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Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204.

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Auf den C. incanus war der Einfluß der Dunkel-
heit noch geringer. Seine Blüthen blieben eben so
farbig, als sie über Tage waren, neue Kronenblät-
ter
(petala) entfalteten sich schnell, und eine zahllose
Menge von Blüthenknospen brach überall hervor. Die-
se waren ungewöhnlich klein und abortirend. Die grü-
nen Kelchblätter
nahmen zwar an Grösse zu, öffne-
ten
sich aber nie.

Erst nach einem Zeitraum von 4-5Wochen
wurden die ältern Blätter gilb und fielen ab. Die
Nässe schien dies zu befördern. -- Die Erbsen- und
Kohlsaamen, welche ich in den Stollen säete, zeigten
sich schon in wenigen Tagen. Sie trieben ungewöhn-
lich starke und viele Wurzeln und (besonders die Erb-
sen) zwölf bis vierzehn Zoll lange Stengel. Blätter
kamen sparsam hervor (eine Folge der übermässigen
Vegetation!) wo sie erschienen, waren sie von frischer
grasgrüner Farbe, aber von kurzer Dauer.



Zu der Erzählung dieser einfachen Versuche
füge ich nun einige Vermuthungen über die chemi-
schen Ursachen dieser sonderbaren Erscheinungen
hinzu -- Die Erfahrung, dass Pflanzen tief im In-
neren der Erde, wo kein Lichtstrahl sie trift, grüne
Blätter treiben können, scheint mir den vortreffli-
chen Beobachtungen der Hrn. Ingenhouß und Sene-
bier
nicht allein nicht zu widersprechen, sondern sich
vielmehr an sie anzuschließen.

Die meisten Pflanzen hauchen im gesunden
Zustande und in der Helle des Tages eine gewisse
Menge Lebensluft aus. Bei den harzreichen Vege-
tabilien*) (Pinus abies, Thuja occidentalis etc.) bei den

*) Die meisten derselben haben perennirende Blätter, fo-
lia acerosa
, persistentia. Sollten die im Norden so

Auf den C. incanus war der Einfluß der Dunkel-
heit noch geringer. Seine Blüthen blieben eben ſo
farbig, als ſie über Tage waren, neue Kronenblät-
ter
(petala) entfalteten ſich ſchnell, und eine zahlloſe
Menge von Blüthenknoſpen brach überall hervor. Die-
ſe waren ungewöhnlich klein und abortirend. Die grü-
nen Kelchblätter
nahmen zwar an Gröſse zu, öffne-
ten
ſich aber nie.

Erſt nach einem Zeitraum von 4–5Wochen
wurden die ältern Blätter gilb und fielen ab. Die
Näſſe ſchien dies zu befördern. — Die Erbſen- und
Kohlſaamen, welche ich in den Stollen ſäete, zeigten
ſich ſchon in wenigen Tagen. Sie trieben ungewöhn-
lich ſtarke und viele Wurzeln und (beſonders die Erb-
ſen) zwölf bis vierzehn Zoll lange Stengel. Blätter
kamen ſparſam hervor (eine Folge der übermäſsigen
Vegetation!) wo ſie erſchienen, waren ſie von friſcher
grasgrüner Farbe, aber von kurzer Dauer.



Zu der Erzählung dieſer einfachen Verſuche
füge ich nun einige Vermuthungen über die chemi-
ſchen Urſachen dieſer ſonderbaren Erſcheinungen
hinzu — Die Erfahrung, daſs Pflanzen tief im In-
neren der Erde, wo kein Lichtſtrahl ſie trift, grüne
Blätter treiben können, ſcheint mir den vortreffli-
chen Beobachtungen der Hrn. Ingenhouß und Sene-
bier
nicht allein nicht zu widerſprechen, ſondern ſich
vielmehr an ſie anzuſchließen.

Die meiſten Pflanzen hauchen im geſunden
Zuſtande und in der Helle des Tages eine gewiſſe
Menge Lebensluft aus. Bei den harzreichen Vege-
tabilien*) (Pinus abies, Thuja occidentalis etc.) bei den

*) Die meiſten derſelben haben perennirende Blätter, fo-
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, perſiſtentia. Sollten die im Norden ſo
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[199/0006] Auf den C. incanus war der Einfluß der Dunkel- heit noch geringer. Seine Blüthen blieben eben ſo farbig, als ſie über Tage waren, neue Kronenblät- ter (petala) entfalteten ſich ſchnell, und eine zahlloſe Menge von Blüthenknoſpen brach überall hervor. Die- ſe waren ungewöhnlich klein und abortirend. Die grü- nen Kelchblätter nahmen zwar an Gröſse zu, öffne- ten ſich aber nie. Erſt nach einem Zeitraum von 4–5Wochen wurden die ältern Blätter gilb und fielen ab. Die Näſſe ſchien dies zu befördern. — Die Erbſen- und Kohlſaamen, welche ich in den Stollen ſäete, zeigten ſich ſchon in wenigen Tagen. Sie trieben ungewöhn- lich ſtarke und viele Wurzeln und (beſonders die Erb- ſen) zwölf bis vierzehn Zoll lange Stengel. Blätter kamen ſparſam hervor (eine Folge der übermäſsigen Vegetation!) wo ſie erſchienen, waren ſie von friſcher grasgrüner Farbe, aber von kurzer Dauer. Zu der Erzählung dieſer einfachen Verſuche füge ich nun einige Vermuthungen über die chemi- ſchen Urſachen dieſer ſonderbaren Erſcheinungen hinzu — Die Erfahrung, daſs Pflanzen tief im In- neren der Erde, wo kein Lichtſtrahl ſie trift, grüne Blätter treiben können, ſcheint mir den vortreffli- chen Beobachtungen der Hrn. Ingenhouß und Sene- bier nicht allein nicht zu widerſprechen, ſondern ſich vielmehr an ſie anzuſchließen. Die meiſten Pflanzen hauchen im geſunden Zuſtande und in der Helle des Tages eine gewiſſe Menge Lebensluft aus. Bei den harzreichen Vege- tabilien *) (Pinus abies, Thuja occidentalis etc.) bei den *) Die meiſten derſelben haben perennirende Blätter, fo- lia aceroſa, perſiſtentia. Sollten die im Norden ſo

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204, hier S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuch_1792/6>, abgerufen am 03.12.2024.