Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



kenntniß und seine Weisheit eben so sehr, als über
die Geduld erstaunen, mit welcher er aus jenen
Thieren Menschen zu bilden, bemüht war! Die
Menge seiner Reinigungs - und Ceremonialgesetze
war indessen genügend für seinen Zweck; wurde die-
ser, wie leider der Fall war, nicht dadurch erreicht,
so war er unerreichbar, und daher hätten die jü-
dischen Priester sich immer die Mühe ersparen kön-
nen, die Zahl jener Vorschriften noch durch ihre
albernen Satzungen zu vermehren.

Es war kein Wunder, daß bei der Menge der
ceremoniellen Gesetze des Moses das Sittengesetz in
Vergessenheit kommen, und unter den vielen kirch-
lichen und religiösen Gebräuchen die Sittlichkeit
ganz untergehen mußte. Geschichte und Erfahrung
lehren uns, daß ein Volk um so ärmer an häus-
lichen und bürgerlichen Tugenden ist, je mehr sein
Kultus sich durch Glanz und äußere Ceremonien
auszeichnet. Kirchliche und gottesdienstliche Gebräu-
che und Feste in zu großer Zahl verschlingen am
Ende die Sittlichkeit des gebildetsten Volks; wie
viel mehr mußten sie es bei den Juden thun, die
sich kaum um eine Stufe über das Thierreich er-
hoben!

Daß Mosis schöner Zweck, die Juden nach
und nach zu veredeln, nicht erreicht ward, lag theils
freilich in seinen eigenen Einrichtungen, theils aber
auch in nachfolgenden Ereignissen, die er nicht vor-



kenntniß und ſeine Weisheit eben ſo ſehr, als uͤber
die Geduld erſtaunen, mit welcher er aus jenen
Thieren Menſchen zu bilden, bemuͤht war! Die
Menge ſeiner Reinigungs - und Ceremonialgeſetze
war indeſſen genuͤgend fuͤr ſeinen Zweck; wurde die-
ſer, wie leider der Fall war, nicht dadurch erreicht,
ſo war er unerreichbar, und daher haͤtten die juͤ-
diſchen Prieſter ſich immer die Muͤhe erſparen koͤn-
nen, die Zahl jener Vorſchriften noch durch ihre
albernen Satzungen zu vermehren.

Es war kein Wunder, daß bei der Menge der
ceremoniellen Geſetze des Moſes das Sittengeſetz in
Vergeſſenheit kommen, und unter den vielen kirch-
lichen und religioͤſen Gebraͤuchen die Sittlichkeit
ganz untergehen mußte. Geſchichte und Erfahrung
lehren uns, daß ein Volk um ſo aͤrmer an haͤus-
lichen und buͤrgerlichen Tugenden iſt, je mehr ſein
Kultus ſich durch Glanz und aͤußere Ceremonien
auszeichnet. Kirchliche und gottesdienſtliche Gebraͤu-
che und Feſte in zu großer Zahl verſchlingen am
Ende die Sittlichkeit des gebildetſten Volks; wie
viel mehr mußten ſie es bei den Juden thun, die
ſich kaum um eine Stufe uͤber das Thierreich er-
hoben!

Daß Moſis ſchoͤner Zweck, die Juden nach
und nach zu veredeln, nicht erreicht ward, lag theils
freilich in ſeinen eigenen Einrichtungen, theils aber
auch in nachfolgenden Ereigniſſen, die er nicht vor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018" n="18"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
kenntniß und &#x017F;eine Weisheit eben &#x017F;o &#x017F;ehr, als u&#x0364;ber<lb/>
die Geduld er&#x017F;taunen, mit welcher er aus jenen<lb/>
Thieren Men&#x017F;chen zu bilden, bemu&#x0364;ht war! Die<lb/>
Menge &#x017F;einer Reinigungs - und Ceremonialge&#x017F;etze<lb/>
war inde&#x017F;&#x017F;en genu&#x0364;gend fu&#x0364;r &#x017F;einen Zweck; wurde die-<lb/>
&#x017F;er, wie leider der Fall war, nicht dadurch erreicht,<lb/>
&#x017F;o war er unerreichbar, und daher ha&#x0364;tten die ju&#x0364;-<lb/>
di&#x017F;chen Prie&#x017F;ter &#x017F;ich immer die Mu&#x0364;he er&#x017F;paren ko&#x0364;n-<lb/>
nen, die Zahl jener Vor&#x017F;chriften noch durch ihre<lb/>
albernen Satzungen zu vermehren.</p><lb/>
        <p>Es war kein Wunder, daß bei der Menge der<lb/>
ceremoniellen Ge&#x017F;etze des Mo&#x017F;es das Sittenge&#x017F;etz in<lb/>
Verge&#x017F;&#x017F;enheit kommen, und unter den vielen kirch-<lb/>
lichen und religio&#x0364;&#x017F;en Gebra&#x0364;uchen die Sittlichkeit<lb/>
ganz untergehen mußte. Ge&#x017F;chichte und Erfahrung<lb/>
lehren uns, daß ein Volk um &#x017F;o a&#x0364;rmer an ha&#x0364;us-<lb/>
lichen und bu&#x0364;rgerlichen Tugenden i&#x017F;t, je mehr &#x017F;ein<lb/>
Kultus &#x017F;ich durch Glanz und a&#x0364;ußere Ceremonien<lb/>
auszeichnet. Kirchliche und gottesdien&#x017F;tliche Gebra&#x0364;u-<lb/>
che und Fe&#x017F;te in zu großer Zahl ver&#x017F;chlingen am<lb/>
Ende die Sittlichkeit des gebildet&#x017F;ten Volks; wie<lb/>
viel mehr mußten &#x017F;ie es bei den Juden thun, die<lb/>
&#x017F;ich kaum um eine Stufe u&#x0364;ber das Thierreich er-<lb/>
hoben!</p><lb/>
        <p>Daß Mo&#x017F;is &#x017F;cho&#x0364;ner Zweck, die Juden nach<lb/>
und nach zu veredeln, nicht erreicht ward, lag theils<lb/>
freilich in &#x017F;einen eigenen Einrichtungen, theils aber<lb/>
auch in nachfolgenden Ereigni&#x017F;&#x017F;en, die er nicht vor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0018] kenntniß und ſeine Weisheit eben ſo ſehr, als uͤber die Geduld erſtaunen, mit welcher er aus jenen Thieren Menſchen zu bilden, bemuͤht war! Die Menge ſeiner Reinigungs - und Ceremonialgeſetze war indeſſen genuͤgend fuͤr ſeinen Zweck; wurde die- ſer, wie leider der Fall war, nicht dadurch erreicht, ſo war er unerreichbar, und daher haͤtten die juͤ- diſchen Prieſter ſich immer die Muͤhe erſparen koͤn- nen, die Zahl jener Vorſchriften noch durch ihre albernen Satzungen zu vermehren. Es war kein Wunder, daß bei der Menge der ceremoniellen Geſetze des Moſes das Sittengeſetz in Vergeſſenheit kommen, und unter den vielen kirch- lichen und religioͤſen Gebraͤuchen die Sittlichkeit ganz untergehen mußte. Geſchichte und Erfahrung lehren uns, daß ein Volk um ſo aͤrmer an haͤus- lichen und buͤrgerlichen Tugenden iſt, je mehr ſein Kultus ſich durch Glanz und aͤußere Ceremonien auszeichnet. Kirchliche und gottesdienſtliche Gebraͤu- che und Feſte in zu großer Zahl verſchlingen am Ende die Sittlichkeit des gebildetſten Volks; wie viel mehr mußten ſie es bei den Juden thun, die ſich kaum um eine Stufe uͤber das Thierreich er- hoben! Daß Moſis ſchoͤner Zweck, die Juden nach und nach zu veredeln, nicht erreicht ward, lag theils freilich in ſeinen eigenen Einrichtungen, theils aber auch in nachfolgenden Ereigniſſen, die er nicht vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/18
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/18>, abgerufen am 21.11.2024.