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Humboldt, Wilhelm von: Ueber die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1826. S. 161-188.

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dieser Sprachen gerade von der Art, daß man, von den obigen allgemeinen Betrachtungen über den Zusammenhang der Sprache mit der Buchstabenschrift ausgehend, recht füglich begreifen kann, daß weder sie zur Erfindung eines Alphabets führten, noch auch, wenn sich ein solches dargeboten hätte, eine mehr als gleichgültige Aneignung desselben erfolgt seyn würde. Die Aufnahme der nach Amerika gekommenen Europäischen Schrift beweist indeß freilich hierfür nichts. Denn die unglücklichen Nationen wurden gleich so niedergedrückt, und ihre edelsten Stämme großentheils dergestalt ausgerottet, daß an keine freie, wenigstens keine geistige nationelle Thätigkeit zu denken war. Einige Mexicaner ergriffen aber wirklich das neue Aufzeichnungsmittel, und hinterließen Werke in der einheimischen Sprache.

Alle Vortheile des Gebrauchs der Buchstabenschrift beziehen sich, wie im Vorigen gezeigt ist, hauptsächlich auf die Form des Ausdrucks, und vermittelst dieser, auf die Entwicklung der Begriffe, und die Beschäftigung mit Ideen. Darin liegt ihre Wirkung, daraus entspringt das Bedürfniß nach ihr. Gerade die Form des Gedankens aber wird durch den Bau der Amerikanischen Sprachen, die zwar bei weitem nicht die bisweilen behauptete, aber doch, und eben hierin, eine auffallende Gleichartigkeit haben, nicht vorzüglich begünstigt, oft durchaus vernachlässigt, und die Amerikanischen Volksstämme standen, auch bei der Eroberung, und in ihren blühendsten Reichen, nicht auf der Stufe, wo im Menschen der Gedanke, als überall herrschend, hervortritt.

An die Seltenheit und zum Theil den gänzlichen Mangel solcher grammatischer Bezeichnungen, die man ächte grammatische Formen nennen könnte, will ich hier nur im Vorbeigehen noch einmal erinnern. Aber ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich auch die nur durch höchst seltene Abweichungen unterbrochene strenge und einförmige Analogie dieser Sprachen, die Häufung aller durch einen Begriff gegebenen Nebenbestimmungen, auch da, wo ihre Erwähnung nicht nothwendig ist, die vorherrschende Neigung zu dem besonderen Ausdruck, statt des allgemeineren, hierher zähle. Der dauernde Gebrauch einer alphabetischen Schrift würde, wie es mir scheint, nicht nur diese Dinge abgeändert oder umgestaltet haben, sondern lebendigere nationelle Geistigkeit hätte sich auch dieser unbehülflichen Fesseln zu entledigen

dieser Sprachen gerade von der Art, daß man, von den obigen allgemeinen Betrachtungen über den Zusammenhang der Sprache mit der Buchstabenschrift ausgehend, recht füglich begreifen kann, daß weder sie zur Erfindung eines Alphabets führten, noch auch, wenn sich ein solches dargeboten hätte, eine mehr als gleichgültige Aneignung desselben erfolgt seyn würde. Die Aufnahme der nach Amerika gekommenen Europäischen Schrift beweist indeß freilich hierfür nichts. Denn die unglücklichen Nationen wurden gleich so niedergedrückt, und ihre edelsten Stämme großentheils dergestalt ausgerottet, daß an keine freie, wenigstens keine geistige nationelle Thätigkeit zu denken war. Einige Mexicaner ergriffen aber wirklich das neue Aufzeichnungsmittel, und hinterließen Werke in der einheimischen Sprache.

Alle Vortheile des Gebrauchs der Buchstabenschrift beziehen sich, wie im Vorigen gezeigt ist, hauptsächlich auf die Form des Ausdrucks, und vermittelst dieser, auf die Entwicklung der Begriffe, und die Beschäftigung mit Ideen. Darin liegt ihre Wirkung, daraus entspringt das Bedürfniß nach ihr. Gerade die Form des Gedankens aber wird durch den Bau der Amerikanischen Sprachen, die zwar bei weitem nicht die bisweilen behauptete, aber doch, und eben hierin, eine auffallende Gleichartigkeit haben, nicht vorzüglich begünstigt, oft durchaus vernachlässigt, und die Amerikanischen Volksstämme standen, auch bei der Eroberung, und in ihren blühendsten Reichen, nicht auf der Stufe, wo im Menschen der Gedanke, als überall herrschend, hervortritt.

An die Seltenheit und zum Theil den gänzlichen Mangel solcher grammatischer Bezeichnungen, die man ächte grammatische Formen nennen könnte, will ich hier nur im Vorbeigehen noch einmal erinnern. Aber ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich auch die nur durch höchst seltene Abweichungen unterbrochene strenge und einförmige Analogie dieser Sprachen, die Häufung aller durch einen Begriff gegebenen Nebenbestimmungen, auch da, wo ihre Erwähnung nicht nothwendig ist, die vorherrschende Neigung zu dem besonderen Ausdruck, statt des allgemeineren, hierher zähle. Der dauernde Gebrauch einer alphabetischen Schrift würde, wie es mir scheint, nicht nur diese Dinge abgeändert oder umgestaltet haben, sondern lebendigere nationelle Geistigkeit hätte sich auch dieser unbehülflichen Fesseln zu entledigen

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dieser Sprachen gerade von der Art, daß man, von den obigen allgemeinen Betrachtungen über den Zusammenhang der Sprache mit der Buchstabenschrift ausgehend, recht füglich begreifen kann, daß weder sie zur Erfindung eines Alphabets führten, noch auch, wenn sich ein solches dargeboten hätte, eine mehr als gleichgültige Aneignung desselben erfolgt seyn würde. Die Aufnahme der nach Amerika gekommenen Europäischen Schrift beweist indeß freilich hierfür nichts. Denn die unglücklichen Nationen wurden gleich so niedergedrückt, und ihre edelsten Stämme großentheils dergestalt ausgerottet, daß an keine freie, wenigstens keine geistige nationelle Thätigkeit zu denken war. Einige Mexicaner ergriffen aber wirklich das neue Aufzeichnungsmittel, und hinterließen Werke in der einheimischen Sprache.</p>
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[179/0019] dieser Sprachen gerade von der Art, daß man, von den obigen allgemeinen Betrachtungen über den Zusammenhang der Sprache mit der Buchstabenschrift ausgehend, recht füglich begreifen kann, daß weder sie zur Erfindung eines Alphabets führten, noch auch, wenn sich ein solches dargeboten hätte, eine mehr als gleichgültige Aneignung desselben erfolgt seyn würde. Die Aufnahme der nach Amerika gekommenen Europäischen Schrift beweist indeß freilich hierfür nichts. Denn die unglücklichen Nationen wurden gleich so niedergedrückt, und ihre edelsten Stämme großentheils dergestalt ausgerottet, daß an keine freie, wenigstens keine geistige nationelle Thätigkeit zu denken war. Einige Mexicaner ergriffen aber wirklich das neue Aufzeichnungsmittel, und hinterließen Werke in der einheimischen Sprache. Alle Vortheile des Gebrauchs der Buchstabenschrift beziehen sich, wie im Vorigen gezeigt ist, hauptsächlich auf die Form des Ausdrucks, und vermittelst dieser, auf die Entwicklung der Begriffe, und die Beschäftigung mit Ideen. Darin liegt ihre Wirkung, daraus entspringt das Bedürfniß nach ihr. Gerade die Form des Gedankens aber wird durch den Bau der Amerikanischen Sprachen, die zwar bei weitem nicht die bisweilen behauptete, aber doch, und eben hierin, eine auffallende Gleichartigkeit haben, nicht vorzüglich begünstigt, oft durchaus vernachlässigt, und die Amerikanischen Volksstämme standen, auch bei der Eroberung, und in ihren blühendsten Reichen, nicht auf der Stufe, wo im Menschen der Gedanke, als überall herrschend, hervortritt. An die Seltenheit und zum Theil den gänzlichen Mangel solcher grammatischer Bezeichnungen, die man ächte grammatische Formen nennen könnte, will ich hier nur im Vorbeigehen noch einmal erinnern. Aber ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich auch die nur durch höchst seltene Abweichungen unterbrochene strenge und einförmige Analogie dieser Sprachen, die Häufung aller durch einen Begriff gegebenen Nebenbestimmungen, auch da, wo ihre Erwähnung nicht nothwendig ist, die vorherrschende Neigung zu dem besonderen Ausdruck, statt des allgemeineren, hierher zähle. Der dauernde Gebrauch einer alphabetischen Schrift würde, wie es mir scheint, nicht nur diese Dinge abgeändert oder umgestaltet haben, sondern lebendigere nationelle Geistigkeit hätte sich auch dieser unbehülflichen Fesseln zu entledigen

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ueber die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1826. S. 161-188, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_sprachbau_1826/19>, abgerufen am 22.12.2024.