Am Morgen nach der Brautnacht nehmen die Eltern oder nächsten Verwandten die Betttücher, wenn nemlich die Vermählte eine Jungfrau war, zeigen sie einigen der Hochzeitgäste, und heben sie nachher sorgfältig als Beweise dessen auf, was die junge Frau gewesen und nicht mehr ist *).
Die Morgengabe besteht in wechselseitigen Ge- schenken, welche sich die jungen Eheleute am Mor- gen nach der ersten Hochzeitnacht zum Zeichen ihrer wechselseitigen Zufriedenheit machen. Bei den Ju- den wird die Morgengabe gewöhnlich schon bei der Verlobung ausbedungen und bestimmt, und in der Verlöbnißurkunde erwähnt.
Hinsichtlich der Ehescheidungen war Moses den jüdischen Männern sehr günstig; desto härter aber den Weibern. Augenblickliche Laune und Abneigung berechtigen nach seinem Gesetz den Mann, der Frau ihren Laufpaß oder Scheidebrief zu geben, sie auf eine barbarische Weise aus dem Hause zu stoßen, und sich um sie weiter nicht zu bekümmern. Dieser rohe Orientalismus darf uns bei einem Volke nicht befremden, welches die Frauen als Sachen und als bloße Spielwerke seiner Sinnlichkeit betrachtete. Das mosaische Gesetz in Beteff der Ehescheidungen soll ein göttliches seyn; meinethalben, ein menschliches ist es sicherlich nicht. Die Frauen
*) M. s. 5 B. Mos. 22. V. 13 -- 17.
Am Morgen nach der Brautnacht nehmen die Eltern oder naͤchſten Verwandten die Betttuͤcher, wenn nemlich die Vermaͤhlte eine Jungfrau war, zeigen ſie einigen der Hochzeitgaͤſte, und heben ſie nachher ſorgfaͤltig als Beweiſe deſſen auf, was die junge Frau geweſen und nicht mehr iſt *).
Die Morgengabe beſteht in wechſelſeitigen Ge- ſchenken, welche ſich die jungen Eheleute am Mor- gen nach der erſten Hochzeitnacht zum Zeichen ihrer wechſelſeitigen Zufriedenheit machen. Bei den Ju- den wird die Morgengabe gewoͤhnlich ſchon bei der Verlobung ausbedungen und beſtimmt, und in der Verloͤbnißurkunde erwaͤhnt.
Hinſichtlich der Eheſcheidungen war Moſes den juͤdiſchen Maͤnnern ſehr guͤnſtig; deſto haͤrter aber den Weibern. Augenblickliche Laune und Abneigung berechtigen nach ſeinem Geſetz den Mann, der Frau ihren Laufpaß oder Scheidebrief zu geben, ſie auf eine barbariſche Weiſe aus dem Hauſe zu ſtoßen, und ſich um ſie weiter nicht zu bekuͤmmern. Dieſer rohe Orientalismus darf uns bei einem Volke nicht befremden, welches die Frauen als Sachen und als bloße Spielwerke ſeiner Sinnlichkeit betrachtete. Das moſaiſche Geſetz in Beteff der Eheſcheidungen ſoll ein goͤttliches ſeyn; meinethalben, ein menſchliches iſt es ſicherlich nicht. Die Frauen
*) M. ſ. 5 B. Moſ. 22. V. 13 — 17.
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Am Morgen nach der Brautnacht nehmen die
Eltern oder naͤchſten Verwandten die Betttuͤcher,
wenn nemlich die Vermaͤhlte eine Jungfrau war,
zeigen ſie einigen der Hochzeitgaͤſte, und heben ſie
nachher ſorgfaͤltig als Beweiſe deſſen auf, was die
junge Frau geweſen und nicht mehr iſt *).
Die Morgengabe beſteht in wechſelſeitigen Ge-
ſchenken, welche ſich die jungen Eheleute am Mor-
gen nach der erſten Hochzeitnacht zum Zeichen ihrer
wechſelſeitigen Zufriedenheit machen. Bei den Ju-
den wird die Morgengabe gewoͤhnlich ſchon bei der
Verlobung ausbedungen und beſtimmt, und in der
Verloͤbnißurkunde erwaͤhnt.
Hinſichtlich der Eheſcheidungen war Moſes den
juͤdiſchen Maͤnnern ſehr guͤnſtig; deſto haͤrter aber
den Weibern. Augenblickliche Laune und Abneigung
berechtigen nach ſeinem Geſetz den Mann, der Frau
ihren Laufpaß oder Scheidebrief zu geben, ſie auf
eine barbariſche Weiſe aus dem Hauſe zu ſtoßen,
und ſich um ſie weiter nicht zu bekuͤmmern. Dieſer
rohe Orientalismus darf uns bei einem Volke nicht
befremden, welches die Frauen als Sachen und
als bloße Spielwerke ſeiner Sinnlichkeit betrachtete.
Das moſaiſche Geſetz in Beteff der Eheſcheidungen
ſoll ein goͤttliches ſeyn; meinethalben, ein
menſchliches iſt es ſicherlich nicht. Die Frauen
*) M. ſ. 5 B. Moſ. 22. V. 13 — 17.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/210>, abgerufen am 25.11.2024.
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