Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.
Ungeziefer, großes und kleines, was ihnen vorkam; sie waren die eigentlichen Zigeuner der Vorwelt, so wie die heutigen, ächten Zigeuner wirklich ein israe- litischer Volksstamm sind *). An Schmutz und den *) Grellmann sucht (in seinem historischen Versuch
über die Zigeuner, 2te Aufl. Gött. 1787. S. 280-- 326.) gegen Wagenseil zu beweisen, daß die Zi- geuner nicht von den Juden, sondern aus Hindo- stan stammen. Er beruft sich auf die Uebereinstim- mung vieler, bei Zigeunern in der Türkei gefundener Wörter mit hindostanischen, von denen er ein lan- ges Verzeichniß mittheilt, und auf die Aehnlichkeit der hindostanischen Deklinationen und Conjugationen mit den zigeunerischen. Unter den, von Grellmann angeführten, hindostanischen Wörtern findet man aber eben so viele, die mit Wörtern der deutschen, lateinischen, englischen, schwedischen, russischen und anderer Sprachen, als mit zigeunerischen Wörtern die größte Aehnlichkeit und gleiche Bedeutung haben, also für die hindostanische Abstammung der Zigeu- ner gar nichts beweisen. Der Name der hindosta- nischen Landschaft Czigania, welche, nach Grell- manns Meinung, das ursprüngliche Vaterland der Zigeuner seyn soll, beweist noch weniger, denn auf diese Weise könnte man auch die Russen oder Reus- sen aus dem reussischen Vogtlande, und die Roth- reussen besonders von Heinrich dem Rothen Reuß, Vogt und Herrn von Weida, abstammen lassen. Fand man wirklich bei den in der Türkei wohnenden Zigeunern viele Wörter, die ausschließlich der hin- dostanischen Sprache eigen sind, so folgt daraus Ungeziefer, großes und kleines, was ihnen vorkam; ſie waren die eigentlichen Zigeuner der Vorwelt, ſo wie die heutigen, aͤchten Zigeuner wirklich ein iſrae- litiſcher Volksſtamm ſind *). An Schmutz und den *) Grellmann ſucht (in ſeinem hiſtoriſchen Verſuch
uͤber die Zigeuner, 2te Aufl. Goͤtt. 1787. S. 280— 326.) gegen Wagenſeil zu beweiſen, daß die Zi- geuner nicht von den Juden, ſondern aus Hindo- ſtan ſtammen. Er beruft ſich auf die Uebereinſtim- mung vieler, bei Zigeunern in der Tuͤrkei gefundener Woͤrter mit hindoſtaniſchen, von denen er ein lan- ges Verzeichniß mittheilt, und auf die Aehnlichkeit der hindoſtaniſchen Deklinationen und Conjugationen mit den zigeuneriſchen. Unter den, von Grellmann angefuͤhrten, hindoſtaniſchen Woͤrtern findet man aber eben ſo viele, die mit Woͤrtern der deutſchen, lateiniſchen, engliſchen, ſchwediſchen, ruſſiſchen und anderer Sprachen, als mit zigeuneriſchen Woͤrtern die groͤßte Aehnlichkeit und gleiche Bedeutung haben, alſo fuͤr die hindoſtaniſche Abſtammung der Zigeu- ner gar nichts beweiſen. Der Name der hindoſta- niſchen Landſchaft Czigania, welche, nach Grell- manns Meinung, das urſpruͤngliche Vaterland der Zigeuner ſeyn ſoll, beweist noch weniger, denn auf dieſe Weiſe koͤnnte man auch die Ruſſen oder Reuſ- ſen aus dem reuſſiſchen Vogtlande, und die Roth- reuſſen beſonders von Heinrich dem Rothen Reuß, Vogt und Herrn von Weida, abſtammen laſſen. Fand man wirklich bei den in der Tuͤrkei wohnenden Zigeunern viele Woͤrter, die ausſchließlich der hin- doſtaniſchen Sprache eigen ſind, ſo folgt daraus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="14"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Ungeziefer, großes und kleines, was ihnen vorkam;<lb/> ſie waren die eigentlichen Zigeuner der Vorwelt, ſo<lb/> wie die heutigen, aͤchten Zigeuner wirklich ein iſrae-<lb/> litiſcher Volksſtamm ſind <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Grellmann</hi> ſucht (in ſeinem hiſtoriſchen Verſuch<lb/> uͤber die Zigeuner, 2te Aufl. Goͤtt. 1787. S. 280—<lb/> 326.) gegen <hi rendition="#g">Wagenſeil</hi> zu beweiſen, daß die Zi-<lb/> geuner nicht von den Juden, ſondern aus Hindo-<lb/> ſtan ſtammen. Er beruft ſich auf die Uebereinſtim-<lb/> mung vieler, bei Zigeunern in der Tuͤrkei gefundener<lb/> Woͤrter mit hindoſtaniſchen, von denen er ein lan-<lb/> ges Verzeichniß mittheilt, und auf die Aehnlichkeit<lb/> der hindoſtaniſchen Deklinationen und Conjugationen<lb/> mit den zigeuneriſchen. Unter den, von Grellmann<lb/> angefuͤhrten, hindoſtaniſchen Woͤrtern findet man<lb/> aber eben ſo viele, die mit Woͤrtern der deutſchen,<lb/> lateiniſchen, engliſchen, ſchwediſchen, ruſſiſchen und<lb/> anderer Sprachen, als mit zigeuneriſchen Woͤrtern<lb/> die groͤßte Aehnlichkeit und gleiche Bedeutung haben,<lb/> alſo fuͤr die hindoſtaniſche Abſtammung der Zigeu-<lb/> ner gar nichts beweiſen. Der Name der hindoſta-<lb/> niſchen Landſchaft <hi rendition="#g">Czigania,</hi> welche, nach Grell-<lb/> manns Meinung, das urſpruͤngliche Vaterland der<lb/> Zigeuner ſeyn ſoll, beweist noch weniger, denn auf<lb/> dieſe Weiſe koͤnnte man auch die Ruſſen oder Reuſ-<lb/> ſen aus dem reuſſiſchen Vogtlande, und die Roth-<lb/> reuſſen beſonders von Heinrich dem Rothen Reuß,<lb/> Vogt und Herrn von Weida, abſtammen laſſen.<lb/> Fand man wirklich bei den in der Tuͤrkei wohnenden<lb/> Zigeunern viele Woͤrter, die ausſchließlich der hin-<lb/> doſtaniſchen Sprache eigen ſind, ſo folgt daraus</note>. An Schmutz und den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0014]
Ungeziefer, großes und kleines, was ihnen vorkam;
ſie waren die eigentlichen Zigeuner der Vorwelt, ſo
wie die heutigen, aͤchten Zigeuner wirklich ein iſrae-
litiſcher Volksſtamm ſind *). An Schmutz und den
*) Grellmann ſucht (in ſeinem hiſtoriſchen Verſuch
uͤber die Zigeuner, 2te Aufl. Goͤtt. 1787. S. 280—
326.) gegen Wagenſeil zu beweiſen, daß die Zi-
geuner nicht von den Juden, ſondern aus Hindo-
ſtan ſtammen. Er beruft ſich auf die Uebereinſtim-
mung vieler, bei Zigeunern in der Tuͤrkei gefundener
Woͤrter mit hindoſtaniſchen, von denen er ein lan-
ges Verzeichniß mittheilt, und auf die Aehnlichkeit
der hindoſtaniſchen Deklinationen und Conjugationen
mit den zigeuneriſchen. Unter den, von Grellmann
angefuͤhrten, hindoſtaniſchen Woͤrtern findet man
aber eben ſo viele, die mit Woͤrtern der deutſchen,
lateiniſchen, engliſchen, ſchwediſchen, ruſſiſchen und
anderer Sprachen, als mit zigeuneriſchen Woͤrtern
die groͤßte Aehnlichkeit und gleiche Bedeutung haben,
alſo fuͤr die hindoſtaniſche Abſtammung der Zigeu-
ner gar nichts beweiſen. Der Name der hindoſta-
niſchen Landſchaft Czigania, welche, nach Grell-
manns Meinung, das urſpruͤngliche Vaterland der
Zigeuner ſeyn ſoll, beweist noch weniger, denn auf
dieſe Weiſe koͤnnte man auch die Ruſſen oder Reuſ-
ſen aus dem reuſſiſchen Vogtlande, und die Roth-
reuſſen beſonders von Heinrich dem Rothen Reuß,
Vogt und Herrn von Weida, abſtammen laſſen.
Fand man wirklich bei den in der Tuͤrkei wohnenden
Zigeunern viele Woͤrter, die ausſchließlich der hin-
doſtaniſchen Sprache eigen ſind, ſo folgt daraus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/14 |
| Zitationshilfe: | Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/14>, abgerufen am 21.11.2024. |
