Kreatur, und wir finden über ihre Genealogie nichts Näheres bemerkt, wahrscheinlich weil es bei illegitimen Personen darauf nicht ankömmt.
Beide weiße Linien sind übrigens weit schlim- mer, als die schwarzen Juden. Diese besitzen noch oft Gefühl für Menschenrecht und Billigkeit; bei den weißen findet man davon aber höchst selten die mindeste Spur.
Jetzt wüßte ich, außer jenem von Mexiko, kei- nen einzigen Thron, der von einem Sohn der Ke- tura besessen wäre. Wenn Jhr aber in ein Land kommt, lieben Leser, wo Jhr in den Händen der rüstigsten Männer und Jünglinge nur Schwer- ter und Waffen, in denen der Frauen, der Greise und Kinder nur Pflugscharren seht; wo Jhr viele bleiche, abgehärmte Gesichter, viele verkrüppelte Menschengestalten, in Lumpen gehüllt, wahrnehmt, die den Tod um Rettung anflehen; wo Jhr hört, daß der Herrscher sich wohl um seine Soldaten, Liturgien und Pfaffen, aber nicht um seine Bürger bekümmert, und daß Handel und Gewerbe, Acker- bau und Viehzucht durch unerschwingliche Auflagen erschwert und erdrückt werden; wo Jhr mehr Zöll- ner, als Kaufleute, mehr gemißhandelte, zu nützli- cher Thätigkeit unfähig werdende Krieger, als frohe glückliche Landarbeiter und Städtebewohner erblickt; wo Jhr Buden und Märkte von Waaren, von Käufern und Verkäufern leer, die Wachstuben und
Kreatur, und wir finden uͤber ihre Genealogie nichts Naͤheres bemerkt, wahrſcheinlich weil es bei illegitimen Perſonen darauf nicht ankoͤmmt.
Beide weiße Linien ſind uͤbrigens weit ſchlim- mer, als die ſchwarzen Juden. Dieſe beſitzen noch oft Gefuͤhl fuͤr Menſchenrecht und Billigkeit; bei den weißen findet man davon aber hoͤchſt ſelten die mindeſte Spur.
Jetzt wuͤßte ich, außer jenem von Mexiko, kei- nen einzigen Thron, der von einem Sohn der Ke- tura beſeſſen waͤre. Wenn Jhr aber in ein Land kommt, lieben Leſer, wo Jhr in den Haͤnden der ruͤſtigſten Maͤnner und Juͤnglinge nur Schwer- ter und Waffen, in denen der Frauen, der Greiſe und Kinder nur Pflugſcharren ſeht; wo Jhr viele bleiche, abgehaͤrmte Geſichter, viele verkruͤppelte Menſchengeſtalten, in Lumpen gehuͤllt, wahrnehmt, die den Tod um Rettung anflehen; wo Jhr hoͤrt, daß der Herrſcher ſich wohl um ſeine Soldaten, Liturgien und Pfaffen, aber nicht um ſeine Buͤrger bekuͤmmert, und daß Handel und Gewerbe, Acker- bau und Viehzucht durch unerſchwingliche Auflagen erſchwert und erdruͤckt werden; wo Jhr mehr Zoͤll- ner, als Kaufleute, mehr gemißhandelte, zu nuͤtzli- cher Thaͤtigkeit unfaͤhig werdende Krieger, als frohe gluͤckliche Landarbeiter und Staͤdtebewohner erblickt; wo Jhr Buden und Maͤrkte von Waaren, von Kaͤufern und Verkaͤufern leer, die Wachſtuben und
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Kreatur, und wir finden uͤber ihre Genealogie
nichts Naͤheres bemerkt, wahrſcheinlich weil es bei
illegitimen Perſonen darauf nicht ankoͤmmt.
Beide weiße Linien ſind uͤbrigens weit ſchlim-
mer, als die ſchwarzen Juden. Dieſe beſitzen noch
oft Gefuͤhl fuͤr Menſchenrecht und Billigkeit; bei
den weißen findet man davon aber hoͤchſt ſelten die
mindeſte Spur.
Jetzt wuͤßte ich, außer jenem von Mexiko, kei-
nen einzigen Thron, der von einem Sohn der Ke-
tura beſeſſen waͤre. Wenn Jhr aber in ein Land
kommt, lieben Leſer, wo Jhr in den Haͤnden
der ruͤſtigſten Maͤnner und Juͤnglinge nur Schwer-
ter und Waffen, in denen der Frauen, der Greiſe
und Kinder nur Pflugſcharren ſeht; wo Jhr viele
bleiche, abgehaͤrmte Geſichter, viele verkruͤppelte
Menſchengeſtalten, in Lumpen gehuͤllt, wahrnehmt,
die den Tod um Rettung anflehen; wo Jhr hoͤrt,
daß der Herrſcher ſich wohl um ſeine Soldaten,
Liturgien und Pfaffen, aber nicht um ſeine Buͤrger
bekuͤmmert, und daß Handel und Gewerbe, Acker-
bau und Viehzucht durch unerſchwingliche Auflagen
erſchwert und erdruͤckt werden; wo Jhr mehr Zoͤll-
ner, als Kaufleute, mehr gemißhandelte, zu nuͤtzli-
cher Thaͤtigkeit unfaͤhig werdende Krieger, als frohe
gluͤckliche Landarbeiter und Staͤdtebewohner erblickt;
wo Jhr Buden und Maͤrkte von Waaren, von
Kaͤufern und Verkaͤufern leer, die Wachſtuben und
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/129>, abgerufen am 23.11.2024.
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