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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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unsere Sünden in die Tiefe des Meeres werfen;
Micha 7. V. 19.

Mit einem fröhlichen Abendessen beschließt man
den Tag; doch ist es nicht, wie an den übrigen
Festtagen, Sitte, sich stark zu berauschen, weil noch
so wenig die guten, als die bösen Urtheile, die im
Himmel gefällt worden, untersiegelt sind, und also
bis zum Versöhnungstage leicht geändert werden
können.

Der zweite Neujahrstag wird, gleich dem er-
sten gefeiert, weil der hohe Rath zu Jerusalem zwei
Tage zu diesem Feste angeordnet haben soll. Am
letztern derselben gehen auch die Frauen auf den
Begräbnißplatz, und heulen und weinen auf den
Gräbern ihrer Verwandten über ihre Sünden und
über die Zerstörung Jerusalems und des Tempels.
Abends bewaffnen sich die Jungen, und oft die
Alten gleichfalls mit Stöcken und hölzernen Säbeln,
begeben sich auf ihren Kirchhof und fechten mit
wildem unsinnigem Geschrei in der Luft umher, um
den gottlosen Sammael oder Satan zu verjagen.





unſere Suͤnden in die Tiefe des Meeres werfen;
Micha 7. V. 19.

Mit einem froͤhlichen Abendeſſen beſchließt man
den Tag; doch iſt es nicht, wie an den uͤbrigen
Feſttagen, Sitte, ſich ſtark zu berauſchen, weil noch
ſo wenig die guten, als die boͤſen Urtheile, die im
Himmel gefaͤllt worden, unterſiegelt ſind, und alſo
bis zum Verſoͤhnungstage leicht geaͤndert werden
koͤnnen.

Der zweite Neujahrstag wird, gleich dem er-
ſten gefeiert, weil der hohe Rath zu Jeruſalem zwei
Tage zu dieſem Feſte angeordnet haben ſoll. Am
letztern derſelben gehen auch die Frauen auf den
Begraͤbnißplatz, und heulen und weinen auf den
Graͤbern ihrer Verwandten uͤber ihre Suͤnden und
uͤber die Zerſtoͤrung Jeruſalems und des Tempels.
Abends bewaffnen ſich die Jungen, und oft die
Alten gleichfalls mit Stoͤcken und hoͤlzernen Saͤbeln,
begeben ſich auf ihren Kirchhof und fechten mit
wildem unſinnigem Geſchrei in der Luft umher, um
den gottloſen Sammael oder Satan zu verjagen.



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[367/0367] unſere Suͤnden in die Tiefe des Meeres werfen; Micha 7. V. 19. Mit einem froͤhlichen Abendeſſen beſchließt man den Tag; doch iſt es nicht, wie an den uͤbrigen Feſttagen, Sitte, ſich ſtark zu berauſchen, weil noch ſo wenig die guten, als die boͤſen Urtheile, die im Himmel gefaͤllt worden, unterſiegelt ſind, und alſo bis zum Verſoͤhnungstage leicht geaͤndert werden koͤnnen. Der zweite Neujahrstag wird, gleich dem er- ſten gefeiert, weil der hohe Rath zu Jeruſalem zwei Tage zu dieſem Feſte angeordnet haben ſoll. Am letztern derſelben gehen auch die Frauen auf den Begraͤbnißplatz, und heulen und weinen auf den Graͤbern ihrer Verwandten uͤber ihre Suͤnden und uͤber die Zerſtoͤrung Jeruſalems und des Tempels. Abends bewaffnen ſich die Jungen, und oft die Alten gleichfalls mit Stoͤcken und hoͤlzernen Saͤbeln, begeben ſich auf ihren Kirchhof und fechten mit wildem unſinnigem Geſchrei in der Luft umher, um den gottloſen Sammael oder Satan zu verjagen.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/367>, abgerufen am 22.11.2024.