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Humboldt, Alexander von: Auszüge aus Briefen. In: Annalen der Botanick, Bd. 1, St. 3 (1792), S. 236-239.

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Bleichsucht der Pflanzen bleiben darum nicht weniger
neü. Hatte doch die pythagoreische Schule längst ge-
ahndet, was Copernicus nochmals in ein helleres Licht
sezte. Wo ist eine Entdeckung, deren Keim nicht schon
früher gelegt war? -- In dem kleinen, aber nicht un-
interessanten Buche des Aristoteles peri khromaton (Ope-
ra omnia Ed. Du Val. I. p.
1209) handelt der Schluss
von den Farben der Blüthen, Früchte und Blätter der
Pflanzen, ihren Ursachen u. s. w. "Es giebt, nach der
"Lehre des Griechen, drei Grundfarben, weiss, schwarz
"und gelb. Sie rühren alle von den Elementen her.
"Luft, Wasser und Erde sind weiss, das Feuer (Phlo-
"giston, auch Sonnenstrahl) ist gelb. Schwarz ist Man-
"gel an Licht. Wo Wasser und Sonnenstrahl zusammen
"wirken, da entsteht eine grüne Farbe (ein sonderbares
"Gemisch von weiss und gelb) wo Erde und Wasser
"allein wirken, da entsteht weisse Farbe -- daher er-
"scheinen alle Pflanzentheile unter der Erde, wurzeln,
"Zwiebeln, Stengel &c. weiss, alle Theile über der
"Erde: die der belebende Sonnenstrahl trift, grün. Weisse
"Farbe ist ohne diess ein Zeichen der Schwäche, wie
"die Thiere beweisen." -- Mir war diese Stelle neu,
und unerwartet, ob sie sonst schon irgendwo öffent-
lich bemerkt ist, kann ich in meiner jezigen Lage nicht
entscheiden.

Ueber die Farbe unterirrdischer Vegetabilien habe
ich jezt mehrere Versuche angestellt, und glaube mei-
ne Vermuthungen zu einem höhern Grade der Gewiss-
heit erheben zu können. Auffallend war es mir oft-
mals die Rasenstüke (mit Poa annua. P. compressa. Tri-
folium aruense. Plantago lanceolata &c.) mit welchen
auf Strecken bisweilen Sumpf gestossen wird, auch,

Bleichſucht der Pflanzen bleiben darum nicht weniger
neü. Hatte doch die pythagoreiſche Schule längſt ge-
ahndet, was Copernicus nochmals in ein helleres Licht
ſezte. Wo iſt eine Entdeckung, deren Keim nicht ſchon
früher gelegt war? — In dem kleinen, aber nicht un-
intereſſanten Buche des Ariſtoteles περι χρωματων (Ope-
ra omnia Ed. Du Val. I. p.
1209) handelt der Schluſs
von den Farben der Blüthen, Früchte und Blätter der
Pflanzen, ihren Urſachen u. ſ. w. ‟Es giebt, nach der
„Lehre des Griechen, drei Grundfarben, weiſs, ſchwarz
„und gelb. Sie rühren alle von den Elementen her.
„Luft, Waſſer und Erde ſind weiſs, das Feuer (Phlo-
„giston, auch Sonnenſtrahl) iſt gelb. Schwarz iſt Man-
„gel an Licht. Wo Waſſer und Sonnenſtrahl zuſammen
„wirken, da entſteht eine grüne Farbe (ein ſonderbares
„Gemiſch von weiſs und gelb) wo Erde und Waſſer
„allein wirken, da entſteht weiſſe Farbe — daher er-
„ſcheinen alle Pflanzentheile unter der Erde, wurzeln,
„Zwiebeln, Stengel &c. weiſs, alle Theile über der
„Erde: die der belebende Sonnenſtrahl trift, grün. Weiſſe
„Farbe iſt ohne dieſs ein Zeichen der Schwäche, wie
„die Thiere beweiſen.„ — Mir war dieſe Stelle neu,
und unerwartet, ob ſie ſonſt ſchon irgendwo öffent-
lich bemerkt iſt, kann ich in meiner jezigen Lage nicht
entſcheiden.

Ueber die Farbe unterirrdiſcher Vegetabilien habe
ich jezt mehrere Verſuche angeſtellt, und glaube mei-
ne Vermuthungen zu einem höhern Grade der Gewiſs-
heit erheben zu können. Auffallend war es mir oft-
mals die Raſenſtüke (mit Poa annua. P. compreſſa. Tri-
folium aruenſe. Plantago lanceolata &c.) mit welchen
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[237/0002] Bleichſucht der Pflanzen bleiben darum nicht weniger neü. Hatte doch die pythagoreiſche Schule längſt ge- ahndet, was Copernicus nochmals in ein helleres Licht ſezte. Wo iſt eine Entdeckung, deren Keim nicht ſchon früher gelegt war? — In dem kleinen, aber nicht un- intereſſanten Buche des Ariſtoteles περι χρωματων (Ope- ra omnia Ed. Du Val. I. p. 1209) handelt der Schluſs von den Farben der Blüthen, Früchte und Blätter der Pflanzen, ihren Urſachen u. ſ. w. ‟Es giebt, nach der „Lehre des Griechen, drei Grundfarben, weiſs, ſchwarz „und gelb. Sie rühren alle von den Elementen her. „Luft, Waſſer und Erde ſind weiſs, das Feuer (Phlo- „giston, auch Sonnenſtrahl) iſt gelb. Schwarz iſt Man- „gel an Licht. Wo Waſſer und Sonnenſtrahl zuſammen „wirken, da entſteht eine grüne Farbe (ein ſonderbares „Gemiſch von weiſs und gelb) wo Erde und Waſſer „allein wirken, da entſteht weiſſe Farbe — daher er- „ſcheinen alle Pflanzentheile unter der Erde, wurzeln, „Zwiebeln, Stengel &c. weiſs, alle Theile über der „Erde: die der belebende Sonnenſtrahl trift, grün. Weiſſe „Farbe iſt ohne dieſs ein Zeichen der Schwäche, wie „die Thiere beweiſen.„ — Mir war dieſe Stelle neu, und unerwartet, ob ſie ſonſt ſchon irgendwo öffent- lich bemerkt iſt, kann ich in meiner jezigen Lage nicht entſcheiden. Ueber die Farbe unterirrdiſcher Vegetabilien habe ich jezt mehrere Verſuche angeſtellt, und glaube mei- ne Vermuthungen zu einem höhern Grade der Gewiſs- heit erheben zu können. Auffallend war es mir oft- mals die Raſenſtüke (mit Poa annua. P. compreſſa. Tri- folium aruenſe. Plantago lanceolata &c.) mit welchen auf Strecken bisweilen Sumpf geſtoſſen wird, auch,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Auszüge aus Briefen. In: Annalen der Botanick, Bd. 1, St. 3 (1792), S. 236-239, hier S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_usterijanuar_1792/2>, abgerufen am 28.03.2024.