Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



auf dem Kirchhofe Almosen an die ärmern Glau-
bensgenossen ausgetheilt, damit sie gleichfalls für
ihre Wohlthäter beten, und sich zum bevorstehenden
Fest Wein, Fleisch und Fische einkaufen können.

Am Nachmittage badet man zuerst in warmem,
nachher in kaltem Wasser, um alle Sünden hin-
wegzuspühlen, und am bevorstehenden Fest recht
sauber, rein und niedlich vor dem höchsten Richter
zu erscheinen. Die Gebräuche bei diesem Baden
sind verschieden. An manchen Orten muß der Ba-
dende, im Wasser stehend, die gewöhnliche Beichte
Viddui hersagen, welche zwei und zwanzig, also
eben so viel Worte, wie das hebräische Alphabeth
Buchstaben enthält. Bei jedem Worte schlägt er
sich mit der rechten Hand auf die Brust und taucht
mit dem ganzen Körper unter, und ein dabei ste-
hender oder mit ihm badender Zeuge muß ihm
das Zeugniß geben, daß er recht gebeichtet, und
daß kein Theil seines Körpers unbenetzt geblieben
sey. Andere tauchen während der Beichte nur drei-
mal unter, aber gleichfalls in Gegenwart eines
Zeugen. Nach Antonius Margaritha soll man sich
immer in fließendem Wasser baden, und wo man
es nicht hat, sich damit zum Voraus versorgen.

Wenn es an öffentlichen Gewässern zum Ba-
den fehlt, so gräbt man in den Häusern, Kellern,
Gärten u. s. w. zu diesem Zweck Gruben und
Brunnen; allein sehr viel Kopfbrechens und man-

II. Bändchen. 31



auf dem Kirchhofe Almoſen an die aͤrmern Glau-
bensgenoſſen ausgetheilt, damit ſie gleichfalls fuͤr
ihre Wohlthaͤter beten, und ſich zum bevorſtehenden
Feſt Wein, Fleiſch und Fiſche einkaufen koͤnnen.

Am Nachmittage badet man zuerſt in warmem,
nachher in kaltem Waſſer, um alle Suͤnden hin-
wegzuſpuͤhlen, und am bevorſtehenden Feſt recht
ſauber, rein und niedlich vor dem hoͤchſten Richter
zu erſcheinen. Die Gebraͤuche bei dieſem Baden
ſind verſchieden. An manchen Orten muß der Ba-
dende, im Waſſer ſtehend, die gewoͤhnliche Beichte
Viddui herſagen, welche zwei und zwanzig, alſo
eben ſo viel Worte, wie das hebraͤiſche Alphabeth
Buchſtaben enthaͤlt. Bei jedem Worte ſchlaͤgt er
ſich mit der rechten Hand auf die Bruſt und taucht
mit dem ganzen Koͤrper unter, und ein dabei ſte-
hender oder mit ihm badender Zeuge muß ihm
das Zeugniß geben, daß er recht gebeichtet, und
daß kein Theil ſeines Koͤrpers unbenetzt geblieben
ſey. Andere tauchen waͤhrend der Beichte nur drei-
mal unter, aber gleichfalls in Gegenwart eines
Zeugen. Nach Antonius Margaritha ſoll man ſich
immer in fließendem Waſſer baden, und wo man
es nicht hat, ſich damit zum Voraus verſorgen.

Wenn es an oͤffentlichen Gewaͤſſern zum Ba-
den fehlt, ſo graͤbt man in den Haͤuſern, Kellern,
Gaͤrten u. ſ. w. zu dieſem Zweck Gruben und
Brunnen; allein ſehr viel Kopfbrechens und man-

II. Baͤndchen. 31
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0361" n="361"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
auf dem Kirchhofe Almo&#x017F;en an die a&#x0364;rmern Glau-<lb/>
bensgeno&#x017F;&#x017F;en ausgetheilt, damit &#x017F;ie gleichfalls fu&#x0364;r<lb/>
ihre Wohltha&#x0364;ter beten, und &#x017F;ich zum bevor&#x017F;tehenden<lb/>
Fe&#x017F;t Wein, Flei&#x017F;ch und Fi&#x017F;che einkaufen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Am Nachmittage badet man zuer&#x017F;t in warmem,<lb/>
nachher in kaltem Wa&#x017F;&#x017F;er, um alle Su&#x0364;nden hin-<lb/>
wegzu&#x017F;pu&#x0364;hlen, und am bevor&#x017F;tehenden Fe&#x017F;t recht<lb/>
&#x017F;auber, rein und niedlich vor dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Richter<lb/>
zu er&#x017F;cheinen. Die Gebra&#x0364;uche bei die&#x017F;em Baden<lb/>
&#x017F;ind ver&#x017F;chieden. An manchen Orten muß der Ba-<lb/>
dende, im Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehend, die gewo&#x0364;hnliche Beichte<lb/><hi rendition="#g">Viddui</hi> her&#x017F;agen, welche zwei und zwanzig, al&#x017F;o<lb/>
eben &#x017F;o viel Worte, wie das hebra&#x0364;i&#x017F;che Alphabeth<lb/>
Buch&#x017F;taben entha&#x0364;lt. Bei jedem Worte &#x017F;chla&#x0364;gt er<lb/>
&#x017F;ich mit der rechten Hand auf die Bru&#x017F;t und taucht<lb/>
mit dem ganzen Ko&#x0364;rper unter, und ein dabei &#x017F;te-<lb/>
hender oder mit ihm badender Zeuge muß ihm<lb/>
das Zeugniß geben, daß er recht gebeichtet, und<lb/>
daß kein Theil &#x017F;eines Ko&#x0364;rpers unbenetzt geblieben<lb/>
&#x017F;ey. Andere tauchen wa&#x0364;hrend der Beichte nur drei-<lb/>
mal unter, aber gleichfalls in Gegenwart eines<lb/>
Zeugen. Nach Antonius Margaritha &#x017F;oll man &#x017F;ich<lb/>
immer in fließendem Wa&#x017F;&#x017F;er baden, und wo man<lb/>
es nicht hat, &#x017F;ich damit zum Voraus ver&#x017F;orgen.</p><lb/>
        <p>Wenn es an o&#x0364;ffentlichen Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern zum Ba-<lb/>
den fehlt, &#x017F;o gra&#x0364;bt man in den Ha&#x0364;u&#x017F;ern, Kellern,<lb/>
Ga&#x0364;rten u. &#x017F;. w. zu die&#x017F;em Zweck Gruben und<lb/>
Brunnen; allein &#x017F;ehr viel Kopfbrechens und man-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ba&#x0364;ndchen. 31</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0361] auf dem Kirchhofe Almoſen an die aͤrmern Glau- bensgenoſſen ausgetheilt, damit ſie gleichfalls fuͤr ihre Wohlthaͤter beten, und ſich zum bevorſtehenden Feſt Wein, Fleiſch und Fiſche einkaufen koͤnnen. Am Nachmittage badet man zuerſt in warmem, nachher in kaltem Waſſer, um alle Suͤnden hin- wegzuſpuͤhlen, und am bevorſtehenden Feſt recht ſauber, rein und niedlich vor dem hoͤchſten Richter zu erſcheinen. Die Gebraͤuche bei dieſem Baden ſind verſchieden. An manchen Orten muß der Ba- dende, im Waſſer ſtehend, die gewoͤhnliche Beichte Viddui herſagen, welche zwei und zwanzig, alſo eben ſo viel Worte, wie das hebraͤiſche Alphabeth Buchſtaben enthaͤlt. Bei jedem Worte ſchlaͤgt er ſich mit der rechten Hand auf die Bruſt und taucht mit dem ganzen Koͤrper unter, und ein dabei ſte- hender oder mit ihm badender Zeuge muß ihm das Zeugniß geben, daß er recht gebeichtet, und daß kein Theil ſeines Koͤrpers unbenetzt geblieben ſey. Andere tauchen waͤhrend der Beichte nur drei- mal unter, aber gleichfalls in Gegenwart eines Zeugen. Nach Antonius Margaritha ſoll man ſich immer in fließendem Waſſer baden, und wo man es nicht hat, ſich damit zum Voraus verſorgen. Wenn es an oͤffentlichen Gewaͤſſern zum Ba- den fehlt, ſo graͤbt man in den Haͤuſern, Kellern, Gaͤrten u. ſ. w. zu dieſem Zweck Gruben und Brunnen; allein ſehr viel Kopfbrechens und man- II. Baͤndchen. 31

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/361
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/361>, abgerufen am 02.06.2024.