Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



lösen, sondern man hängt ihm ein Zettelchen oder
eine kleine silberne Platte, worauf die Worte: Be-
chor schaello miphdeh, d. i. dieser Erstgeborne ist
noch nicht gelöst, geschrieben sind, an den Hals.
Wenn er nachher erwachsen ist, muß er sich selbst
lösen.

Der Preis von drittehalb Thalern für ein Kind
Gottes, für einen erstgebornen Sohn Abrahams,
Jsaaks und Jakobs scheint zwar nicht unbillig zu
seyn; wenn man aber bedenkt, daß alle übrige
Erstgeburt der für rein geachteten Thiere gleichfalls
den Priestern zugesprochen war, so muß man ge-
stehen, daß Moses durch diese Stiftung, falls sie
wirklich von ihm herrührt, sehr gut für die Kaste
der Leviten gesorgt hatte. Ueberhaupt waren wohl,
mit Ausschluß der Katholiken und Tibetaner, die
Priester keiner einzigen Religionssekte mit so bedeu-
tenden Einkünften, so vieler behaglichen Muse und
so wenig Arbeit gesegnet, als die jüdischen.

Die Beschneidung ist ägyptischen Ursprungs, und
ward zwar von Abraham bei seiner Nomadenhorde
eingeführt, nachher aber wieder versäumt, bis Mo-
ses, der von ägyptischen Priestern erzogen war,
ihr aufs Neue das Ansehen eines göttlichen Gesez-
zes gab. Uebrigens herrscht sie nicht allein bei den
Juden, sondern bei manchen andern morgenländi-
schen Völkern; und jene irren daher, nach meiner
Ansicht, gar sehr, wenn sie den Defekt an ihrem



loͤſen, ſondern man haͤngt ihm ein Zettelchen oder
eine kleine ſilberne Platte, worauf die Worte: Be-
chor ſchaello miphdeh, d. i. dieſer Erſtgeborne iſt
noch nicht geloͤst, geſchrieben ſind, an den Hals.
Wenn er nachher erwachſen iſt, muß er ſich ſelbſt
loͤſen.

Der Preis von drittehalb Thalern fuͤr ein Kind
Gottes, fuͤr einen erſtgebornen Sohn Abrahams,
Jſaaks und Jakobs ſcheint zwar nicht unbillig zu
ſeyn; wenn man aber bedenkt, daß alle uͤbrige
Erſtgeburt der fuͤr rein geachteten Thiere gleichfalls
den Prieſtern zugeſprochen war, ſo muß man ge-
ſtehen, daß Moſes durch dieſe Stiftung, falls ſie
wirklich von ihm herruͤhrt, ſehr gut fuͤr die Kaſte
der Leviten geſorgt hatte. Ueberhaupt waren wohl,
mit Ausſchluß der Katholiken und Tibetaner, die
Prieſter keiner einzigen Religionsſekte mit ſo bedeu-
tenden Einkuͤnften, ſo vieler behaglichen Muſe und
ſo wenig Arbeit geſegnet, als die juͤdiſchen.

Die Beſchneidung iſt aͤgyptiſchen Urſprungs, und
ward zwar von Abraham bei ſeiner Nomadenhorde
eingefuͤhrt, nachher aber wieder verſaͤumt, bis Mo-
ſes, der von aͤgyptiſchen Prieſtern erzogen war,
ihr aufs Neue das Anſehen eines goͤttlichen Geſez-
zes gab. Uebrigens herrſcht ſie nicht allein bei den
Juden, ſondern bei manchen andern morgenlaͤndi-
ſchen Voͤlkern; und jene irren daher, nach meiner
Anſicht, gar ſehr, wenn ſie den Defekt an ihrem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="86"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en, &#x017F;ondern man ha&#x0364;ngt ihm ein Zettelchen oder<lb/>
eine kleine &#x017F;ilberne Platte, worauf die Worte: Be-<lb/>
chor &#x017F;chaello miphdeh, d. i. die&#x017F;er Er&#x017F;tgeborne i&#x017F;t<lb/>
noch nicht gelo&#x0364;st, ge&#x017F;chrieben &#x017F;ind, an den Hals.<lb/>
Wenn er nachher erwach&#x017F;en i&#x017F;t, muß er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Der Preis von drittehalb Thalern fu&#x0364;r ein Kind<lb/>
Gottes, fu&#x0364;r einen er&#x017F;tgebornen Sohn Abrahams,<lb/>
J&#x017F;aaks und Jakobs &#x017F;cheint zwar nicht unbillig zu<lb/>
&#x017F;eyn; wenn man aber bedenkt, daß alle u&#x0364;brige<lb/>
Er&#x017F;tgeburt der fu&#x0364;r rein geachteten Thiere gleichfalls<lb/>
den Prie&#x017F;tern zuge&#x017F;prochen war, &#x017F;o muß man ge-<lb/>
&#x017F;tehen, daß Mo&#x017F;es durch die&#x017F;e Stiftung, falls &#x017F;ie<lb/>
wirklich von ihm herru&#x0364;hrt, &#x017F;ehr gut fu&#x0364;r die Ka&#x017F;te<lb/>
der Leviten ge&#x017F;orgt hatte. Ueberhaupt waren wohl,<lb/>
mit Aus&#x017F;chluß der Katholiken und Tibetaner, die<lb/>
Prie&#x017F;ter keiner einzigen Religions&#x017F;ekte mit &#x017F;o bedeu-<lb/>
tenden Einku&#x0364;nften, &#x017F;o vieler behaglichen Mu&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;o wenig Arbeit ge&#x017F;egnet, als die ju&#x0364;di&#x017F;chen.</p><lb/>
        <p>Die Be&#x017F;chneidung i&#x017F;t a&#x0364;gypti&#x017F;chen Ur&#x017F;prungs, und<lb/>
ward zwar von Abraham bei &#x017F;einer Nomadenhorde<lb/>
eingefu&#x0364;hrt, nachher aber wieder ver&#x017F;a&#x0364;umt, bis Mo-<lb/>
&#x017F;es, der von a&#x0364;gypti&#x017F;chen Prie&#x017F;tern erzogen war,<lb/>
ihr aufs Neue das An&#x017F;ehen eines go&#x0364;ttlichen Ge&#x017F;ez-<lb/>
zes gab. Uebrigens herr&#x017F;cht &#x017F;ie nicht allein bei den<lb/>
Juden, &#x017F;ondern bei manchen andern morgenla&#x0364;ndi-<lb/>
&#x017F;chen Vo&#x0364;lkern; und jene irren daher, nach meiner<lb/>
An&#x017F;icht, gar &#x017F;ehr, wenn &#x017F;ie den Defekt an ihrem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0086] loͤſen, ſondern man haͤngt ihm ein Zettelchen oder eine kleine ſilberne Platte, worauf die Worte: Be- chor ſchaello miphdeh, d. i. dieſer Erſtgeborne iſt noch nicht geloͤst, geſchrieben ſind, an den Hals. Wenn er nachher erwachſen iſt, muß er ſich ſelbſt loͤſen. Der Preis von drittehalb Thalern fuͤr ein Kind Gottes, fuͤr einen erſtgebornen Sohn Abrahams, Jſaaks und Jakobs ſcheint zwar nicht unbillig zu ſeyn; wenn man aber bedenkt, daß alle uͤbrige Erſtgeburt der fuͤr rein geachteten Thiere gleichfalls den Prieſtern zugeſprochen war, ſo muß man ge- ſtehen, daß Moſes durch dieſe Stiftung, falls ſie wirklich von ihm herruͤhrt, ſehr gut fuͤr die Kaſte der Leviten geſorgt hatte. Ueberhaupt waren wohl, mit Ausſchluß der Katholiken und Tibetaner, die Prieſter keiner einzigen Religionsſekte mit ſo bedeu- tenden Einkuͤnften, ſo vieler behaglichen Muſe und ſo wenig Arbeit geſegnet, als die juͤdiſchen. Die Beſchneidung iſt aͤgyptiſchen Urſprungs, und ward zwar von Abraham bei ſeiner Nomadenhorde eingefuͤhrt, nachher aber wieder verſaͤumt, bis Mo- ſes, der von aͤgyptiſchen Prieſtern erzogen war, ihr aufs Neue das Anſehen eines goͤttlichen Geſez- zes gab. Uebrigens herrſcht ſie nicht allein bei den Juden, ſondern bei manchen andern morgenlaͤndi- ſchen Voͤlkern; und jene irren daher, nach meiner Anſicht, gar ſehr, wenn ſie den Defekt an ihrem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/86
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/86>, abgerufen am 09.11.2024.