Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.19. und Ev. Joh. 20. V. 23, worauf noch jetzt die Pfaffen einer gewissen Kirche so sehr pochen. Dies Verfahren darf uns nicht wundern. Wagten die ersten christlichen Priester sogar, die sibyllini- schen und andern Orakel zu verfälschen, welches doch, wenn es bekannt ward, mit so schweren Stra- fen geahnet wurde, wie viel dreister mußten sie sich zur Verfälschung der christlichen Religionsbücher entschließen, wovon sie nicht die mindesten nachthei- ligen Folgen für sich erwarten durften! Daher auch in unsern heiligen neutestamentischen Schriften die Menge widersinniger Zusätze und Entstellungen, die man ungeachtet des anhaltenden Forschens un- serer größten, gelehrtesten und einsichtvollsten Theo- logen und Sprachkenner vielleicht nie ganz wird ausmerzen können, so daß man an der Hoffnung verzweifeln muß, je den wahren Jnhalt in seiner ursprünglichen Reinheit herzustellen. Daß von Men- schen, die nach solchen Grundsätzen handelten, und ihre Handlungen gar durch göttliche Befehle und Eingebungen zu rechtfertigen glaubten, für Anders- denkende nicht viel Duldung zu erwarten war und -- noch ist, kann man leicht denken. Jüdische und christliche Eiferer haben einander 19. und Ev. Joh. 20. V. 23, worauf noch jetzt die Pfaffen einer gewiſſen Kirche ſo ſehr pochen. Dies Verfahren darf uns nicht wundern. Wagten die erſten chriſtlichen Prieſter ſogar, die ſibyllini- ſchen und andern Orakel zu verfaͤlſchen, welches doch, wenn es bekannt ward, mit ſo ſchweren Stra- fen geahnet wurde, wie viel dreiſter mußten ſie ſich zur Verfaͤlſchung der chriſtlichen Religionsbuͤcher entſchließen, wovon ſie nicht die mindeſten nachthei- ligen Folgen fuͤr ſich erwarten durften! Daher auch in unſern heiligen neuteſtamentiſchen Schriften die Menge widerſinniger Zuſaͤtze und Entſtellungen, die man ungeachtet des anhaltenden Forſchens un- ſerer groͤßten, gelehrteſten und einſichtvollſten Theo- logen und Sprachkenner vielleicht nie ganz wird ausmerzen koͤnnen, ſo daß man an der Hoffnung verzweifeln muß, je den wahren Jnhalt in ſeiner urſpruͤnglichen Reinheit herzuſtellen. Daß von Men- ſchen, die nach ſolchen Grundſaͤtzen handelten, und ihre Handlungen gar durch goͤttliche Befehle und Eingebungen zu rechtfertigen glaubten, fuͤr Anders- denkende nicht viel Duldung zu erwarten war und — noch iſt, kann man leicht denken. Juͤdiſche und chriſtliche Eiferer haben einander <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="46"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> 19. und Ev. Joh. 20. V. 23, worauf noch jetzt<lb/> die Pfaffen einer gewiſſen Kirche ſo ſehr pochen.<lb/> Dies Verfahren darf uns nicht wundern. Wagten<lb/> die erſten chriſtlichen Prieſter ſogar, die ſibyllini-<lb/> ſchen und andern Orakel zu verfaͤlſchen, welches<lb/> doch, wenn es bekannt ward, mit ſo ſchweren Stra-<lb/> fen geahnet wurde, wie viel dreiſter mußten ſie ſich<lb/> zur Verfaͤlſchung der chriſtlichen Religionsbuͤcher<lb/> entſchließen, wovon ſie nicht die mindeſten nachthei-<lb/> ligen Folgen fuͤr ſich erwarten durften! Daher<lb/> auch in unſern heiligen neuteſtamentiſchen Schriften<lb/> die Menge widerſinniger Zuſaͤtze und Entſtellungen,<lb/> die man ungeachtet des anhaltenden Forſchens un-<lb/> ſerer groͤßten, gelehrteſten und einſichtvollſten Theo-<lb/> logen und Sprachkenner vielleicht nie ganz wird<lb/> ausmerzen koͤnnen, ſo daß man an der Hoffnung<lb/> verzweifeln muß, je den wahren Jnhalt in ſeiner<lb/> urſpruͤnglichen Reinheit herzuſtellen. Daß von Men-<lb/> ſchen, die nach ſolchen Grundſaͤtzen handelten, und<lb/> ihre Handlungen gar durch goͤttliche Befehle und<lb/> Eingebungen zu rechtfertigen glaubten, fuͤr Anders-<lb/> denkende nicht viel Duldung zu erwarten war und<lb/> — noch iſt, kann man leicht denken.</p><lb/> <p>Juͤdiſche und chriſtliche Eiferer haben einander<lb/> nach meiner Anſicht — wegen der Verfolgungen,<lb/> die ſie ſich erlaubten, uͤbrigens wenig oder gar nichts<lb/> vorzuwerfen. Jhre Vertilgungs- und Bekehrungs-<lb/> wuth entſprang aus <hi rendition="#g">einer</hi> Hauptquelle und meh-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0046]
19. und Ev. Joh. 20. V. 23, worauf noch jetzt
die Pfaffen einer gewiſſen Kirche ſo ſehr pochen.
Dies Verfahren darf uns nicht wundern. Wagten
die erſten chriſtlichen Prieſter ſogar, die ſibyllini-
ſchen und andern Orakel zu verfaͤlſchen, welches
doch, wenn es bekannt ward, mit ſo ſchweren Stra-
fen geahnet wurde, wie viel dreiſter mußten ſie ſich
zur Verfaͤlſchung der chriſtlichen Religionsbuͤcher
entſchließen, wovon ſie nicht die mindeſten nachthei-
ligen Folgen fuͤr ſich erwarten durften! Daher
auch in unſern heiligen neuteſtamentiſchen Schriften
die Menge widerſinniger Zuſaͤtze und Entſtellungen,
die man ungeachtet des anhaltenden Forſchens un-
ſerer groͤßten, gelehrteſten und einſichtvollſten Theo-
logen und Sprachkenner vielleicht nie ganz wird
ausmerzen koͤnnen, ſo daß man an der Hoffnung
verzweifeln muß, je den wahren Jnhalt in ſeiner
urſpruͤnglichen Reinheit herzuſtellen. Daß von Men-
ſchen, die nach ſolchen Grundſaͤtzen handelten, und
ihre Handlungen gar durch goͤttliche Befehle und
Eingebungen zu rechtfertigen glaubten, fuͤr Anders-
denkende nicht viel Duldung zu erwarten war und
— noch iſt, kann man leicht denken.
Juͤdiſche und chriſtliche Eiferer haben einander
nach meiner Anſicht — wegen der Verfolgungen,
die ſie ſich erlaubten, uͤbrigens wenig oder gar nichts
vorzuwerfen. Jhre Vertilgungs- und Bekehrungs-
wuth entſprang aus einer Hauptquelle und meh-
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