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Humboldt, Alexander von: Mittheilung des Hrn. v. Humboldt [...] betreffend einen neuen Versuch über die größte Tiefe des Meeres. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1853. Berlin, 1853, S. 140-142.

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Am 30 October 1852 hat Capitän Denham of the Royal Navy,
commanding the Herald
, statt in 4600, in einer Tiefe von 7706 fa-
thoms
(46236 feet), oder 7230 Toisen, oder
43380 Pariser Fuss,
erst den Meeresboden (Grund) gefunden. Es wurden besondere
Vorsichtsmittel angewandt, um ein genaues Resultat zu erhalten.
Der Versuch geschah im südlichen atlantischen Ocean (lat. austr.
36° 49', long. 37° 6' westlich von Greenwich). Das Herabsinken
des Bleis dauerte 9 Stunden 25 Minuten. Ich erinnere mich, dass
vor 2 Jahren, ebenfalls im südlichen atlantischen Ocean, aber 9°
nördlicher und 8° östlicher, der Lieut. Goldsborough, in Diensten
der Vereinigten Staaten, auf einer Überfahrt von Rio Janeiro nach
dem Vorgebirge der guten Hoffnung auch tiefe Sonden bis 3100
fathoms oder 18600 feet geworfen hatte.(1)

Die Meerestiefe von mehr als 43000 Par. Fuss, welche Cap.
Denham vorigen Herbst erreicht hat, ist fast 17000 Par. Fuss grösser
als die Höhe des Kintschindjinga, des höchsten wohlgemessenen
Gipfels des Himalaya-Gebirges, den wir seit meines Freundes,
Joseph Hooker's, tibetanischer Reise kennen. Der Kintschindjinga
hat 4406 Toisen (26438 Par. Fuss). Der Gipfel ist also über diesem
tiefsten Punkte der Erdoberfläche 11636 Toisen (69816 Par. Fuss),
etwas über drei geographische Meilen, erhaben. Auf der Mond-
Oberfläche ist in den zwei höchsten Bergen, Dörfel und Leibnitz,
dieser Unterschied zwischen dem Maximum der Erhebung und den
Mondebenen, sogenannten Meeren, nur 3800 Toisen oder eine geo-
graphische Meile. Die Anschwellung der Äquatorial-Gegend des
Erdsphäroids beträgt kaum das Doppelte der eben angegebenen ab-
soluten Höhe (11636 Toisen) eines Gipfelpunktes des Kintschin-
djinga
über dem niedrigsten jetzt bekannten Punkte des Meeresbo-
dens. Der Unterschied der Äquatorial- und Polar-Durchmesser
ist nämlich 1718,9-1713,1 geogr. Meilen (jede zu 3807,23 Toisen
oder 22843 Par. Fuss Länge gerechnet).

Vergleichungen positiver und negativer Höhen stellten auch
schon die alexandrinischen Philosophen an, wie Cleomedes (Cyclica

(1) Athenaeum 1851 No. 1226 p. 460.

Am 30 October 1852 hat Capitän Denham of the Royal Navy,
commanding the Herald
, statt in 4600, in einer Tiefe von 7706 fa-
thoms
(46236 feet), oder 7230 Toisen, oder
43380 Pariser Fuſs,
erst den Meeresboden (Grund) gefunden. Es wurden besondere
Vorsichtsmittel angewandt, um ein genaues Resultat zu erhalten.
Der Versuch geschah im südlichen atlantischen Ocean (lat. austr.
36° 49′, long. 37° 6′ westlich von Greenwich). Das Herabsinken
des Bleis dauerte 9 Stunden 25 Minuten. Ich erinnere mich, daſs
vor 2 Jahren, ebenfalls im südlichen atlantischen Ocean, aber 9°
nördlicher und 8° östlicher, der Lieut. Goldsborough, in Diensten
der Vereinigten Staaten, auf einer Überfahrt von Rio Janeiro nach
dem Vorgebirge der guten Hoffnung auch tiefe Sonden bis 3100
fathoms oder 18600 feet geworfen hatte.(1)

Die Meerestiefe von mehr als 43000 Par. Fuſs, welche Cap.
Denham vorigen Herbst erreicht hat, ist fast 17000 Par. Fuſs gröſser
als die Höhe des Kintschindjinga, des höchsten wohlgemessenen
Gipfels des Himalaya-Gebirges, den wir seit meines Freundes,
Joseph Hooker's, tibetanischer Reise kennen. Der Kintschindjinga
hat 4406 Toisen (26438 Par. Fuſs). Der Gipfel ist also über diesem
tiefsten Punkte der Erdoberfläche 11636 Toisen (69816 Par. Fuſs),
etwas über drei geographische Meilen, erhaben. Auf der Mond-
Oberfläche ist in den zwei höchsten Bergen, Dörfel und Leibnitz,
dieser Unterschied zwischen dem Maximum der Erhebung und den
Mondebenen, sogenannten Meeren, nur 3800 Toisen oder eine geo-
graphische Meile. Die Anschwellung der Äquatorial-Gegend des
Erdsphäroids beträgt kaum das Doppelte der eben angegebenen ab-
soluten Höhe (11636 Toisen) eines Gipfelpunktes des Kintschin-
djinga
über dem niedrigsten jetzt bekannten Punkte des Meeresbo-
dens. Der Unterschied der Äquatorial- und Polar-Durchmesser
ist nämlich 1718,9–1713,1 geogr. Meilen (jede zu 3807,23 Toisen
oder 22843 Par. Fuſs Länge gerechnet).

Vergleichungen positiver und negativer Höhen stellten auch
schon die alexandrinischen Philosophen an, wie Cleomedes (Cyclica

(1) Athenaeum 1851 No. 1226 p. 460.
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[141/0003] Am 30 October 1852 hat Capitän Denham of the Royal Navy, commanding the Herald, statt in 4600, in einer Tiefe von 7706 fa- thoms (46236 feet), oder 7230 Toisen, oder 43380 Pariser Fuſs, erst den Meeresboden (Grund) gefunden. Es wurden besondere Vorsichtsmittel angewandt, um ein genaues Resultat zu erhalten. Der Versuch geschah im südlichen atlantischen Ocean (lat. austr. 36° 49′, long. 37° 6′ westlich von Greenwich). Das Herabsinken des Bleis dauerte 9 Stunden 25 Minuten. Ich erinnere mich, daſs vor 2 Jahren, ebenfalls im südlichen atlantischen Ocean, aber 9° nördlicher und 8° östlicher, der Lieut. Goldsborough, in Diensten der Vereinigten Staaten, auf einer Überfahrt von Rio Janeiro nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung auch tiefe Sonden bis 3100 fathoms oder 18600 feet geworfen hatte. (1) Die Meerestiefe von mehr als 43000 Par. Fuſs, welche Cap. Denham vorigen Herbst erreicht hat, ist fast 17000 Par. Fuſs gröſser als die Höhe des Kintschindjinga, des höchsten wohlgemessenen Gipfels des Himalaya-Gebirges, den wir seit meines Freundes, Joseph Hooker's, tibetanischer Reise kennen. Der Kintschindjinga hat 4406 Toisen (26438 Par. Fuſs). Der Gipfel ist also über diesem tiefsten Punkte der Erdoberfläche 11636 Toisen (69816 Par. Fuſs), etwas über drei geographische Meilen, erhaben. Auf der Mond- Oberfläche ist in den zwei höchsten Bergen, Dörfel und Leibnitz, dieser Unterschied zwischen dem Maximum der Erhebung und den Mondebenen, sogenannten Meeren, nur 3800 Toisen oder eine geo- graphische Meile. Die Anschwellung der Äquatorial-Gegend des Erdsphäroids beträgt kaum das Doppelte der eben angegebenen ab- soluten Höhe (11636 Toisen) eines Gipfelpunktes des Kintschin- djinga über dem niedrigsten jetzt bekannten Punkte des Meeresbo- dens. Der Unterschied der Äquatorial- und Polar-Durchmesser ist nämlich 1718,9–1713,1 geogr. Meilen (jede zu 3807,23 Toisen oder 22843 Par. Fuſs Länge gerechnet). Vergleichungen positiver und negativer Höhen stellten auch schon die alexandrinischen Philosophen an, wie Cleomedes (Cyclica (1) Athenaeum 1851 No. 1226 p. 460.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Mittheilung des Hrn. v. Humboldt [...] betreffend einen neuen Versuch über die größte Tiefe des Meeres. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1853. Berlin, 1853, S. 140-142, hier S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_tiefe_1853/3>, abgerufen am 02.05.2024.