sey von Gott selbst ihren Vorfahren offenbart, und von diesen auf sie vererbt worden. Darum halten sie auch die Zauberei für eben so erlaubt, als möglich. Durch diesen albernen Wahn gaben sie in jenen finstern Zeiten, wo die Gemüther weit despotischer noch, als jetzt von Pfaffenthum und Aberglauben beherrscht wurden, häufig selbst Ver- anlassung, daß man sie für wirkliche Zauberer hielt, und sie deshalb auf das Grausamste verfolgte.
Da es bei ihnen für keine geringe Ehre gilt, und da es überdies mit dem Begriff eines from- men Jsraeliten sich gar wohl verträgt, ein großer Zauberer zu seyn; so rühmen sie ihren Vater Abra- ham, Moses, David, Salomo, und die ausge- zeichnetsten ihrer Rabbinen als mächtige Zauberer. Wir werden bei andern Gelegenheiten mehrere durch Zauberei bewirkte Wunderthaten einiger der ge- dachten Personen erzählen; für jetzt beschränken wir uns auf ein Geschichtchen vom Rabbi Jannai.
"Dieser kam einmal in ein Wirthshaus, und sprach: gebet mir Wasser zu trinken! Man brachte ihm einen Trank von Wasser und Mehl, welcher Schethitha heißt. Als er nun sahe, daß die Lip- pen der Frau, die den Becher ihm reichte, sich regten, merkte er, daß sie eine Zauberin war. Er goß deshalb etwas von dem Tranke zur Erde, und es wurden Skorpionen daraus. Hierauf sprach er zur Wirthin, ich habe getrunken von deinem Ge- tränk, nun trinke du auch. Sie trank, und ward
ſey von Gott ſelbſt ihren Vorfahren offenbart, und von dieſen auf ſie vererbt worden. Darum halten ſie auch die Zauberei fuͤr eben ſo erlaubt, als moͤglich. Durch dieſen albernen Wahn gaben ſie in jenen finſtern Zeiten, wo die Gemuͤther weit deſpotiſcher noch, als jetzt von Pfaffenthum und Aberglauben beherrſcht wurden, haͤufig ſelbſt Ver- anlaſſung, daß man ſie fuͤr wirkliche Zauberer hielt, und ſie deshalb auf das Grauſamſte verfolgte.
Da es bei ihnen fuͤr keine geringe Ehre gilt, und da es uͤberdies mit dem Begriff eines from- men Jſraeliten ſich gar wohl vertraͤgt, ein großer Zauberer zu ſeyn; ſo ruͤhmen ſie ihren Vater Abra- ham, Moſes, David, Salomo, und die ausge- zeichnetſten ihrer Rabbinen als maͤchtige Zauberer. Wir werden bei andern Gelegenheiten mehrere durch Zauberei bewirkte Wunderthaten einiger der ge- dachten Perſonen erzaͤhlen; fuͤr jetzt beſchraͤnken wir uns auf ein Geſchichtchen vom Rabbi Jannai.
»Dieſer kam einmal in ein Wirthshaus, und ſprach: gebet mir Waſſer zu trinken! Man brachte ihm einen Trank von Waſſer und Mehl, welcher Schethitha heißt. Als er nun ſahe, daß die Lip- pen der Frau, die den Becher ihm reichte, ſich regten, merkte er, daß ſie eine Zauberin war. Er goß deshalb etwas von dem Tranke zur Erde, und es wurden Skorpionen daraus. Hierauf ſprach er zur Wirthin, ich habe getrunken von deinem Ge- traͤnk, nun trinke du auch. Sie trank, und ward
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ſey von Gott ſelbſt ihren Vorfahren offenbart, und
von dieſen auf ſie vererbt worden. Darum halten
ſie auch die Zauberei fuͤr eben ſo erlaubt, als
moͤglich. Durch dieſen albernen Wahn gaben ſie
in jenen finſtern Zeiten, wo die Gemuͤther weit
deſpotiſcher noch, als jetzt von Pfaffenthum und
Aberglauben beherrſcht wurden, haͤufig ſelbſt Ver-
anlaſſung, daß man ſie fuͤr wirkliche Zauberer hielt,
und ſie deshalb auf das Grauſamſte verfolgte.
Da es bei ihnen fuͤr keine geringe Ehre gilt,
und da es uͤberdies mit dem Begriff eines from-
men Jſraeliten ſich gar wohl vertraͤgt, ein großer
Zauberer zu ſeyn; ſo ruͤhmen ſie ihren Vater Abra-
ham, Moſes, David, Salomo, und die ausge-
zeichnetſten ihrer Rabbinen als maͤchtige Zauberer.
Wir werden bei andern Gelegenheiten mehrere durch
Zauberei bewirkte Wunderthaten einiger der ge-
dachten Perſonen erzaͤhlen; fuͤr jetzt beſchraͤnken wir
uns auf ein Geſchichtchen vom Rabbi Jannai.
»Dieſer kam einmal in ein Wirthshaus, und
ſprach: gebet mir Waſſer zu trinken! Man brachte
ihm einen Trank von Waſſer und Mehl, welcher
Schethitha heißt. Als er nun ſahe, daß die Lip-
pen der Frau, die den Becher ihm reichte, ſich
regten, merkte er, daß ſie eine Zauberin war. Er
goß deshalb etwas von dem Tranke zur Erde, und
es wurden Skorpionen daraus. Hierauf ſprach er
zur Wirthin, ich habe getrunken von deinem Ge-
traͤnk, nun trinke du auch. Sie trank, und ward
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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