Humboldt, Alexander von: Brief an Samuel Thomas Soemmerring. Hamburg, 28.01.-20.02.1791.Außer dem, was meine individuelle Lage betrift und die Außer dem, was meine individuelle Lage betrift und die <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="2v"/> Außer dem, was meine individuelle Lage betrift und die<lb/> Sie wahrscheinlich schon durch <persName>Forster</persName> kennen, darf ich Ihnen<lb/> von hier aus wenig verkündigen. Ich lebe in <placeName>Hamburg</placeName><lb/><hi rendition="#u">zufrieden</hi>, aber nicht <hi rendition="#u">froh</hi>, weniger froh selbst als in <placeName>Göt<lb/> tingen</placeName>, wo der Umgang von ein <choice><abbr>od.</abbr><expan>oder</expan></choice> zwei Freunden und <add place="superlinear">die</add> Nähe<lb/> Moosbewachsener Berge mich für die Einförmigkeit meiner Lage<lb/> entschädigten. Zufrieden, das heißt durch Ueberlegung zu<lb/> frieden bin ich überall, wo ich meinen Zwekken nä<lb/> her komme. Ich lerne auf der hiesigen Handelsakademie und<lb/> durch <persName>Büschens</persName> Umgang sehr viel. Alles Mercantilische<lb/> war mir neu, und ich liebe es, weil ich es für nüzlich<lb/> halte. Eigentliche Kollegia höre ich wenig, desto fleißiger<lb/> suche ich für mich zu sein. <persName>Ebelings</persName> große Bibliothek<lb/> kommt mir sehr zu statten. Philologie, Reisebeschreibungen,<lb/> Geschichtsbücher besizt <persName>Ebeling</persName>, alles Mathematische und Physikalische<lb/><persName>Büsch</persName> und das Naturhistorische <persName>Reimarus</persName> sehr vollständig.<lb/> Denken Sie Sich nun den freiesten Gebrauch aller dieser<lb/> Hülfsmittel, ein enges Zimmer in einem einsamen<lb/> Garten, keine Stöhrung, als eine Glokke, die zum<lb/> Mittag und Abendessen läutet – und Sie müssen gestehen,<lb/> mein Lieber, daß man in <placeName>Hamburg</placeName>, troz <placeName>Göttingen</placeName>, studi-<lb/> ren kann. Mineralogie und Botanik (beide aus Büchern!!) fül<lb/> len meine Nebenstunden aus. Dazu habe ich angefangen dänisch<lb/> und schwedisch zu lernen, weil die Gelegenheit dazu hier<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [2v/0004]
Außer dem, was meine individuelle Lage betrift und die
Sie wahrscheinlich schon durch Forster kennen, darf ich Ihnen
von hier aus wenig verkündigen. Ich lebe in Hamburg
zufrieden, aber nicht froh, weniger froh selbst als in Göt
tingen, wo der Umgang von ein od. zwei Freunden und die Nähe
Moosbewachsener Berge mich für die Einförmigkeit meiner Lage
entschädigten. Zufrieden, das heißt durch Ueberlegung zu
frieden bin ich überall, wo ich meinen Zwekken nä
her komme. Ich lerne auf der hiesigen Handelsakademie und
durch Büschens Umgang sehr viel. Alles Mercantilische
war mir neu, und ich liebe es, weil ich es für nüzlich
halte. Eigentliche Kollegia höre ich wenig, desto fleißiger
suche ich für mich zu sein. Ebelings große Bibliothek
kommt mir sehr zu statten. Philologie, Reisebeschreibungen,
Geschichtsbücher besizt Ebeling, alles Mathematische und Physikalische
Büsch und das Naturhistorische Reimarus sehr vollständig.
Denken Sie Sich nun den freiesten Gebrauch aller dieser
Hülfsmittel, ein enges Zimmer in einem einsamen
Garten, keine Stöhrung, als eine Glokke, die zum
Mittag und Abendessen läutet – und Sie müssen gestehen,
mein Lieber, daß man in Hamburg, troz Göttingen, studi-
ren kann. Mineralogie und Botanik (beide aus Büchern!!) fül
len meine Nebenstunden aus. Dazu habe ich angefangen dänisch
und schwedisch zu lernen, weil die Gelegenheit dazu hier
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