Kolonien vorgedrungen sind, und einem Berichte zufolge soll eine derselben bis an den Amazonen-Strom und zwar auf einem seiner nördlichen Zuflüsse gelangt sein. Allein wir kennen noch nichts von den Quellen des Essequibo und über seinen Lauf nach der Vereinigung mit dem Rippanuri (Rupunuri). Jndem ich den Atlas des Herrn von Humboldt zu Rathe zog, überzeügte ich mich bald, daß der Massaruni (Mazaroni) zwischen dem Cnjuni und Essequibo fließen müsse, und daß er, wenn man ihm eine südwestliche (oder vielmehr südsüdwestliche) Richtung anwiese, das berühmte el Do- rado oder den noch zu entdeckenden Gold-See der geographischen Mythe, durchfließe." Man sieht, daß der Reisende im Norden oder Nordosten der granatischen Bergkette geblieben ist, welche die Schwelle oder die Wasserscheide bildet zwischen dem Rio Essequibo und dem Rio Blanco (Rio Branco der Portugiesen oder Quecuene der Einge- bornen), zwischen dem Rio Paragua (Zufluß des Caroni) und dem Uraricapara, der bei der alten Spanischen Mission Santa Rosa vorbeifließt. Jn dem Entwurf einer geologischen Schilderung Ame- rika's im Norden des Amazonen-Stroms, habe ich, nach den noch nicht bekannt gemachten Dokumenten, welche ich besitze, und die mir zur Entwerfung meiner Generalkarte von Columbien (Nr. 22. meines Atlasses) gedient haben, jene Kette, die Bergkette Pa- caraina genannt. Raleigh kannte sie schon im Jahre 1596 unter dem Namen Wacarima, und dies beweist, wie viel geographisch Wahres sich in seinen verwirrten Berichten über das Dorado vor- findet. Die Kette scheidet das nördliche Wassersystem des Caroni und seines Nebenflusses Paragua von dem südlichen Wassersystem des Rio Branco. Nach mehreren, von mir gemachten Combinationen scheint sie von Osten nach Westen, zwischen den Parallelen von 4° 4' und 4° 12' zu streichen und die Berggruppe des Englischen Guyana's mit der ausschließlich granitischen und syenitischen Berg-Gruppe von Parime zu verbinden. Es ist ein Kamm, der sich gegen seine bei- den Enden hin, erweitert und die Savannen und niedrigen Ebenen des Carony und Cuyuni von denen des Rio Branco trennt. Sie bildet einen der karakteristischen Züge in der Topographie dieser öden Gegend. Der Kapitain Antonio Santos passirte sie im Jahre 1778, auf seiner Reise von dem Nocoprai, einem Zuflusse des Rio Paragua, im Süden von Gairior, nach einem Zuflusse des Rio Über die Geographie von Guyana. 5000–6000 Fuß hoch zu ſein ſchien, den Mangel aſtronomiſcherBeobachtungen durch hauͤfige Angaben des Rumb und der Entfer- nungen wird erſetzt haben. „Wir haben,“ ſagt Herr Hillhouſe et- was unbeſtimmt, „von Expeditionen ſprechen hoͤren, die von Ca- yenne und Surinam abgeſandt, ſehr weit gegen Suͤdweſten von dieſen Kolonien vorgedrungen ſind, und einem Berichte zufolge ſoll eine derſelben bis an den Amazonen-Strom und zwar auf einem ſeiner noͤrdlichen Zufluͤſſe gelangt ſein. Allein wir kennen noch nichts von den Quellen des Eſſequibo und uͤber ſeinen Lauf nach der Vereinigung mit dem Rippanuri (Rupunuri). Jndem ich den Atlas des Herrn von Humboldt zu Rathe zog, uͤberzeuͤgte ich mich bald, daß der Maſſaruni (Mazaroni) zwiſchen dem Cnjuni und Eſſequibo fließen muͤſſe, und daß er, wenn man ihm eine ſuͤdweſtliche (oder vielmehr ſuͤdſuͤdweſtliche) Richtung anwieſe, das beruͤhmte el Do- rado oder den noch zu entdeckenden Gold-See der geographiſchen Mythe, durchfließe.“ Man ſieht, daß der Reiſende im Norden oder Nordoſten der granatiſchen Bergkette geblieben iſt, welche die Schwelle oder die Waſſerſcheide bildet zwiſchen dem Rio Eſſequibo und dem Rio Blanco (Rio Branco der Portugieſen oder Quecuene der Einge- bornen), zwiſchen dem Rio Paragua (Zufluß des Caroni) und dem Uraricapara, der bei der alten Spaniſchen Miſſion Santa Roſa vorbeifließt. Jn dem Entwurf einer geologiſchen Schilderung Ame- rika's im Norden des Amazonen-Stroms, habe ich, nach den noch nicht bekannt gemachten Dokumenten, welche ich beſitze, und die mir zur Entwerfung meiner Generalkarte von Columbien (Nr. 22. meines Atlaſſes) gedient haben, jene Kette, die Bergkette Pa- caraina genannt. Raleigh kannte ſie ſchon im Jahre 1596 unter dem Namen Wacarima, und dies beweiſt, wie viel geographiſch Wahres ſich in ſeinen verwirrten Berichten uͤber das Dorado vor- findet. Die Kette ſcheidet das noͤrdliche Waſſerſyſtem des Caroni und ſeines Nebenfluſſes Paragua von dem ſuͤdlichen Waſſerſyſtem des Rio Branco. Nach mehreren, von mir gemachten Combinationen ſcheint ſie von Oſten nach Weſten, zwiſchen den Parallelen von 4° 4′ und 4° 12′ zu ſtreichen und die Berggruppe des Engliſchen Guyana's mit der ausſchließlich granitiſchen und ſyenitiſchen Berg-Gruppe von Parime zu verbinden. Es iſt ein Kamm, der ſich gegen ſeine bei- den Enden hin, erweitert und die Savannen und niedrigen Ebenen des Carony und Cuyuni von denen des Rio Branco trennt. Sie bildet einen der karakteriſtiſchen Zuͤge in der Topographie dieſer oͤden Gegend. Der Kapitain Antonio Santos paſſirte ſie im Jahre 1778, auf ſeiner Reiſe von dem Nocoprai, einem Zufluſſe des Rio Paragua, im Suͤden von Gairior, nach einem Zufluſſe des Rio <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="41"/><fw place="top" type="header">Über die Geographie von Guyana.</fw><lb/> 5000–6000 Fuß hoch zu ſein ſchien, den Mangel aſtronomiſcher<lb/> Beobachtungen durch hauͤfige Angaben des Rumb und der Entfer-<lb/> nungen wird erſetzt haben. „Wir haben,“ ſagt Herr Hillhouſe et-<lb/> was unbeſtimmt, „von Expeditionen ſprechen hoͤren, die von Ca-<lb/> yenne und Surinam abgeſandt, ſehr weit gegen Suͤdweſten von<lb/> dieſen Kolonien vorgedrungen ſind, und einem Berichte zufolge ſoll<lb/> eine derſelben bis an den Amazonen-Strom und zwar <hi rendition="#g">auf einem<lb/> ſeiner noͤrdlichen Zufluͤſſe</hi> gelangt ſein. 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Über die Geographie von Guyana.
5000–6000 Fuß hoch zu ſein ſchien, den Mangel aſtronomiſcher
Beobachtungen durch hauͤfige Angaben des Rumb und der Entfer-
nungen wird erſetzt haben. „Wir haben,“ ſagt Herr Hillhouſe et-
was unbeſtimmt, „von Expeditionen ſprechen hoͤren, die von Ca-
yenne und Surinam abgeſandt, ſehr weit gegen Suͤdweſten von
dieſen Kolonien vorgedrungen ſind, und einem Berichte zufolge ſoll
eine derſelben bis an den Amazonen-Strom und zwar auf einem
ſeiner noͤrdlichen Zufluͤſſe gelangt ſein. Allein wir kennen
noch nichts von den Quellen des Eſſequibo und uͤber ſeinen Lauf
nach der Vereinigung mit dem Rippanuri (Rupunuri). Jndem ich
den Atlas des Herrn von Humboldt zu Rathe zog, uͤberzeuͤgte ich
mich bald, daß der Maſſaruni (Mazaroni) zwiſchen dem Cnjuni und
Eſſequibo fließen muͤſſe, und daß er, wenn man ihm eine ſuͤdweſtliche
(oder vielmehr ſuͤdſuͤdweſtliche) Richtung anwieſe, das beruͤhmte el Do-
rado oder den noch zu entdeckenden Gold-See der geographiſchen Mythe,
durchfließe.“ Man ſieht, daß der Reiſende im Norden oder Nordoſten
der granatiſchen Bergkette geblieben iſt, welche die Schwelle oder
die Waſſerſcheide bildet zwiſchen dem Rio Eſſequibo und dem Rio
Blanco (Rio Branco der Portugieſen oder Quecuene der Einge-
bornen), zwiſchen dem Rio Paragua (Zufluß des Caroni) und dem
Uraricapara, der bei der alten Spaniſchen Miſſion Santa Roſa
vorbeifließt. Jn dem Entwurf einer geologiſchen Schilderung Ame-
rika's im Norden des Amazonen-Stroms, habe ich, nach den noch
nicht bekannt gemachten Dokumenten, welche ich beſitze, und die mir
zur Entwerfung meiner Generalkarte von Columbien (Nr.
22. meines Atlaſſes) gedient haben, jene Kette, die Bergkette Pa-
caraina genannt. Raleigh kannte ſie ſchon im Jahre 1596 unter
dem Namen Wacarima, und dies beweiſt, wie viel geographiſch
Wahres ſich in ſeinen verwirrten Berichten uͤber das Dorado vor-
findet. Die Kette ſcheidet das noͤrdliche Waſſerſyſtem des Caroni und
ſeines Nebenfluſſes Paragua von dem ſuͤdlichen Waſſerſyſtem des Rio
Branco. Nach mehreren, von mir gemachten Combinationen ſcheint
ſie von Oſten nach Weſten, zwiſchen den Parallelen von 4° 4′ und
4° 12′ zu ſtreichen und die Berggruppe des Engliſchen Guyana's
mit der ausſchließlich granitiſchen und ſyenitiſchen Berg-Gruppe von
Parime zu verbinden. Es iſt ein Kamm, der ſich gegen ſeine bei-
den Enden hin, erweitert und die Savannen und niedrigen Ebenen
des Carony und Cuyuni von denen des Rio Branco trennt. Sie
bildet einen der karakteriſtiſchen Zuͤge in der Topographie dieſer oͤden
Gegend. Der Kapitain Antonio Santos paſſirte ſie im Jahre
1778, auf ſeiner Reiſe von dem Nocoprai, einem Zufluſſe des Rio
Paragua, im Suͤden von Gairior, nach einem Zufluſſe des Rio
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