Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

len, da doch alle andere Verkäufer sich hinsichtlich
ihrer Waaren ähnliche Nachbildungen müssen gefal-
len lassen? Der Ausdruck pirated edition ist in
England eben so wenig eine allgemeine Bezeichnung
des Nachdrucks, als in Deutschland die von man-
chen unserer Buchhändler dafür gebrauchten Worte
"Diebstahl" oder "Entwendung geistigen Eigen-
thums." Jeder, dem ersten Druck eines Werks
folgende Druck, möge er vom Nachdrucker, vom
Urverleger oder vom Verfasser selbst veranstaltet
werden, heißt reprinting of a work. Das wird
ihnen das erste, beste Wörterbuch sagen. Schimpf-
reden, die sich Jemand gegen Personen, Sachen
und Handlungen bedient, beweisen gar nichts für
die Schlechtigkeit derselben, sondern blos dafür,
daß es dem Schimpfenden an vernünftigen Gründen
fehlt, etwas Besseres zu sagen.

Ehe ich hier weiter gehe, muß ich einen Ein-
wand der Verlagsbuchhändler gegen die Rechtmäs-
sigkeit des Nachdrucks berühren, den Sie vielleicht
in der Eile übersehen haben, der aber doch, auf
den ersten Anblick etwas wichtiger scheint, als die
pirated edition.

Die Herren Urverleger vergleichen nemlich den
Büchernachdruck mit der Falschmünzerei, und wol-
len aus der vermeintlichen Aehnlichkeit von beiden
die Unsittlichkeit oder Rechtswidrigkeit des erstern
herleiten. Hier irren aber die guten Herren gewal-

len, da doch alle andere Verkaͤufer ſich hinſichtlich
ihrer Waaren aͤhnliche Nachbildungen muͤſſen gefal-
len laſſen? Der Ausdruck pirated edition iſt in
England eben ſo wenig eine allgemeine Bezeichnung
des Nachdrucks, als in Deutſchland die von man-
chen unſerer Buchhaͤndler dafuͤr gebrauchten Worte
»Diebſtahl« oder »Entwendung geiſtigen Eigen-
thums.« Jeder, dem erſten Druck eines Werks
folgende Druck, moͤge er vom Nachdrucker, vom
Urverleger oder vom Verfaſſer ſelbſt veranſtaltet
werden, heißt reprinting of a work. Das wird
ihnen das erſte, beſte Woͤrterbuch ſagen. Schimpf-
reden, die ſich Jemand gegen Perſonen, Sachen
und Handlungen bedient, beweiſen gar nichts fuͤr
die Schlechtigkeit derſelben, ſondern blos dafuͤr,
daß es dem Schimpfenden an vernuͤnftigen Gruͤnden
fehlt, etwas Beſſeres zu ſagen.

Ehe ich hier weiter gehe, muß ich einen Ein-
wand der Verlagsbuchhaͤndler gegen die Rechtmaͤſ-
ſigkeit des Nachdrucks beruͤhren, den Sie vielleicht
in der Eile uͤberſehen haben, der aber doch, auf
den erſten Anblick etwas wichtiger ſcheint, als die
pirated edition.

Die Herren Urverleger vergleichen nemlich den
Buͤchernachdruck mit der Falſchmuͤnzerei, und wol-
len aus der vermeintlichen Aehnlichkeit von beiden
die Unſittlichkeit oder Rechtswidrigkeit des erſtern
herleiten. Hier irren aber die guten Herren gewal-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="103"/>
len, da doch alle andere Verka&#x0364;ufer &#x017F;ich hin&#x017F;ichtlich<lb/>
ihrer Waaren a&#x0364;hnliche Nachbildungen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gefal-<lb/>
len la&#x017F;&#x017F;en? Der Ausdruck <hi rendition="#aq">pirated edition</hi> i&#x017F;t in<lb/>
England eben &#x017F;o wenig eine allgemeine Bezeichnung<lb/>
des Nachdrucks, als in Deut&#x017F;chland die von man-<lb/>
chen un&#x017F;erer Buchha&#x0364;ndler dafu&#x0364;r gebrauchten Worte<lb/>
»Dieb&#x017F;tahl« oder »Entwendung gei&#x017F;tigen Eigen-<lb/>
thums.« Jeder, dem er&#x017F;ten Druck eines Werks<lb/>
folgende Druck, mo&#x0364;ge er vom Nachdrucker, vom<lb/>
Urverleger oder vom Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t veran&#x017F;taltet<lb/>
werden, heißt <hi rendition="#aq">reprinting of a work.</hi> Das wird<lb/>
ihnen das er&#x017F;te, be&#x017F;te Wo&#x0364;rterbuch &#x017F;agen. Schimpf-<lb/>
reden, die &#x017F;ich Jemand gegen Per&#x017F;onen, Sachen<lb/>
und Handlungen bedient, bewei&#x017F;en gar nichts fu&#x0364;r<lb/>
die Schlechtigkeit der&#x017F;elben, &#x017F;ondern blos dafu&#x0364;r,<lb/>
daß es dem Schimpfenden an vernu&#x0364;nftigen Gru&#x0364;nden<lb/>
fehlt, etwas Be&#x017F;&#x017F;eres zu &#x017F;agen.</p><lb/>
        <p>Ehe ich hier weiter gehe, muß ich einen Ein-<lb/>
wand der Verlagsbuchha&#x0364;ndler gegen die Rechtma&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igkeit des Nachdrucks beru&#x0364;hren, den Sie vielleicht<lb/>
in der Eile u&#x0364;ber&#x017F;ehen haben, der aber doch, auf<lb/>
den er&#x017F;ten Anblick etwas wichtiger &#x017F;cheint, als die<lb/><hi rendition="#aq">pirated edition.</hi></p><lb/>
        <p>Die Herren Urverleger vergleichen nemlich den<lb/>
Bu&#x0364;chernachdruck mit der Fal&#x017F;chmu&#x0364;nzerei, und wol-<lb/>
len aus der vermeintlichen Aehnlichkeit von beiden<lb/>
die Un&#x017F;ittlichkeit oder Rechtswidrigkeit des er&#x017F;tern<lb/>
herleiten. Hier irren aber die guten Herren gewal-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0103] len, da doch alle andere Verkaͤufer ſich hinſichtlich ihrer Waaren aͤhnliche Nachbildungen muͤſſen gefal- len laſſen? Der Ausdruck pirated edition iſt in England eben ſo wenig eine allgemeine Bezeichnung des Nachdrucks, als in Deutſchland die von man- chen unſerer Buchhaͤndler dafuͤr gebrauchten Worte »Diebſtahl« oder »Entwendung geiſtigen Eigen- thums.« Jeder, dem erſten Druck eines Werks folgende Druck, moͤge er vom Nachdrucker, vom Urverleger oder vom Verfaſſer ſelbſt veranſtaltet werden, heißt reprinting of a work. Das wird ihnen das erſte, beſte Woͤrterbuch ſagen. Schimpf- reden, die ſich Jemand gegen Perſonen, Sachen und Handlungen bedient, beweiſen gar nichts fuͤr die Schlechtigkeit derſelben, ſondern blos dafuͤr, daß es dem Schimpfenden an vernuͤnftigen Gruͤnden fehlt, etwas Beſſeres zu ſagen. Ehe ich hier weiter gehe, muß ich einen Ein- wand der Verlagsbuchhaͤndler gegen die Rechtmaͤſ- ſigkeit des Nachdrucks beruͤhren, den Sie vielleicht in der Eile uͤberſehen haben, der aber doch, auf den erſten Anblick etwas wichtiger ſcheint, als die pirated edition. Die Herren Urverleger vergleichen nemlich den Buͤchernachdruck mit der Falſchmuͤnzerei, und wol- len aus der vermeintlichen Aehnlichkeit von beiden die Unſittlichkeit oder Rechtswidrigkeit des erſtern herleiten. Hier irren aber die guten Herren gewal-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/103
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/103>, abgerufen am 15.05.2024.