Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.der Goldproduktion. Aerolithenfalles erkennen? Sind hier Eisen und Gold mit einanderverwechselt und war das heilige Gold ein glühender Meteor- stein, der von Pallas in Sibirien aufgefundenen Masse ähnlich, aus der man Ackerwerkzeuge schmieden konnte, wie die Esquimaux der Baffinsbay sich ihre Messer aus einer im Schnee halbvergra- benen Meteormasse noch in unsern Tagen bereiten? Jch weiß, daß physische Erklärungen alter Mythen und neuerer Wunder jetzt nicht beliebt sind, und daß ich besorgen muß, auf den Jrrweg alexandri- nischer Grammatiker zu gerathen; aber einem Naturforscher ist die Erinnerung an einen Aerolithenfall wohl zu verzeihen. Vielleicht war das vom Himmel gefallene Metall nur glühend, um die älteren Söhne abzuhalten? Auch nach deutschem Volksglauben leuchtet und brennt der Ort, wo ein Schatz vergraben liegt. Solche Betrach- tungen leiten ab von speciell-physischen Deutungen! Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager in Nord-Asien, qui primus conspexisset, propius accedentem capere ista voluisse; sed eo accedente, aurum arsisse. Quo digresso, accessisse alterum et itidem arsisse aurum. Hos igitur ardens aurum repudiasse; ac- cedente vero natu minimo, fuisse extinctum, huncque illud domum suam contulisse: qua re intellecta, fratres majores ultro universum regnum minimo natu tradidisse. Sacrum autem illud aurum custo- diunt Reges summa cura; et quotannis conveniunt, majoribus sa- crificiis illud placantes. Dicuntque Scythae, si quis festis illis dicbus aurum hoc tenens obdormiverit sub dio, hunc non transigere illum annum." Die Massageten, nach Ammianus Marcellinus ein alani- scher Stamm, wandten zur Rüstung und zum Pferdeschmuck das Gold, wie andere Völker das Eisen an. (Her. I, 215.) * Die sogenannten Tschudischen Schürfe und Tschudischen Gruben Nord-
Asiens gehören nicht einem Volksstamm zu. Der Name dieses der Goldproduktion. Aerolithenfalles erkennen? Sind hier Eiſen und Gold mit einanderverwechſelt und war das heilige Gold ein glühender Meteor- ſtein, der von Pallas in Sibirien aufgefundenen Maſſe ähnlich, aus der man Ackerwerkzeuge ſchmieden konnte, wie die Esquimaux der Baffinsbay ſich ihre Meſſer aus einer im Schnee halbvergra- benen Meteormaſſe noch in unſern Tagen bereiten? Jch weiß, daß phyſiſche Erklärungen alter Mythen und neuerer Wunder jetzt nicht beliebt ſind, und daß ich beſorgen muß, auf den Jrrweg alexandri- niſcher Grammatiker zu gerathen; aber einem Naturforſcher iſt die Erinnerung an einen Aerolithenfall wohl zu verzeihen. Vielleicht war das vom Himmel gefallene Metall nur glühend, um die älteren Söhne abzuhalten? Auch nach deutſchem Volksglauben leuchtet und brennt der Ort, wo ein Schatz vergraben liegt. Solche Betrach- tungen leiten ab von ſpeciell-phyſiſchen Deutungen! Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager in Nord-Aſien, qui primus conspexisset, propius accedentem capere ista voluisse; ſed eo accedente, aurum arsisse. Quo digresso, accessisse alterum et itidem arsisse aurum. Hos igitur ardens aurum repudiasse; ac- cedente vero natu minimo, fuisse extinctum, huncque illud domum ſuam contulisse: qua re intellecta, fratres majores ultro universum regnum minimo natu tradidisse. Sacrum autem illud aurum custo- diunt Reges ſumma cura; et quotannis conveniunt, majoribus ſa- crificiis illud placantes. Dicuntque Scythae, ſi quis festis illis dicbus aurum hoc tenens obdormiverit ſub dio, hunc non transigere illum annum.“ Die Maſſageten, nach Ammianus Marcellinus ein alani- ſcher Stamm, wandten zur Rüſtung und zum Pferdeſchmuck das Gold, wie andere Völker das Eiſen an. (Her. I, 215.) * Die ſogenannten Tſchudiſchen Schürfe und Tſchudiſchen Gruben Nord-
Aſiens gehören nicht einem Volksſtamm zu. Der Name dieſes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">der Goldproduktion.</hi></fw><lb/> Aerolithenfalles erkennen? Sind hier Eiſen und Gold mit einander<lb/> verwechſelt und war das <hi rendition="#g">heilige Gold</hi> ein glühender Meteor-<lb/> ſtein, der von Pallas in Sibirien aufgefundenen Maſſe ähnlich,<lb/> aus der man Ackerwerkzeuge ſchmieden konnte, wie die Esquimaux<lb/> der Baffinsbay ſich ihre Meſſer aus einer im Schnee halbvergra-<lb/> benen Meteormaſſe noch in unſern Tagen bereiten? Jch weiß,<lb/> daß phyſiſche Erklärungen alter Mythen und neuerer Wunder jetzt<lb/> nicht beliebt ſind, und daß ich beſorgen muß, auf den Jrrweg alexandri-<lb/> niſcher Grammatiker zu gerathen; aber einem Naturforſcher iſt die<lb/> Erinnerung an einen Aerolithenfall wohl zu verzeihen. Vielleicht war<lb/> das vom Himmel gefallene Metall nur glühend, um die älteren<lb/> Söhne abzuhalten? Auch nach deutſchem Volksglauben leuchtet<lb/> und brennt der Ort, wo ein Schatz vergraben liegt. Solche Betrach-<lb/> tungen leiten ab von ſpeciell-phyſiſchen Deutungen!</p><lb/> <p>Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager in Nord-Aſien,<lb/> jenſeits des Obi, das Steigen eines einjährigen Ertrages des Altai-<lb/> ſchen oder Kusnezkiſchen Waſchgoldes bis zu einem Gewicht von<lb/> 130 Pud oder 9100 preuß. Mark iſt eine Begebenheit in der Ge-<lb/> ſchichte des Goldhandels: ſie iſt eine um ſo wichtigere Begebenheit, als<lb/> ſie dem, Europa unmittelbar unterworfenen Theile von Aſien zuge-<lb/> hört, und als die ganze Ausbeute zu uns in Weſten hinüberfließend<lb/> auf den europäiſchen Goldmarkt einwirkt. So uralt auch der Berg-<lb/> bau auf anſtehende Erzmittel unter der unbeſtimmten Benennung<lb/><hi rendition="#g">Tſchudiſcher Schürfe</hi><note xml:id="fn7" next="#fn7.1" place="foot" n="*">Die ſogenannten Tſchudiſchen Schürfe und Tſchudiſchen Gruben Nord-<lb/> Aſiens gehören nicht einem Volksſtamm zu. Der Name dieſes</note> in Sibirien iſt, ſo erklären ſich die<lb/><note xml:id="fn6.1" prev="#fn6" place="foot" n="***"><hi rendition="#aq">qui primus conspexisset, propius accedentem capere ista voluisse;<lb/> ſed eo accedente, aurum arsisse. Quo digresso, accessisse alterum<lb/> et itidem arsisse aurum. Hos igitur ardens aurum repudiasse; ac-<lb/> cedente vero natu minimo, fuisse extinctum, huncque illud domum<lb/> ſuam contulisse: qua re intellecta, fratres majores ultro universum<lb/> regnum minimo natu tradidisse. Sacrum autem illud aurum custo-<lb/> diunt Reges ſumma cura; et quotannis conveniunt, majoribus ſa-<lb/> crificiis illud placantes. Dicuntque Scythae, ſi quis festis illis dicbus<lb/> aurum hoc tenens obdormiverit ſub dio, hunc non transigere illum<lb/> annum.“</hi> Die Maſſageten, nach Ammianus Marcellinus ein alani-<lb/> ſcher Stamm, wandten zur Rüſtung und zum Pferdeſchmuck das Gold,<lb/> wie andere Völker das Eiſen an. (Her. <hi rendition="#aq">I</hi>, 215.)</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0030]
der Goldproduktion.
Aerolithenfalles erkennen? Sind hier Eiſen und Gold mit einander
verwechſelt und war das heilige Gold ein glühender Meteor-
ſtein, der von Pallas in Sibirien aufgefundenen Maſſe ähnlich,
aus der man Ackerwerkzeuge ſchmieden konnte, wie die Esquimaux
der Baffinsbay ſich ihre Meſſer aus einer im Schnee halbvergra-
benen Meteormaſſe noch in unſern Tagen bereiten? Jch weiß,
daß phyſiſche Erklärungen alter Mythen und neuerer Wunder jetzt
nicht beliebt ſind, und daß ich beſorgen muß, auf den Jrrweg alexandri-
niſcher Grammatiker zu gerathen; aber einem Naturforſcher iſt die
Erinnerung an einen Aerolithenfall wohl zu verzeihen. Vielleicht war
das vom Himmel gefallene Metall nur glühend, um die älteren
Söhne abzuhalten? Auch nach deutſchem Volksglauben leuchtet
und brennt der Ort, wo ein Schatz vergraben liegt. Solche Betrach-
tungen leiten ab von ſpeciell-phyſiſchen Deutungen!
Das Wiederauffinden goldhaltiger Sandlager in Nord-Aſien,
jenſeits des Obi, das Steigen eines einjährigen Ertrages des Altai-
ſchen oder Kusnezkiſchen Waſchgoldes bis zu einem Gewicht von
130 Pud oder 9100 preuß. Mark iſt eine Begebenheit in der Ge-
ſchichte des Goldhandels: ſie iſt eine um ſo wichtigere Begebenheit, als
ſie dem, Europa unmittelbar unterworfenen Theile von Aſien zuge-
hört, und als die ganze Ausbeute zu uns in Weſten hinüberfließend
auf den europäiſchen Goldmarkt einwirkt. So uralt auch der Berg-
bau auf anſtehende Erzmittel unter der unbeſtimmten Benennung
Tſchudiſcher Schürfe * in Sibirien iſt, ſo erklären ſich die
***
* Die ſogenannten Tſchudiſchen Schürfe und Tſchudiſchen Gruben Nord-
Aſiens gehören nicht einem Volksſtamm zu. Der Name dieſes
*** qui primus conspexisset, propius accedentem capere ista voluisse;
ſed eo accedente, aurum arsisse. Quo digresso, accessisse alterum
et itidem arsisse aurum. Hos igitur ardens aurum repudiasse; ac-
cedente vero natu minimo, fuisse extinctum, huncque illud domum
ſuam contulisse: qua re intellecta, fratres majores ultro universum
regnum minimo natu tradidisse. Sacrum autem illud aurum custo-
diunt Reges ſumma cura; et quotannis conveniunt, majoribus ſa-
crificiis illud placantes. Dicuntque Scythae, ſi quis festis illis dicbus
aurum hoc tenens obdormiverit ſub dio, hunc non transigere illum
annum.“ Die Maſſageten, nach Ammianus Marcellinus ein alani-
ſcher Stamm, wandten zur Rüſtung und zum Pferdeſchmuck das Gold,
wie andere Völker das Eiſen an. (Her. I, 215.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |