Kabbala sey? antwortete: "Kabbala wäre ein gott- loser Bösewicht und ein arger Ketzer gewesen, der viel wider Christus und wider die Mutter Gottes geschrieben hätte. Seine Anhänger wurden nach ihm Kabbalisten genannt." Johann Pico ward übrigens gleichfalls betrogen. Er kaufte für eine sehr große Summe von einem Juden siebzig Bücher des Esra über die Kabbalistische Philosophie, welche der Jude selbst ausgeheckt und geschrieben hatte. Der Fürst war jedoch zu leidenschaftlich verliebt in diese geheimnißvolle Weisheit, um zu begreifen, daß er getäuscht war.
Viele christliche Gelehrte, und unter ihnen be- sonders Johann Reuchlin, Paul Ricius, Knorr von Rosenroth, Heinrich Morus, Lampegius Vitringa und Franz Merkur von Helmont glaubten wirklich, daß die Kabbala eine göttliche Offenbarung enthielte. Sie wollten die Geheimniße der Dreieinigkeit, der Menschwerdung des eingebornen Gottessohns und viele andere unbegreifliche Dinge darin bestätiget finden. Sie machten deßhalb einen Unterschied zwi- schen der alten und reinen Kabbala (Cabba- la antiqua et pura) und der neuern und unrei- nen (Cabbala recentior et impura). Reuchlin ließ sich bekanntlich, so wie Knorr von Rosenroth, von einem Juden in dieser erhabenen Weisheit un- terrichten.
Eine Art von buchstäblicher Kabbala ward selbst in den neuesten Zeiten von christlichen Theologen
zur
Kabbala ſey? antwortete: „Kabbala waͤre ein gott- loſer Boͤſewicht und ein arger Ketzer geweſen, der viel wider Chriſtus und wider die Mutter Gottes geſchrieben haͤtte. Seine Anhaͤnger wurden nach ihm Kabbaliſten genannt.‟ Johann Pico ward uͤbrigens gleichfalls betrogen. Er kaufte fuͤr eine ſehr große Summe von einem Juden ſiebzig Buͤcher des Esra uͤber die Kabbaliſtiſche Philoſophie, welche der Jude ſelbſt ausgeheckt und geſchrieben hatte. Der Fuͤrſt war jedoch zu leidenſchaftlich verliebt in dieſe geheimnißvolle Weisheit, um zu begreifen, daß er getaͤuſcht war.
Viele chriſtliche Gelehrte, und unter ihnen be- ſonders Johann Reuchlin, Paul Ricius, Knorr von Roſenroth, Heinrich Morus, Lampegius Vitringa und Franz Merkur von Helmont glaubten wirklich, daß die Kabbala eine goͤttliche Offenbarung enthielte. Sie wollten die Geheimniße der Dreieinigkeit, der Menſchwerdung des eingebornen Gottesſohns und viele andere unbegreifliche Dinge darin beſtaͤtiget finden. Sie machten deßhalb einen Unterſchied zwi- ſchen der alten und reinen Kabbala (Cabba- la antiqua et pura) und der neuern und unrei- nen (Cabbala recentior et impura). Reuchlin ließ ſich bekanntlich, ſo wie Knorr von Roſenroth, von einem Juden in dieſer erhabenen Weisheit un- terrichten.
Eine Art von buchſtaͤblicher Kabbala ward ſelbſt in den neueſten Zeiten von chriſtlichen Theologen
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Kabbala ſey? antwortete: „Kabbala waͤre ein gott-
loſer Boͤſewicht und ein arger Ketzer geweſen, der
viel wider Chriſtus und wider die Mutter Gottes
geſchrieben haͤtte. Seine Anhaͤnger wurden nach
ihm Kabbaliſten genannt.‟ Johann Pico ward
uͤbrigens gleichfalls betrogen. Er kaufte fuͤr eine
ſehr große Summe von einem Juden ſiebzig Buͤcher
des Esra uͤber die Kabbaliſtiſche Philoſophie, welche
der Jude ſelbſt ausgeheckt und geſchrieben hatte.
Der Fuͤrſt war jedoch zu leidenſchaftlich verliebt in
dieſe geheimnißvolle Weisheit, um zu begreifen, daß
er getaͤuſcht war.
Viele chriſtliche Gelehrte, und unter ihnen be-
ſonders Johann Reuchlin, Paul Ricius, Knorr von
Roſenroth, Heinrich Morus, Lampegius Vitringa
und Franz Merkur von Helmont glaubten wirklich,
daß die Kabbala eine goͤttliche Offenbarung enthielte.
Sie wollten die Geheimniße der Dreieinigkeit, der
Menſchwerdung des eingebornen Gottesſohns und
viele andere unbegreifliche Dinge darin beſtaͤtiget
finden. Sie machten deßhalb einen Unterſchied zwi-
ſchen der alten und reinen Kabbala (Cabba-
la antiqua et pura) und der neuern und unrei-
nen (Cabbala recentior et impura). Reuchlin
ließ ſich bekanntlich, ſo wie Knorr von Roſenroth,
von einem Juden in dieſer erhabenen Weisheit un-
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Eine Art von buchſtaͤblicher Kabbala ward ſelbſt
in den neueſten Zeiten von chriſtlichen Theologen
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/122>, abgerufen am 21.11.2024.
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