Arme Stammältern! Unglücklicher Sammael! Wie müßt ihr euch nach Jahrtausenden noch von Got- tes beschnittenen Lieblingen belügen lassen!
Jm Talmud *) werden verschiedene Ursachen angegeben, weshalb Gott die Menschen aus dem Paradiese vertrieben haben soll. Wie schon früher erwähnt worden, hatte Gott durch den Engel Ra- siel dem Adam ein Buch gesandt, welches aber nach dem Sündenfall in den Himmel zurückflog. Adam weinte bitterlich über seinen Verlust, und gieng bis ans Kinn in den Fluß Gichon. Hier stand er hundert und dreißig Jahre lang im Wasser, ohne Speise und Trank zu sich zu nehmen, und that Buße. Das Wasser machte am Ende seinen Leib rostig, so daß er seinen Glanz gänzlich verlohr. Rabbi Schimeon belehrt uns, Adam habe drei Sün- den begangen, nemlich Hurerei, Todschlag und Ab- götterei. Als nun Gott zu ihm sprach: verflucht sey der Acker um deinetwillen, Dornen und Disteln soll er dir tragen! da zitterte Adam an allen Glie- dern, Thränen rannen von seinen Wangen, und schluchzend heulte er: Ach, Herr der Welt, ich und mein Esel wollen aus Einer Krippe essen! Deshalb erbarmte sich der hochgelobte, heilige Gott des Sünders und sprach: weil deine Glieder gezittert, und deine Augen Thränen vergossen haben, sollst
*) Emek Hammelech; Avodath Hakkodesch; Pesachim.
Arme Stammaͤltern! Ungluͤcklicher Sammael! Wie muͤßt ihr euch nach Jahrtauſenden noch von Got- tes beſchnittenen Lieblingen beluͤgen laſſen!
Jm Talmud *) werden verſchiedene Urſachen angegeben, weshalb Gott die Menſchen aus dem Paradieſe vertrieben haben ſoll. Wie ſchon fruͤher erwaͤhnt worden, hatte Gott durch den Engel Ra- ſiel dem Adam ein Buch geſandt, welches aber nach dem Suͤndenfall in den Himmel zuruͤckflog. Adam weinte bitterlich uͤber ſeinen Verluſt, und gieng bis ans Kinn in den Fluß Gichon. Hier ſtand er hundert und dreißig Jahre lang im Waſſer, ohne Speiſe und Trank zu ſich zu nehmen, und that Buße. Das Waſſer machte am Ende ſeinen Leib roſtig, ſo daß er ſeinen Glanz gaͤnzlich verlohr. Rabbi Schimeon belehrt uns, Adam habe drei Suͤn- den begangen, nemlich Hurerei, Todſchlag und Ab- goͤtterei. Als nun Gott zu ihm ſprach: verflucht ſey der Acker um deinetwillen, Dornen und Diſteln ſoll er dir tragen! da zitterte Adam an allen Glie- dern, Thraͤnen rannen von ſeinen Wangen, und ſchluchzend heulte er: Ach, Herr der Welt, ich und mein Eſel wollen aus Einer Krippe eſſen! Deshalb erbarmte ſich der hochgelobte, heilige Gott des Suͤnders und ſprach: weil deine Glieder gezittert, und deine Augen Thraͤnen vergoſſen haben, ſollſt
*) Emek Hammelech; Avodath Hakkodeſch; Peſachim.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0154"n="120"/>
Arme Stammaͤltern! Ungluͤcklicher Sammael! Wie<lb/>
muͤßt ihr euch nach Jahrtauſenden noch von Got-<lb/>
tes beſchnittenen Lieblingen beluͤgen laſſen!</p><lb/><p>Jm Talmud <noteplace="foot"n="*)">Emek Hammelech; Avodath Hakkodeſch; Peſachim.</note> werden verſchiedene Urſachen<lb/>
angegeben, weshalb Gott die Menſchen aus dem<lb/>
Paradieſe vertrieben haben ſoll. Wie ſchon fruͤher<lb/>
erwaͤhnt worden, hatte Gott durch den Engel Ra-<lb/>ſiel dem Adam ein Buch geſandt, welches aber nach<lb/>
dem Suͤndenfall in den Himmel zuruͤckflog. Adam<lb/>
weinte bitterlich uͤber ſeinen Verluſt, und gieng bis<lb/>
ans Kinn in den Fluß Gichon. Hier ſtand er<lb/>
hundert und dreißig Jahre lang im Waſſer, ohne<lb/>
Speiſe und Trank zu ſich zu nehmen, und that<lb/>
Buße. Das Waſſer machte am Ende ſeinen Leib<lb/>
roſtig, ſo daß er ſeinen Glanz gaͤnzlich verlohr.<lb/>
Rabbi Schimeon belehrt uns, Adam habe drei Suͤn-<lb/>
den begangen, nemlich Hurerei, Todſchlag und Ab-<lb/>
goͤtterei. Als nun Gott zu ihm ſprach: verflucht<lb/>ſey der Acker um deinetwillen, Dornen und Diſteln<lb/>ſoll er dir tragen! da zitterte Adam an allen Glie-<lb/>
dern, Thraͤnen rannen von ſeinen Wangen, und<lb/>ſchluchzend heulte er: Ach, Herr der Welt, ich und<lb/>
mein Eſel wollen aus Einer Krippe eſſen! Deshalb<lb/>
erbarmte ſich der hochgelobte, heilige Gott des<lb/>
Suͤnders und ſprach: weil deine Glieder gezittert,<lb/>
und deine Augen Thraͤnen vergoſſen haben, ſollſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[120/0154]
Arme Stammaͤltern! Ungluͤcklicher Sammael! Wie
muͤßt ihr euch nach Jahrtauſenden noch von Got-
tes beſchnittenen Lieblingen beluͤgen laſſen!
Jm Talmud *) werden verſchiedene Urſachen
angegeben, weshalb Gott die Menſchen aus dem
Paradieſe vertrieben haben ſoll. Wie ſchon fruͤher
erwaͤhnt worden, hatte Gott durch den Engel Ra-
ſiel dem Adam ein Buch geſandt, welches aber nach
dem Suͤndenfall in den Himmel zuruͤckflog. Adam
weinte bitterlich uͤber ſeinen Verluſt, und gieng bis
ans Kinn in den Fluß Gichon. Hier ſtand er
hundert und dreißig Jahre lang im Waſſer, ohne
Speiſe und Trank zu ſich zu nehmen, und that
Buße. Das Waſſer machte am Ende ſeinen Leib
roſtig, ſo daß er ſeinen Glanz gaͤnzlich verlohr.
Rabbi Schimeon belehrt uns, Adam habe drei Suͤn-
den begangen, nemlich Hurerei, Todſchlag und Ab-
goͤtterei. Als nun Gott zu ihm ſprach: verflucht
ſey der Acker um deinetwillen, Dornen und Diſteln
ſoll er dir tragen! da zitterte Adam an allen Glie-
dern, Thraͤnen rannen von ſeinen Wangen, und
ſchluchzend heulte er: Ach, Herr der Welt, ich und
mein Eſel wollen aus Einer Krippe eſſen! Deshalb
erbarmte ſich der hochgelobte, heilige Gott des
Suͤnders und ſprach: weil deine Glieder gezittert,
und deine Augen Thraͤnen vergoſſen haben, ſollſt
*) Emek Hammelech; Avodath Hakkodeſch; Peſachim.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/154>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.