Humboldt, Alexander von: Ueber zwei Versuche den Chimborazo zu besteigen. In: Jahrbuch für 1837. Herausgegeben von H. C. Schumacher. Stuttgart und Tübingen, 1837, S. 176-206.Besteigung des Chimborazo. ein Theil des Thalbodens zwischen der östlichen undwestlichen Andeskette (der Kette der thätigen Vul- kane Cotopaxi und Tungurahua und der Kette des Iliniza und Chimborazo) verfolgten wir sanft anstei- gend bis an den Fuss des letzteren Berges, wo wir im indischen Dorfe Calpi übernachten sollten. Sie ist sparsam mit Cactusstämmen und Schinus molle, der einer Trauerweide gleicht, bedeckt. Heerden bunt- gefärbter Llamas suchen hier zu Tausenden eine spar- same Nahrung. Auf einer so grossen Höhe schadet die starke nächtliche Wärmestrahlung des Bodens, bei wolkenlosem Himmel, dem Ackerbau durch Erkäl- tung und Frost. Ehe wir Calpi erreichten, besuchten wir Lican, jetzt ebenfalls ein kleines Dorf, aber vor der Eroberung des Landes durch den eilften Inca, (den- selben Tupac-Yupanqui, dessen wohlerhaltenen Körper Garcilasso de la Vega noch 1559 in der Familiengruft zu Cuzco gesehen hatte) eine beträchtliche Stadt und der Aufenthaltsort des Conchocando oder Fürsten der Puruay. Die Eingebornen glauben, dass die kleine Zahl wilder Llamas, die man am westlichen Abfall des Chimborazo findet, nur verwildert sind und von den, nach der Zerstörung des alten Lican zerstreuten und flüchtig gewordenen Heerden abstammen. Ganz nahe bei Calpi, nordwestlich von Lican, er- Besteigung des Chimborazo. ein Theil des Thalbodens zwischen der östlichen undwestlichen Andeskette (der Kette der thätigen Vul- kane Cotopaxi und Tungurahua und der Kette des Iliniza und Chimborazo) verfolgten wir sanft anstei- gend bis an den Fuss des letzteren Berges, wo wir im indischen Dorfe Calpi übernachten sollten. Sie ist sparsam mit Cactusstämmen und Schinus molle, der einer Trauerweide gleicht, bedeckt. Heerden bunt- gefärbter Llamas suchen hier zu Tausenden eine spar- same Nahrung. Auf einer so grossen Höhe schadet die starke nächtliche Wärmestrahlung des Bodens, bei wolkenlosem Himmel, dem Ackerbau durch Erkäl- tung und Frost. Ehe wir Calpi erreichten, besuchten wir Lican, jetzt ebenfalls ein kleines Dorf, aber vor der Eroberung des Landes durch den eilften Inca, (den- selben Tupac-Yupanqui, dessen wohlerhaltenen Körper Garcilasso de la Vega noch 1559 in der Familiengruft zu Cuzco gesehen hatte) eine beträchtliche Stadt und der Aufenthaltsort des Conchocando oder Fürsten der Puruay. Die Eingebornen glauben, dass die kleine Zahl wilder Llamas, die man am westlichen Abfall des Chimborazo findet, nur verwildert sind und von den, nach der Zerstörung des alten Lican zerstreuten und flüchtig gewordenen Heerden abstammen. Ganz nahe bei Calpi, nordwestlich von Lican, er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Besteigung des Chimborazo</hi>.</fw><lb/> ein Theil des Thalbodens zwischen der östlichen und<lb/> westlichen Andeskette (der Kette der thätigen Vul-<lb/> kane Cotopaxi und Tungurahua und der Kette des<lb/> Iliniza und Chimborazo) verfolgten wir sanft anstei-<lb/> gend bis an den Fuss des letzteren Berges, wo wir<lb/> im indischen Dorfe Calpi übernachten sollten. Sie ist<lb/> sparsam mit Cactusstämmen und Schinus molle, der<lb/> einer Trauerweide gleicht, bedeckt. Heerden bunt-<lb/> gefärbter Llamas suchen hier zu Tausenden eine spar-<lb/> same Nahrung. Auf einer so grossen Höhe schadet<lb/> die starke nächtliche Wärmestrahlung des Bodens,<lb/> bei wolkenlosem Himmel, dem Ackerbau durch Erkäl-<lb/> tung und Frost. Ehe wir Calpi erreichten, besuchten<lb/> wir Lican, jetzt ebenfalls ein kleines Dorf, aber vor<lb/> der Eroberung des Landes durch den eilften Inca, (den-<lb/> selben Tupac-Yupanqui, dessen wohlerhaltenen Körper<lb/> Garcilasso de la Vega noch 1559 in der Familiengruft<lb/> zu Cuzco gesehen hatte) eine beträchtliche Stadt<lb/> und der Aufenthaltsort des <hi rendition="#i">Conchocando</hi> oder Fürsten<lb/> der Puruay. Die Eingebornen glauben, dass die kleine<lb/> Zahl wilder Llamas, die man am westlichen Abfall<lb/> des Chimborazo findet, nur verwildert sind und von<lb/> den, nach der Zerstörung des alten Lican zerstreuten<lb/> und flüchtig gewordenen Heerden abstammen.</p><lb/> <p>Ganz nahe bei Calpi, nordwestlich von Lican, er-<lb/> hebt sich in der dürren Hochebene ein kleiner isolirter<lb/> Hügel, <hi rendition="#i">der schwarze Berg</hi>, <hi rendition="#i">Yana-Urcu</hi>, dessen Name<lb/> von den französischen Akademikern nicht genannt<lb/> worden ist, der aber in geognostischer Hinsicht viel<lb/> Aufmerksamkeit verdient. Der Hügel liegt südsüd-<lb/> östlich vom Chimborazo, in weniger als drei Meilen<lb/> (15 auf 1°) Entfernung und von jenem Colosse nur<lb/> durch die Hochebene von Luisa getrennt. Will man<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [181/0008]
Besteigung des Chimborazo.
ein Theil des Thalbodens zwischen der östlichen und
westlichen Andeskette (der Kette der thätigen Vul-
kane Cotopaxi und Tungurahua und der Kette des
Iliniza und Chimborazo) verfolgten wir sanft anstei-
gend bis an den Fuss des letzteren Berges, wo wir
im indischen Dorfe Calpi übernachten sollten. Sie ist
sparsam mit Cactusstämmen und Schinus molle, der
einer Trauerweide gleicht, bedeckt. Heerden bunt-
gefärbter Llamas suchen hier zu Tausenden eine spar-
same Nahrung. Auf einer so grossen Höhe schadet
die starke nächtliche Wärmestrahlung des Bodens,
bei wolkenlosem Himmel, dem Ackerbau durch Erkäl-
tung und Frost. Ehe wir Calpi erreichten, besuchten
wir Lican, jetzt ebenfalls ein kleines Dorf, aber vor
der Eroberung des Landes durch den eilften Inca, (den-
selben Tupac-Yupanqui, dessen wohlerhaltenen Körper
Garcilasso de la Vega noch 1559 in der Familiengruft
zu Cuzco gesehen hatte) eine beträchtliche Stadt
und der Aufenthaltsort des Conchocando oder Fürsten
der Puruay. Die Eingebornen glauben, dass die kleine
Zahl wilder Llamas, die man am westlichen Abfall
des Chimborazo findet, nur verwildert sind und von
den, nach der Zerstörung des alten Lican zerstreuten
und flüchtig gewordenen Heerden abstammen.
Ganz nahe bei Calpi, nordwestlich von Lican, er-
hebt sich in der dürren Hochebene ein kleiner isolirter
Hügel, der schwarze Berg, Yana-Urcu, dessen Name
von den französischen Akademikern nicht genannt
worden ist, der aber in geognostischer Hinsicht viel
Aufmerksamkeit verdient. Der Hügel liegt südsüd-
östlich vom Chimborazo, in weniger als drei Meilen
(15 auf 1°) Entfernung und von jenem Colosse nur
durch die Hochebene von Luisa getrennt. Will man
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |