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Humboldt, Alexander von: Ueber die Anwendung des Galvanischen Reizmittels auf die praktische Heilkunde. Ein Schreiben des Hrn. Obergerbraths von Humboldt an den Herausgeber. In: Journal für die Chirurgie, Geburtshülfe und gerichtliche Arzneykunde, Bd. 1 (1797), S. 447-471.

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entdeckt; auf diesem ist es mir geglückt, die Nerven der
Nais proboscidea, N. barbata, Lernaea cyprinacea,
Taenia passeris, Vibrio proteus
, des Hirudo und vie-
ler Jnsekten zu beobachten.

Das Galvanische Experiment macht es möglich, den
Zustand (Grad) der Reizempfänglichkeit eines Nerven
oder Muskels zu messen. Dieser Nutzen ist bisher ganz
übersehen worden, und doch, glaube ich, kann die Leh-
re vom Galvanismus von keiner Seite fruchtbarer für
die praktische Heilkunde, als von dieser werden*).
Die Physiker haben, in der Lehre von Bindung und Ent-
bindung des Wärmestoffs, erst dann Fortschritte ma-
chen können, als sie die Menge desselben, durch Aus-
dehnung einer Quecksilbersäule, zu messen anfingen.
Eben so kann die vitale Chemie, wenn man dieses Mittel
benutzt, den Zustand der belebten Materie in Hinsicht
auf Reizempfänglichkeit bestimmen. Der Mensch steht in
Beziehung mit allen Theilen der Körperwelt. Alle Stoffe
wirken auf ihn ein, wie er auf alle zurück wirkt. Wir
fühlen, wie durch diese äusseren Einwirkungen -- seyen
sie zufällig oder durch die Kunst des Arztes herbey ge-
führt -- die Mischung der Säfte und das Maaß ihrer
Absonderung verändert, wie die Thätigkeit der Organe

*) S. meinen dritten physiolog. Brief an Herrn Blumenbach
in Grens Neuem Journal B. 3. S 169
Ji 2

entdeckt; auf dieſem iſt es mir gegluͤckt, die Nerven der
Nais proboſcidea, N. barbata, Lernaea cyprinacea,
Taenia paſſeris, Vibrio proteus
, des Hirudo und vie-
ler Jnſekten zu beobachten.

Das Galvaniſche Experiment macht es moͤglich, den
Zuſtand (Grad) der Reizempfaͤnglichkeit eines Nerven
oder Muſkels zu meſſen. Dieſer Nutzen iſt bisher ganz
uͤberſehen worden, und doch, glaube ich, kann die Leh-
re vom Galvanismus von keiner Seite fruchtbarer fuͤr
die praktiſche Heilkunde, als von dieſer werden*).
Die Phyſiker haben, in der Lehre von Bindung und Ent-
bindung des Waͤrmeſtoffs, erſt dann Fortſchritte ma-
chen koͤnnen, als ſie die Menge deſſelben, durch Aus-
dehnung einer Queckſilberſaͤule, zu meſſen anfingen.
Eben ſo kann die vitale Chemie, wenn man dieſes Mittel
benutzt, den Zuſtand der belebten Materie in Hinſicht
auf Reizempfaͤnglichkeit beſtimmen. Der Menſch ſteht in
Beziehung mit allen Theilen der Koͤrperwelt. Alle Stoffe
wirken auf ihn ein, wie er auf alle zuruͤck wirkt. Wir
fuͤhlen, wie durch dieſe aͤuſſeren Einwirkungen — ſeyen
ſie zufaͤllig oder durch die Kunſt des Arztes herbey ge-
fuͤhrt — die Miſchung der Saͤfte und das Maaß ihrer
Abſonderung veraͤndert, wie die Thaͤtigkeit der Organe

*) S. meinen dritten phyſiolog. Brief an Herrn Blumenbach
in Grens Neuem Journal B. 3. S 169
Ji 2
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[469/0024] entdeckt; auf dieſem iſt es mir gegluͤckt, die Nerven der Nais proboſcidea, N. barbata, Lernaea cyprinacea, Taenia paſſeris, Vibrio proteus, des Hirudo und vie- ler Jnſekten zu beobachten. Das Galvaniſche Experiment macht es moͤglich, den Zuſtand (Grad) der Reizempfaͤnglichkeit eines Nerven oder Muſkels zu meſſen. Dieſer Nutzen iſt bisher ganz uͤberſehen worden, und doch, glaube ich, kann die Leh- re vom Galvanismus von keiner Seite fruchtbarer fuͤr die praktiſche Heilkunde, als von dieſer werden *). Die Phyſiker haben, in der Lehre von Bindung und Ent- bindung des Waͤrmeſtoffs, erſt dann Fortſchritte ma- chen koͤnnen, als ſie die Menge deſſelben, durch Aus- dehnung einer Queckſilberſaͤule, zu meſſen anfingen. Eben ſo kann die vitale Chemie, wenn man dieſes Mittel benutzt, den Zuſtand der belebten Materie in Hinſicht auf Reizempfaͤnglichkeit beſtimmen. Der Menſch ſteht in Beziehung mit allen Theilen der Koͤrperwelt. Alle Stoffe wirken auf ihn ein, wie er auf alle zuruͤck wirkt. Wir fuͤhlen, wie durch dieſe aͤuſſeren Einwirkungen — ſeyen ſie zufaͤllig oder durch die Kunſt des Arztes herbey ge- fuͤhrt — die Miſchung der Saͤfte und das Maaß ihrer Abſonderung veraͤndert, wie die Thaͤtigkeit der Organe *) S. meinen dritten phyſiolog. Brief an Herrn Blumenbach in Grens Neuem Journal B. 3. S 169 Ji 2

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Anwendung des Galvanischen Reizmittels auf die praktische Heilkunde. Ein Schreiben des Hrn. Obergerbraths von Humboldt an den Herausgeber. In: Journal für die Chirurgie, Geburtshülfe und gerichtliche Arzneykunde, Bd. 1 (1797), S. 447-471, hier S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_reizmittel_1797/24>, abgerufen am 21.11.2024.