Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206.Besteigung des Chimborazo. ist stets von mir als ein grosser vulkanischer Heerdbetrachtet worden. Tungurahua, Cotopaxi, Pichincha mit ihren Kratern sind nur verschiedene Auswege dieses Heerdes. Wenn Vulkanismus im weitesten Sinne des Wortes alle Erscheinungen bezeichnet, die von der Reaction des Inneren eines Planeten gegen seine oxydirte Oberfläche abhängen, so ist die- ser Theil des Hochlandes mehr als irgend ein anderer in der Tropengegend von Südamerika, der permanen- ten Wirkung des Vulkanismus ausgesetzt. Auch unter den glockenförmigen Augitporphyren, welche wie die des Chimborazo, keinen Krater haben, toben die vul- kanischen Mächte. Drei Tage nach unserer Expedition hörten wir, in dem Neuen Riobamba, um ein Uhr Nachts, ein wüthiges unterirdisches Krachen (bra- mido), das von keiner Erschütterung begleitet war. Erst drei Stunden später erfolgte ein heftiges Erdbeben ohne vorhergehendes Geräusch. Aehn- liche bramidos, wie man glaubt vom Chimborazo kommend, wurden wenige Tage vorher in Calpi ver- nommen. Dem Bergkoloss noch näher, im Dorfe San Juan, sind sie überaus häufig. Sie erregen die Auf- merksamkeit der Eingebornen nicht mehr, als es ein ferner Donner thut aus tiefbewölktem Himmel, in unserer nordischen Zone. Das sind die flüchtigen Bemerkungen über zwei Besteigung des Chimborazo. ist stets von mir als ein grosser vulkanischer Heerdbetrachtet worden. Tungurahua, Cotopaxi, Pichincha mit ihren Kratern sind nur verschiedene Auswege dieses Heerdes. Wenn Vulkanismus im weitesten Sinne des Wortes alle Erscheinungen bezeichnet, die von der Reaction des Inneren eines Planeten gegen seine oxydirte Oberfläche abhängen, so ist die- ser Theil des Hochlandes mehr als irgend ein anderer in der Tropengegend von Südamerika, der permanen- ten Wirkung des Vulkanismus ausgesetzt. Auch unter den glockenförmigen Augitporphyren, welche wie die des Chimborazo, keinen Krater haben, toben die vul- kanischen Mächte. Drei Tage nach unserer Expedition hörten wir, in dem Neuen Riobamba, um ein Uhr Nachts, ein wüthiges unterirdisches Krachen (bra- mido), das von keiner Erschütterung begleitet war. Erst drei Stunden später erfolgte ein heftiges Erdbeben ohne vorhergehendes Geräusch. Aehn- liche bramidos, wie man glaubt vom Chimborazo kommend, wurden wenige Tage vorher in Calpi ver- nommen. Dem Bergkoloss noch näher, im Dorfe San Juan, sind sie überaus häufig. Sie erregen die Auf- merksamkeit der Eingebornen nicht mehr, als es ein ferner Donner thut aus tiefbewölktem Himmel, in unserer nordischen Zone. Das sind die flüchtigen Bemerkungen über zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="206"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Besteigung des Chimborazo</hi>.</fw><lb/> ist stets von mir als ein grosser vulkanischer Heerd<lb/> betrachtet worden. Tungurahua, Cotopaxi, Pichincha<lb/> mit ihren Kratern sind nur verschiedene Auswege<lb/> dieses Heerdes. Wenn Vulkanismus im weitesten<lb/> Sinne des Wortes alle Erscheinungen bezeichnet,<lb/> die von der Reaction des Inneren eines Planeten<lb/> gegen seine oxydirte Oberfläche abhängen, so ist die-<lb/> ser Theil des Hochlandes mehr als irgend ein anderer<lb/> in der Tropengegend von Südamerika, der permanen-<lb/> ten Wirkung des Vulkanismus ausgesetzt. Auch unter<lb/> den glockenförmigen Augitporphyren, welche wie die<lb/> des Chimborazo, keinen Krater haben, toben die vul-<lb/> kanischen Mächte. Drei Tage nach unserer Expedition<lb/> hörten wir, in dem Neuen Riobamba, um ein Uhr<lb/> Nachts, ein wüthiges unterirdisches Krachen (<hi rendition="#i">bra-<lb/> mido</hi>), das von keiner Erschütterung begleitet war.<lb/> Erst drei Stunden später erfolgte ein heftiges<lb/> Erdbeben ohne vorhergehendes Geräusch. Aehn-<lb/> liche <hi rendition="#i">bramidos</hi>, wie man glaubt vom Chimborazo<lb/> kommend, wurden wenige Tage vorher in Calpi ver-<lb/> nommen. Dem Bergkoloss noch näher, im Dorfe San<lb/> Juan, sind sie überaus häufig. Sie erregen die Auf-<lb/> merksamkeit der Eingebornen nicht mehr, als es ein<lb/> ferner Donner thut aus tiefbewölktem Himmel, in<lb/> unserer nordischen Zone.</p><lb/> <p>Das sind die flüchtigen Bemerkungen über zwei<lb/> Besteigungen des Chimborazo, die ich mir erlaubt<lb/> habe, aus einem ungedruckten Reisejournale einfach<lb/> mitzutheilen. Wo die Natur so mächtig und gross<lb/> und unser Bestreben rein wissenschaftlich ist, kann<lb/> wohl die Darstellung jedes Schmuckes der Rede ent-<lb/> behren.</p><lb/> <dateline> <hi rendition="#et">Berlin, im September 1836.</hi> </dateline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [206/0033]
Besteigung des Chimborazo.
ist stets von mir als ein grosser vulkanischer Heerd
betrachtet worden. Tungurahua, Cotopaxi, Pichincha
mit ihren Kratern sind nur verschiedene Auswege
dieses Heerdes. Wenn Vulkanismus im weitesten
Sinne des Wortes alle Erscheinungen bezeichnet,
die von der Reaction des Inneren eines Planeten
gegen seine oxydirte Oberfläche abhängen, so ist die-
ser Theil des Hochlandes mehr als irgend ein anderer
in der Tropengegend von Südamerika, der permanen-
ten Wirkung des Vulkanismus ausgesetzt. Auch unter
den glockenförmigen Augitporphyren, welche wie die
des Chimborazo, keinen Krater haben, toben die vul-
kanischen Mächte. Drei Tage nach unserer Expedition
hörten wir, in dem Neuen Riobamba, um ein Uhr
Nachts, ein wüthiges unterirdisches Krachen (bra-
mido), das von keiner Erschütterung begleitet war.
Erst drei Stunden später erfolgte ein heftiges
Erdbeben ohne vorhergehendes Geräusch. Aehn-
liche bramidos, wie man glaubt vom Chimborazo
kommend, wurden wenige Tage vorher in Calpi ver-
nommen. Dem Bergkoloss noch näher, im Dorfe San
Juan, sind sie überaus häufig. Sie erregen die Auf-
merksamkeit der Eingebornen nicht mehr, als es ein
ferner Donner thut aus tiefbewölktem Himmel, in
unserer nordischen Zone.
Das sind die flüchtigen Bemerkungen über zwei
Besteigungen des Chimborazo, die ich mir erlaubt
habe, aus einem ungedruckten Reisejournale einfach
mitzutheilen. Wo die Natur so mächtig und gross
und unser Bestreben rein wissenschaftlich ist, kann
wohl die Darstellung jedes Schmuckes der Rede ent-
behren.
Berlin, im September 1836.
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