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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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er einen Mann aus der Gemeine auf, der sich ne-
ben ihn stellen und zuhören muß. Außerdem wer-
den einige Haphtaros vorgelesen. Haphtarah und
in der Mehrzahl Haphtaros sind gewisse Stellen
aus den Propheten, die auf Anordnung der Rab-
biner zum Vorlesen in den Synagogen bestimmt
wurden, als in einigen Ländern das Lesen des mo-
saischen Gesetzes den Jsraeliten verboten ward. Sie
sind mit den Paraschen aus dem Gesetzbuche ähn-
lichen Jnhalts.

Besonders darf an keinem Sabbath das Kadesch
oder Kaddisch vergessen werden, welches man für
die armen jüdischen Seelen betet, die im Fegefeuer
und in der Hölle schmachten.

Manchmal predigt ein Rabbiner auch Vor-
und Nachmittags über einen biblischen Spruch, dem
eine Stelle aus dem Talmud oder andern rabbini-
schen Schriften beigefügt wird. Die Schönheit und
Erbaulichkeit dieser heiligen Reden wird Niemand
bezweifeln.

Der Gottesdienst am Vormittage darf nur bis
zwölf Uhr dauern, denn der Sabbath soll der
Wollust gewidmet seyn, und deshalb Oneg oder
Wollust heißen. Es wäre aber keine Wollust,
wenn man länger als bis zwölf Uhr in der Syna-
goge bliebe; sagen die Talmudisten, und sie haben
Recht. Mancher hielte es nicht einmal so lange
darin aus.



er einen Mann aus der Gemeine auf, der ſich ne-
ben ihn ſtellen und zuhoͤren muß. Außerdem wer-
den einige Haphtaros vorgeleſen. Haphtarah und
in der Mehrzahl Haphtaros ſind gewiſſe Stellen
aus den Propheten, die auf Anordnung der Rab-
biner zum Vorleſen in den Synagogen beſtimmt
wurden, als in einigen Laͤndern das Leſen des mo-
ſaiſchen Geſetzes den Jſraeliten verboten ward. Sie
ſind mit den Paraſchen aus dem Geſetzbuche aͤhn-
lichen Jnhalts.

Beſonders darf an keinem Sabbath das Kadeſch
oder Kaddiſch vergeſſen werden, welches man fuͤr
die armen juͤdiſchen Seelen betet, die im Fegefeuer
und in der Hoͤlle ſchmachten.

Manchmal predigt ein Rabbiner auch Vor-
und Nachmittags uͤber einen bibliſchen Spruch, dem
eine Stelle aus dem Talmud oder andern rabbini-
ſchen Schriften beigefuͤgt wird. Die Schoͤnheit und
Erbaulichkeit dieſer heiligen Reden wird Niemand
bezweifeln.

Der Gottesdienſt am Vormittage darf nur bis
zwoͤlf Uhr dauern, denn der Sabbath ſoll der
Wolluſt gewidmet ſeyn, und deshalb Oneg oder
Wolluſt heißen. Es waͤre aber keine Wolluſt,
wenn man laͤnger als bis zwoͤlf Uhr in der Syna-
goge bliebe; ſagen die Talmudiſten, und ſie haben
Recht. Mancher hielte es nicht einmal ſo lange
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[268/0268] er einen Mann aus der Gemeine auf, der ſich ne- ben ihn ſtellen und zuhoͤren muß. Außerdem wer- den einige Haphtaros vorgeleſen. Haphtarah und in der Mehrzahl Haphtaros ſind gewiſſe Stellen aus den Propheten, die auf Anordnung der Rab- biner zum Vorleſen in den Synagogen beſtimmt wurden, als in einigen Laͤndern das Leſen des mo- ſaiſchen Geſetzes den Jſraeliten verboten ward. Sie ſind mit den Paraſchen aus dem Geſetzbuche aͤhn- lichen Jnhalts. Beſonders darf an keinem Sabbath das Kadeſch oder Kaddiſch vergeſſen werden, welches man fuͤr die armen juͤdiſchen Seelen betet, die im Fegefeuer und in der Hoͤlle ſchmachten. Manchmal predigt ein Rabbiner auch Vor- und Nachmittags uͤber einen bibliſchen Spruch, dem eine Stelle aus dem Talmud oder andern rabbini- ſchen Schriften beigefuͤgt wird. Die Schoͤnheit und Erbaulichkeit dieſer heiligen Reden wird Niemand bezweifeln. Der Gottesdienſt am Vormittage darf nur bis zwoͤlf Uhr dauern, denn der Sabbath ſoll der Wolluſt gewidmet ſeyn, und deshalb Oneg oder Wolluſt heißen. Es waͤre aber keine Wolluſt, wenn man laͤnger als bis zwoͤlf Uhr in der Syna- goge bliebe; ſagen die Talmudiſten, und ſie haben Recht. Mancher hielte es nicht einmal ſo lange darin aus.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/268>, abgerufen am 26.11.2024.