Humboldt, Alexander von: Über die Haupt-Ursachen der Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. In: Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Aus dem Jahre 1827. Berlin, 1830, S. 295-316.über die Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. seyn. Der schädliche Einfluß, welchen kleine, isolirte, durch Ströhmungenzuweilen bis in die Nähe der Azoren getriebene, Eismassen auf das Klima von Europa ausüben sollen, gehört zu den Mythen, die von den Physikern ausgehen und sich unter dem Volke verbreiten, wenn die Physiker längst auf- gehört haben, ihnen Glauben beizumessen. Finden sich, unter denselben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen Schneller und anmuthiger Wechsel von ebenen und hohen Berggipfeln (1) Annales de Chimie et de Physique T. III. p. 297. T. IX. p. 310. T. XIV. p. 5. Phys. Klasse 1827. R r
über die Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper. seyn. Der schädliche Einfluß, welchen kleine, isolirte, durch Ströhmungenzuweilen bis in die Nähe der Azoren getriebene, Eismassen auf das Klima von Europa ausüben sollen, gehört zu den Mythen, die von den Physikern ausgehen und sich unter dem Volke verbreiten, wenn die Physiker längst auf- gehört haben, ihnen Glauben beizumessen. Finden sich, unter denselben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen Schneller und anmuthiger Wechsel von ebenen und hohen Berggipfeln (1) Annales de Chimie et de Physique T. III. p. 297. T. IX. p. 310. T. XIV. p. 5. Phys. Klasse 1827. R r
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über die Temperatur-Verschiedenheit auf dem Erdkörper.
seyn. Der schädliche Einfluß, welchen kleine, isolirte, durch Ströhmungen
zuweilen bis in die Nähe der Azoren getriebene, Eismassen auf das Klima
von Europa ausüben sollen, gehört zu den Mythen, die von den Physikern
ausgehen und sich unter dem Volke verbreiten, wenn die Physiker längst auf-
gehört haben, ihnen Glauben beizumessen.
Finden sich, unter denselben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen
Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben werden, in Nord-Amerika
und Nord-Asien nur sumpfige, moosbedeckte Länder, so äußert dagegen
die kräftige Wärme-Strahlung von Inner-Asien, zwischen den fast pa-
rallelen Bergketten des Himalaya, des Zungling und des Himmels-Ge-
birges, (eine Gegend über welche Klaproth's geographische Unter-
suchungen viel Licht verbreiten) den glücklichsten Einfluß auf die Asia-
tische Bevölkerung. Die ewige Schneegrenze liegt am nördlichen Abhange
des Himalaya 4000 Fuß höher als am südlichen Abhange, und die physika-
lische Erklärung welche ich von dieser sonderbaren Erscheinung gegeben (1),
ist durch neue Messungen und Beobachtungen in Ost-Indien, nach Herrn
Colebrooke's Berichte, bestätigt worden. Millionen von Menschen Thibe-
tanischer Abkunft und düsterer, religiöser Gemüthsstimmung, bewohnen
volkreiche Städte, da, wo bei einer minderen Ausdehnung und minderen
Continuität der Hochebenen, Felder und Städte, das ganze Jahr hindurch,
in tiefem Schnee vergraben seyn würden.
Schneller und anmuthiger Wechsel von ebenen und hohen Berggipfeln
befördert überhaupt, im Thier- und Pflanzenreiche, die Mischung von Er-
zeugnissen verschiedener Klimate. So haben sich in dem Theile des Mexi-
kanischen Freistaats, der unter den Tropen liegt, die Vögel von Nord-Ame-
rika angesiedelt, wie die schönen und reichhaltigen Sammlungen des Herrn
Deppe, welche das Königliche Museum der Liberalität des Grafen v. Sack
verdankt, mehrfach beweisen. In einer erst vor wenigen Tagen in dieser Aka-
demie verlesenen Abhandlung hat der gelehrte afrikanische Reisende, Herr
Lichtenstein, scharfsinnig entwickelt, daß sich in der Mexikanischen Fauna
die tropischen Seevögel des Stillen Oceans mit den Süßwasser-Vögeln der
Vereinigten Staaten, überhaupt Formen nördlicher und südlicher Klimate
von Europa, Lousiana und Brasilien wundersam vereinigen.
(1) Annales de Chimie et de Physique T. III. p. 297. T. IX. p. 310. T. XIV. p. 5.
Phys. Klasse 1827. R r
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