liche Gesetz von allen jüdischen Schulen angenom- men und der feste Beschluß gefaßt, nichts mehr dazu zu setzen, und nichts wieder davon zu thun. Auf diese Weise hatten die Juden sowohl ihr schrift- liches, als ihr mündliches Gesetz mit Zaun und Hek- ken umfaßt; allein demungeachtet gilt doch das An- sehen ihrer Rabbiner weit mehr. Schon früherhin hab' ich bemerkt, daß nach der Lehre der Talmudi- sten, "die Worte der Rabbiner weit angenehmer "sind, als jene der Propheten; daß das gewöhnli- "che Gespräch eines Rabbiners dem ganzen Gesetze "gleich ist; daß demjenigen, welcher mit einem Rab- "biner speißt, oder ihn zu Gaste bittet, oder ihm "seine Tochter zum Weibe giebt, so viel Gnade "wiederfährt, als ob ihm der Glanz der Herrlich- "keit Gottes selbst, zu Theil würde." *) Daraus sieht man, daß Abrahams frommer Saame im Punkte seiner Geistlichkeit weit rechtgläubiger ist, als viele Christen, welche der Bibel mehr trauen, als dem Geschwätz ihrer Pfarrer, und ihrer Ver- nunft noch mehr, als den Aussprüchen aller Kir- chenversammlungen und Päbste, und sogar aller Jesuiten zu Freiburg, Luzern und Sitten. O seli- ge Zeiten, wo die Geistlichkeit noch für uns dachte und aß, wie Lessing sagt, wann werdet ihr doch zurück kehren?
"Wer die Worte der Rabbiner übertritt, heißt
*) Caphtor Apherach und Berachoth.
liche Geſetz von allen juͤdiſchen Schulen angenom- men und der feſte Beſchluß gefaßt, nichts mehr dazu zu ſetzen, und nichts wieder davon zu thun. Auf dieſe Weiſe hatten die Juden ſowohl ihr ſchrift- liches, als ihr muͤndliches Geſetz mit Zaun und Hek- ken umfaßt; allein demungeachtet gilt doch das An- ſehen ihrer Rabbiner weit mehr. Schon fruͤherhin hab’ ich bemerkt, daß nach der Lehre der Talmudi- ſten, „die Worte der Rabbiner weit angenehmer „ſind, als jene der Propheten; daß das gewoͤhnli- „che Geſpraͤch eines Rabbiners dem ganzen Geſetze „gleich iſt; daß demjenigen, welcher mit einem Rab- „biner ſpeißt, oder ihn zu Gaſte bittet, oder ihm „ſeine Tochter zum Weibe giebt, ſo viel Gnade „wiederfaͤhrt, als ob ihm der Glanz der Herrlich- „keit Gottes ſelbſt, zu Theil wuͤrde.‟ *) Daraus ſieht man, daß Abrahams frommer Saame im Punkte ſeiner Geiſtlichkeit weit rechtglaͤubiger iſt, als viele Chriſten, welche der Bibel mehr trauen, als dem Geſchwaͤtz ihrer Pfarrer, und ihrer Ver- nunft noch mehr, als den Ausſpruͤchen aller Kir- chenverſammlungen und Paͤbſte, und ſogar aller Jeſuiten zu Freiburg, Luzern und Sitten. O ſeli- ge Zeiten, wo die Geiſtlichkeit noch fuͤr uns dachte und aß, wie Leſſing ſagt, wann werdet ihr doch zuruͤck kehren?
„Wer die Worte der Rabbiner uͤbertritt, heißt
*) Caphtor Apherach und Berachoth.
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liche Geſetz von allen juͤdiſchen Schulen angenom-
men und der feſte Beſchluß gefaßt, nichts mehr
dazu zu ſetzen, und nichts wieder davon zu thun.
Auf dieſe Weiſe hatten die Juden ſowohl ihr ſchrift-
liches, als ihr muͤndliches Geſetz mit Zaun und Hek-
ken umfaßt; allein demungeachtet gilt doch das An-
ſehen ihrer Rabbiner weit mehr. Schon fruͤherhin
hab’ ich bemerkt, daß nach der Lehre der Talmudi-
ſten, „die Worte der Rabbiner weit angenehmer
„ſind, als jene der Propheten; daß das gewoͤhnli-
„che Geſpraͤch eines Rabbiners dem ganzen Geſetze
„gleich iſt; daß demjenigen, welcher mit einem Rab-
„biner ſpeißt, oder ihn zu Gaſte bittet, oder ihm
„ſeine Tochter zum Weibe giebt, ſo viel Gnade
„wiederfaͤhrt, als ob ihm der Glanz der Herrlich-
„keit Gottes ſelbſt, zu Theil wuͤrde.‟ *) Daraus
ſieht man, daß Abrahams frommer Saame im
Punkte ſeiner Geiſtlichkeit weit rechtglaͤubiger iſt,
als viele Chriſten, welche der Bibel mehr trauen,
als dem Geſchwaͤtz ihrer Pfarrer, und ihrer Ver-
nunft noch mehr, als den Ausſpruͤchen aller Kir-
chenverſammlungen und Paͤbſte, und ſogar aller
Jeſuiten zu Freiburg, Luzern und Sitten. O ſeli-
ge Zeiten, wo die Geiſtlichkeit noch fuͤr uns dachte
und aß, wie Leſſing ſagt, wann werdet ihr doch
zuruͤck kehren?
„Wer die Worte der Rabbiner uͤbertritt, heißt
*) Caphtor Apherach und Berachoth.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/126>, abgerufen am 21.11.2024.
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