Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.in der Folge die Rede seyn wird, auf Erden hielt, *) Der Markgraf Kasimir von Brandenburg, Anspach
und Bayreuth dachte darüber anders. Er glaubte, die Geburt gäbe ein Recht zu himmlischen Beloh- nungen und Würden. Einst ließ er auf dem Kirch- hofe sich von dem Prediger und der Gemeinde noch ein Lied vorsingen. Am Schluße faltete er die Hände gen Himmel, und brach mit thränenden Au- gen in die herzbrechenden Worte aus: "Nun hab' ich in der That und in der Wahrheit erfahren, daß ich auch im Himmel ein Fürst und Markgraf seyn werde." Der Priester versicherte ihn dessen gleich- falls, und ein alter fränkischer Chronikenschreiber führt diesen Zug, als einen Beweis der großen Frömmigkeit des höchstseligen Fürsten an. Jn dem kleinen Flecken Kitzingen ließ er (1525) an einem Tage fünfzehn Einwohner hinrichten und achtzig an- dern die Augen ausstechen. Vielen Menschen wur- den auf seinen Befehl die Beine abgesägt, und überall, wo er mit seinen Lanzknechten kam, wurde gesengt, gemordet, genothzüchtigt, geraubt und ge- plündert. Dieser fromme Herr könnte, wenn sein Wunsch ihm erhört worden ist, den Himmel leicht in eine Hölle verwandeln. M. s. Sartorius Ver- in der Folge die Rede ſeyn wird, auf Erden hielt, *) Der Markgraf Kaſimir von Brandenburg, Anſpach
und Bayreuth dachte daruͤber anders. Er glaubte, die Geburt gaͤbe ein Recht zu himmliſchen Beloh- nungen und Wuͤrden. Einſt ließ er auf dem Kirch- hofe ſich von dem Prediger und der Gemeinde noch ein Lied vorſingen. Am Schluße faltete er die Haͤnde gen Himmel, und brach mit thraͤnenden Au- gen in die herzbrechenden Worte aus: „Nun hab’ ich in der That und in der Wahrheit erfahren, daß ich auch im Himmel ein Fuͤrſt und Markgraf ſeyn werde.‟ Der Prieſter verſicherte ihn deſſen gleich- falls, und ein alter fraͤnkiſcher Chronikenſchreiber fuͤhrt dieſen Zug, als einen Beweis der großen Froͤmmigkeit des hoͤchſtſeligen Fuͤrſten an. Jn dem kleinen Flecken Kitzingen ließ er (1525) an einem Tage fuͤnfzehn Einwohner hinrichten und achtzig an- dern die Augen ausſtechen. Vielen Menſchen wur- den auf ſeinen Befehl die Beine abgeſaͤgt, und uͤberall, wo er mit ſeinen Lanzknechten kam, wurde geſengt, gemordet, genothzuͤchtigt, geraubt und ge- pluͤndert. Dieſer fromme Herr koͤnnte, wenn ſein Wunſch ihm erhoͤrt worden iſt, den Himmel leicht in eine Hoͤlle verwandeln. M. ſ. Sartorius Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0263" n="229"/> in der Folge die Rede ſeyn wird, auf Erden hielt,<lb/> der ſetzt dem heiligen, hochgelobten Gott eine Kro-<lb/> ne auf, und dieſer giebt ihm dafuͤr im Paradieſe<lb/> ſieben Kronen wieder. Es wird dort oben keine<lb/> republikaniſche Gleichheit herrſchen; ſondern die Ge-<lb/> rechten werden ſich in Ruͤckſicht ihres Ranges, nach<lb/> Maßgabe der guten Werke, die ſie hienieden ge-<lb/> than, unterſcheiden <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="*)">Der Markgraf Kaſimir von Brandenburg, Anſpach<lb/> und Bayreuth dachte daruͤber anders. Er glaubte,<lb/> die Geburt gaͤbe ein Recht zu himmliſchen Beloh-<lb/> nungen und Wuͤrden. Einſt ließ er auf dem Kirch-<lb/> hofe ſich von dem Prediger und der Gemeinde noch<lb/> ein Lied vorſingen. Am Schluße faltete er die<lb/> Haͤnde gen Himmel, und brach mit thraͤnenden Au-<lb/> gen in die herzbrechenden Worte aus: „Nun hab’<lb/> ich in der That und in der Wahrheit erfahren, daß<lb/> ich auch im Himmel ein Fuͤrſt und Markgraf ſeyn<lb/> werde.‟ Der Prieſter verſicherte ihn deſſen gleich-<lb/> falls, und ein alter fraͤnkiſcher Chronikenſchreiber<lb/> fuͤhrt dieſen Zug, als einen Beweis der großen<lb/> Froͤmmigkeit des hoͤchſtſeligen Fuͤrſten an. Jn dem<lb/> kleinen Flecken Kitzingen ließ er (1525) an einem<lb/> Tage fuͤnfzehn Einwohner hinrichten und achtzig an-<lb/> dern die Augen ausſtechen. Vielen Menſchen wur-<lb/> den auf ſeinen Befehl die Beine abgeſaͤgt, und<lb/> uͤberall, wo er mit ſeinen Lanzknechten kam, wurde<lb/> geſengt, gemordet, genothzuͤchtigt, geraubt und ge-<lb/> pluͤndert. Dieſer fromme Herr koͤnnte, wenn ſein<lb/> Wunſch ihm erhoͤrt worden iſt, den Himmel leicht<lb/> in eine Hoͤlle verwandeln. M. ſ. Sartorius Ver-</note>. Die Gerechten werden im<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [229/0263]
in der Folge die Rede ſeyn wird, auf Erden hielt,
der ſetzt dem heiligen, hochgelobten Gott eine Kro-
ne auf, und dieſer giebt ihm dafuͤr im Paradieſe
ſieben Kronen wieder. Es wird dort oben keine
republikaniſche Gleichheit herrſchen; ſondern die Ge-
rechten werden ſich in Ruͤckſicht ihres Ranges, nach
Maßgabe der guten Werke, die ſie hienieden ge-
than, unterſcheiden *). Die Gerechten werden im
*) Der Markgraf Kaſimir von Brandenburg, Anſpach
und Bayreuth dachte daruͤber anders. Er glaubte,
die Geburt gaͤbe ein Recht zu himmliſchen Beloh-
nungen und Wuͤrden. Einſt ließ er auf dem Kirch-
hofe ſich von dem Prediger und der Gemeinde noch
ein Lied vorſingen. Am Schluße faltete er die
Haͤnde gen Himmel, und brach mit thraͤnenden Au-
gen in die herzbrechenden Worte aus: „Nun hab’
ich in der That und in der Wahrheit erfahren, daß
ich auch im Himmel ein Fuͤrſt und Markgraf ſeyn
werde.‟ Der Prieſter verſicherte ihn deſſen gleich-
falls, und ein alter fraͤnkiſcher Chronikenſchreiber
fuͤhrt dieſen Zug, als einen Beweis der großen
Froͤmmigkeit des hoͤchſtſeligen Fuͤrſten an. Jn dem
kleinen Flecken Kitzingen ließ er (1525) an einem
Tage fuͤnfzehn Einwohner hinrichten und achtzig an-
dern die Augen ausſtechen. Vielen Menſchen wur-
den auf ſeinen Befehl die Beine abgeſaͤgt, und
uͤberall, wo er mit ſeinen Lanzknechten kam, wurde
geſengt, gemordet, genothzuͤchtigt, geraubt und ge-
pluͤndert. Dieſer fromme Herr koͤnnte, wenn ſein
Wunſch ihm erhoͤrt worden iſt, den Himmel leicht
in eine Hoͤlle verwandeln. M. ſ. Sartorius Ver-
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