sinniger, als man sie bei irgend einem heidnischen Volke findet, wurden von den eigennützigsten Prie- stern ausgebrütet, und von dem dummen Volke ge- glaubt. So waren dann diese Schulen keineswe- ges Anstalten zur Bildung und Aufklärung des Volks; sondern sie dienten blos, das ungeheure Ge- bäude des Aberglaubens und der Pfaffenherrschaft noch stärker zu befestigen, und die verworrenen Gei- ster noch mehr zu verwirren.
Besonders zeichnete sich unter diesen Verfinste- rern der Rabbiner Hillel aus, welcher etwa 30 Jahre vor Christi Geburt Vorsteher des Sanhedrins zu Jerusalem war, und allen Sagen und Satzun- gen das Ansehen göttlicher Offenbarungen zuschrieb. Vergebens widersetzte sich ihm Schammai, der Stifter der Karaiten; Hillels Parthei siegte, und seine Familie erhielt sich noch mehrere Jahrhunderte lang nach der Zerstörung Jerusalems im Besitze ho- her geistlicher Würden unter den Juden. Hillel legte also den Grund zu dem nachmaligen göttlichen Ansehen, welches der Talmud bis auf unsere Zei- ten bei den Jsraeliten behauptet.
Diese Sammlung rabbinischer Lehrsätze, Schrift- auslegungen und Sagen ward jedoch weit später zusammen getragen. Der traurige Zustand der Ju- den nach der Auflösung ihres Staats durch die Rö- mer und der Wunsch, ihnen die mündlichen Ueber- lieferungen zu erhalten, veranlaßten den Rabbi Je- huda Hannasi oder Juda den Heiligen (Rabbenu
ſinniger, als man ſie bei irgend einem heidniſchen Volke findet, wurden von den eigennuͤtzigſten Prie- ſtern ausgebruͤtet, und von dem dummen Volke ge- glaubt. So waren dann dieſe Schulen keineswe- ges Anſtalten zur Bildung und Aufklaͤrung des Volks; ſondern ſie dienten blos, das ungeheure Ge- baͤude des Aberglaubens und der Pfaffenherrſchaft noch ſtaͤrker zu befeſtigen, und die verworrenen Gei- ſter noch mehr zu verwirren.
Beſonders zeichnete ſich unter dieſen Verfinſte- rern der Rabbiner Hillel aus, welcher etwa 30 Jahre vor Chriſti Geburt Vorſteher des Sanhedrins zu Jeruſalem war, und allen Sagen und Satzun- gen das Anſehen goͤttlicher Offenbarungen zuſchrieb. Vergebens widerſetzte ſich ihm Schammai, der Stifter der Karaiten; Hillels Parthei ſiegte, und ſeine Familie erhielt ſich noch mehrere Jahrhunderte lang nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems im Beſitze ho- her geiſtlicher Wuͤrden unter den Juden. Hillel legte alſo den Grund zu dem nachmaligen goͤttlichen Anſehen, welches der Talmud bis auf unſere Zei- ten bei den Jſraeliten behauptet.
Dieſe Sammlung rabbiniſcher Lehrſaͤtze, Schrift- auslegungen und Sagen ward jedoch weit ſpaͤter zuſammen getragen. Der traurige Zuſtand der Ju- den nach der Aufloͤſung ihres Staats durch die Roͤ- mer und der Wunſch, ihnen die muͤndlichen Ueber- lieferungen zu erhalten, veranlaßten den Rabbi Je- huda Hannaſi oder Juda den Heiligen (Rabbenu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="52"/>ſinniger, als man ſie bei irgend einem heidniſchen<lb/>
Volke findet, wurden von den eigennuͤtzigſten Prie-<lb/>ſtern ausgebruͤtet, und von dem dummen Volke ge-<lb/>
glaubt. So waren dann dieſe Schulen keineswe-<lb/>
ges Anſtalten zur Bildung und Aufklaͤrung des<lb/>
Volks; ſondern ſie dienten blos, das ungeheure Ge-<lb/>
baͤude des Aberglaubens und der Pfaffenherrſchaft<lb/>
noch ſtaͤrker zu befeſtigen, und die verworrenen Gei-<lb/>ſter noch mehr zu verwirren.</p><lb/><p>Beſonders zeichnete ſich unter dieſen Verfinſte-<lb/>
rern der Rabbiner <hirendition="#g">Hillel</hi> aus, welcher etwa 30<lb/>
Jahre vor Chriſti Geburt Vorſteher des Sanhedrins<lb/>
zu Jeruſalem war, und allen Sagen und Satzun-<lb/>
gen das Anſehen goͤttlicher Offenbarungen zuſchrieb.<lb/>
Vergebens widerſetzte ſich ihm <hirendition="#g">Schammai,</hi> der<lb/>
Stifter der Karaiten; Hillels Parthei ſiegte, und<lb/>ſeine Familie erhielt ſich noch mehrere Jahrhunderte<lb/>
lang nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems im Beſitze ho-<lb/>
her geiſtlicher Wuͤrden unter den Juden. Hillel<lb/>
legte alſo den Grund zu dem nachmaligen goͤttlichen<lb/>
Anſehen, welches der Talmud bis auf unſere Zei-<lb/>
ten bei den Jſraeliten behauptet.</p><lb/><p>Dieſe Sammlung rabbiniſcher Lehrſaͤtze, Schrift-<lb/>
auslegungen und Sagen ward jedoch weit ſpaͤter<lb/>
zuſammen getragen. Der traurige Zuſtand der Ju-<lb/>
den nach der Aufloͤſung ihres Staats durch die Roͤ-<lb/>
mer und der Wunſch, ihnen die muͤndlichen Ueber-<lb/>
lieferungen zu erhalten, veranlaßten den Rabbi <hirendition="#g">Je-<lb/>
huda Hannaſi</hi> oder Juda den Heiligen (Rabbenu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[52/0086]
ſinniger, als man ſie bei irgend einem heidniſchen
Volke findet, wurden von den eigennuͤtzigſten Prie-
ſtern ausgebruͤtet, und von dem dummen Volke ge-
glaubt. So waren dann dieſe Schulen keineswe-
ges Anſtalten zur Bildung und Aufklaͤrung des
Volks; ſondern ſie dienten blos, das ungeheure Ge-
baͤude des Aberglaubens und der Pfaffenherrſchaft
noch ſtaͤrker zu befeſtigen, und die verworrenen Gei-
ſter noch mehr zu verwirren.
Beſonders zeichnete ſich unter dieſen Verfinſte-
rern der Rabbiner Hillel aus, welcher etwa 30
Jahre vor Chriſti Geburt Vorſteher des Sanhedrins
zu Jeruſalem war, und allen Sagen und Satzun-
gen das Anſehen goͤttlicher Offenbarungen zuſchrieb.
Vergebens widerſetzte ſich ihm Schammai, der
Stifter der Karaiten; Hillels Parthei ſiegte, und
ſeine Familie erhielt ſich noch mehrere Jahrhunderte
lang nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems im Beſitze ho-
her geiſtlicher Wuͤrden unter den Juden. Hillel
legte alſo den Grund zu dem nachmaligen goͤttlichen
Anſehen, welches der Talmud bis auf unſere Zei-
ten bei den Jſraeliten behauptet.
Dieſe Sammlung rabbiniſcher Lehrſaͤtze, Schrift-
auslegungen und Sagen ward jedoch weit ſpaͤter
zuſammen getragen. Der traurige Zuſtand der Ju-
den nach der Aufloͤſung ihres Staats durch die Roͤ-
mer und der Wunſch, ihnen die muͤndlichen Ueber-
lieferungen zu erhalten, veranlaßten den Rabbi Je-
huda Hannaſi oder Juda den Heiligen (Rabbenu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/86>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.