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Humboldt, Alexander von: Neue Untersuchungen über die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen bemerkt. In: Isis, Bd. 5 (1821), Sp. 1033-1047.

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Neue Untersuchungen über die Gesetze, welche
man in der Vertheilung der Pflanzenformen
bemerkt.
Von Alex von Humboldt.

Schon in einer früheren Abhandlung habe ich die
Botaniker auf die numerischen Verhältnisse der Pflanzen-
formen aufmerksam gemacht und in meinem gleichzeitigen
Werk, Prolegomena de distributione geographica plan-
tarum, secundum coeli temperiem et altitudinem
montium,
die Materialien, deren ich bey jener Arbeit mich
bediente, angegeben. Mit der Vertheilung der organischen
Wesen verhält es sich wie mit jedem anderen Phänomen
der physischen Welt. Mitten in der Regellosigkeit, welche
[Spaltenumbruch]
durch den Einfluß einer Menge von Localumständen erzeugt
zu werden scheint, erblickt man doch die unwandelbaren
Gesetze der Natur, sobald man eine ganze Strecke Landes
betrachtet oder eine ganze Masse von Thatsachen nimmt,
wo die theilweisen Störungen sich wechselseitig aufheben.
Jch habe das Vergnügen gehabt, diese Arbeit in Deutsch-
land, England, Jtalien und neulich auch in Dänemark
einer genauen Prüfung unterworfen zu sehen. Einer der
größten Botaniker unserer Zeit und aller Jahrhunderte, Hr.
Brown, hat jedes numerische Resultat mit denen vergli-
chen, welche die reichsten Herbarien, aus denen er sich Raths
erholen konnte, ihm darboten. Viele Zahlen sind berichti-
get worden, bey anderen fand sich eine fast unerwartete Ue-
bereinstimmung. Die Masse der Thatsache wird gerade da-
durch vermehrt, daß man die Resultate, auf welche ich mich
bezogen hatte, entkräften oder unterstützen wollte. So
zwingen in den physikalischen Wissenschaften allgemeine
Jdeen, die anfangs nur von wenigen Thatsachen abgeleitet
waren, den Beobachter zu Vervielfältigung der Thatsachen.
Bereichert mit diesen Materialien und immer dasjenige be-
nutzend, was die strengste Critik meiner Werke wahres und
brauchbares enthält, habe ich den numerischen Resultaten,
woraus das Tableau der Pflanzenformen besteht, einen
Grad von Genauigkeit geben können, den ich bis daher
kaum erwarten konnte. Es liegt in der Natur dieser Art
von Untersuchungen, daß die Coefficienten nur nach und
nach berichtiget werden können, so wie die Beobachtungen
sich vermehren. Jch werde hier nur im Allgemeinen die
Grundsätze entwickeln. Da bey dieser botanischen Arith-
metik
die Verhältnisse jeder Pflanzenfamilie zur ganzen
Masse der Phanerogamen ganz genau untersucht werden
müssen, so habe ich diese Untersuchungen in besondere
Noten gebracht, die (Dictionnaire des sciences natu-
relles, redig. par les Profess. du Jardin des Plantes
tom. XVIII. p.
432-436) bekannt gemacht sind.

Es ist vorauszusehen, daß meine Arbeit über die
Pflanzenfamilien dereinst mit Nutzen auf mehrere Classen
von Wirbelthieren angewandt werden wird. Aus den unge-
heuren Sammlungen im naturhistor. Museum zu Paris
ergibt es sich daß auf der ganzen Erde bereits bekannt
sind, 56000 Gattungen (Species) Cryptogamen und
Phanerogamen, 44000 Jnsecten, 2500 Fische, 700
Lurche, 4000 Vögel, und 500 Gattungen Säugethiere.
Nach den Untersuchungen, die ich mit Hrn. Valenciennes
angestellt habe, sind allein in Europa ungefähr 80 Gattun-
gen Säugthiere, 400 Vögel und 30 Lurche; es gibt also
unter dieser gemäßigten nördlichen Zone, 5 mal so viele
Gattungen Vögel als Säugethiere, so wie es auch hier
(in Europa) 5 mal so viele compositae, als amenta-
ceae
und coniferae, 5 mal so viel Leguminosen als Or-
chiden und Euphorbiaceen gibt. Hr. Delalande's neulich
vom Cap mitgebrachten schönen Sammlungen beweisen
(wenn man sie mit Herr Temmink und Levaillants Wer-
ke vergleicht), daß auch in jenem Theil der gemäßigten
südlichen Zone die Säugethiere zu den Vögeln sich
verhalten wie = 1 : 4,3. Eine solche Uebereinstim-
mung zwischen zwey entgegengesetzten Zonen ist sehr auffal-
lend. Die Vögel und besonders die Lurche nehmen gegen
die äquatorial Zone ungleich mehr zu als die Säugethiere.
[Ende Spaltensatz]

Jsis 1821, Heft XI. 65*
[Beginn Spaltensatz][irrelevantes Material – 37 Zeilen fehlen]
Neue Unterſuchungen uͤber die Geſetze, welche
man in der Vertheilung der Pflanzenformen
bemerkt.
Von Alex von Humboldt.

Schon in einer fruͤheren Abhandlung habe ich die
Botaniker auf die numeriſchen Verhaͤltniſſe der Pflanzen-
formen aufmerkſam gemacht und in meinem gleichzeitigen
Werk, Prolegomena de distributione geographica plan-
tarum, secundum coeli temperiem et altitudinem
montium,
die Materialien, deren ich bey jener Arbeit mich
bediente, angegeben. Mit der Vertheilung der organiſchen
Weſen verhaͤlt es ſich wie mit jedem anderen Phaͤnomen
der phyſiſchen Welt. Mitten in der Regelloſigkeit, welche
[Spaltenumbruch]
durch den Einfluß einer Menge von Localumſtaͤnden erzeugt
zu werden ſcheint, erblickt man doch die unwandelbaren
Geſetze der Natur, ſobald man eine ganze Strecke Landes
betrachtet oder eine ganze Maſſe von Thatſachen nimmt,
wo die theilweiſen Stoͤrungen ſich wechſelſeitig aufheben.
Jch habe das Vergnuͤgen gehabt, dieſe Arbeit in Deutſch-
land, England, Jtalien und neulich auch in Daͤnemark
einer genauen Pruͤfung unterworfen zu ſehen. Einer der
groͤßten Botaniker unſerer Zeit und aller Jahrhunderte, Hr.
Brown, hat jedes numeriſche Reſultat mit denen vergli-
chen, welche die reichſten Herbarien, aus denen er ſich Raths
erholen konnte, ihm darboten. Viele Zahlen ſind berichti-
get worden, bey anderen fand ſich eine faſt unerwartete Ue-
bereinſtimmung. Die Maſſe der Thatſache wird gerade da-
durch vermehrt, daß man die Reſultate, auf welche ich mich
bezogen hatte, entkraͤften oder unterſtuͤtzen wollte. So
zwingen in den phyſikaliſchen Wiſſenſchaften allgemeine
Jdeen, die anfangs nur von wenigen Thatſachen abgeleitet
waren, den Beobachter zu Vervielfaͤltigung der Thatſachen.
Bereichert mit dieſen Materialien und immer dasjenige be-
nutzend, was die ſtrengſte Critik meiner Werke wahres und
brauchbares enthaͤlt, habe ich den numeriſchen Reſultaten,
woraus das Tableau der Pflanzenformen beſteht, einen
Grad von Genauigkeit geben koͤnnen, den ich bis daher
kaum erwarten konnte. Es liegt in der Natur dieſer Art
von Unterſuchungen, daß die Coefficienten nur nach und
nach berichtiget werden koͤnnen, ſo wie die Beobachtungen
ſich vermehren. Jch werde hier nur im Allgemeinen die
Grundſaͤtze entwickeln. Da bey dieſer botaniſchen Arith-
metik
die Verhaͤltniſſe jeder Pflanzenfamilie zur ganzen
Maſſe der Phanerogamen ganz genau unterſucht werden
muͤſſen, ſo habe ich dieſe Unterſuchungen in beſondere
Noten gebracht, die (Dictionnaire des sciences natu-
relles, redig. par les Profess. du Jardin des Plantes
tom. XVIII. p.
432–436) bekannt gemacht ſind.

Es iſt vorauszuſehen, daß meine Arbeit uͤber die
Pflanzenfamilien dereinſt mit Nutzen auf mehrere Claſſen
von Wirbelthieren angewandt werden wird. Aus den unge-
heuren Sammlungen im naturhiſtor. Muſeum zu Paris
ergibt es ſich daß auf der ganzen Erde bereits bekannt
ſind, 56000 Gattungen (Species) Cryptogamen und
Phanerogamen, 44000 Jnſecten, 2500 Fiſche, 700
Lurche, 4000 Voͤgel, und 500 Gattungen Saͤugethiere.
Nach den Unterſuchungen, die ich mit Hrn. Valenciennes
angeſtellt habe, ſind allein in Europa ungefaͤhr 80 Gattun-
gen Saͤugthiere, 400 Voͤgel und 30 Lurche; es gibt alſo
unter dieſer gemaͤßigten noͤrdlichen Zone, 5 mal ſo viele
Gattungen Voͤgel als Saͤugethiere, ſo wie es auch hier
(in Europa) 5 mal ſo viele compositae, als amenta-
ceae
und coniferae, 5 mal ſo viel Leguminoſen als Or-
chiden und Euphorbiaceen gibt. Hr. Delalande's neulich
vom Cap mitgebrachten ſchoͤnen Sammlungen beweiſen
(wenn man ſie mit Herr Temmink und Levaillants Wer-
ke vergleicht), daß auch in jenem Theil der gemaͤßigten
ſuͤdlichen Zone die Saͤugethiere zu den Voͤgeln ſich
verhalten wie = 1 : 4,3. Eine ſolche Uebereinſtim-
mung zwiſchen zwey entgegengeſetzten Zonen iſt ſehr auffal-
lend. Die Voͤgel und beſonders die Lurche nehmen gegen
die aͤquatorial Zone ungleich mehr zu als die Saͤugethiere.
[Ende Spaltensatz]

Jſis 1821, Heft XI. 65*
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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Neue Untersuchungen über die Gesetze, welche man in der Vertheilung der Pflanzenformen bemerkt. In: Isis, Bd. 5 (1821), Sp. 1033-1047, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_untersuchungen_1821/2>, abgerufen am 21.11.2024.