Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

einem halben Jahrhunderte Preis gegeben waren.
Da sahe man selbst in Europa große Seelenver-
käufer, die den weinenden Gattinnen ihre Gatten,
den hülflosen Kindern ihre Väter und den Eltern
ihre Söhne, die letzten und einzigen Stützen ihres
Alters, gewaltsam entrißen, sie nach fernen Welt-
theilen verschacherten, und das Blutgeld an Spiel-
tischen und in den Armen ihrer Huren verschwelg-
ten; und diese Buben, diese Ungeheuer nannten sich
dann noch -- -- Väter ihrer Unterthanen!
Ja, sie hatten wohl gar die Frechheit, jene afri-
kanischen Mohrenkönige, die ihre Gefangenen und
Sklaven an Holländer, Engländer und Portugie-
sen verkaufen, unmenschliche Barbaren zu schelten,
da sie doch selbst dergleichen, und wohl größerer
Barbarei sich schuldig machten. "Jch hörte Väter
klagen, sagt ein sehr ehrwürdiger Schriftsteller
Ewald, ich hörte Väter klagen über den Raub
ihrer Söhne; ich sah' ihre bebenden Lippen, ihre
krampfhaft sich windenden Hände; ich sah manche
gezwungene Soldaten, wie sie den Sklavenrock mit
Füßen traten, und ihr Gewehr an einem hinge-
kritzelten Fürstenbilde versuchten; ich hörte ihren
gräßlichen Fluch und sah ihren noch gräßlichern
Blick."

Wehe dem Lande, das von einem Sohne Ke-
tura's beherrscht wird! Nicht allein das Vermögen
der Einwohner, auch ihr Blut betrachtet er als

einem halben Jahrhunderte Preis gegeben waren.
Da ſahe man ſelbſt in Europa große Seelenver-
kaͤufer, die den weinenden Gattinnen ihre Gatten,
den huͤlfloſen Kindern ihre Vaͤter und den Eltern
ihre Soͤhne, die letzten und einzigen Stuͤtzen ihres
Alters, gewaltſam entrißen, ſie nach fernen Welt-
theilen verſchacherten, und das Blutgeld an Spiel-
tiſchen und in den Armen ihrer Huren verſchwelg-
ten; und dieſe Buben, dieſe Ungeheuer nannten ſich
dann noch — — Vaͤter ihrer Unterthanen!
Ja, ſie hatten wohl gar die Frechheit, jene afri-
kaniſchen Mohrenkoͤnige, die ihre Gefangenen und
Sklaven an Hollaͤnder, Englaͤnder und Portugie-
ſen verkaufen, unmenſchliche Barbaren zu ſchelten,
da ſie doch ſelbſt dergleichen, und wohl groͤßerer
Barbarei ſich ſchuldig machten. »Jch hoͤrte Vaͤter
klagen, ſagt ein ſehr ehrwuͤrdiger Schriftſteller
Ewald, ich hoͤrte Vaͤter klagen uͤber den Raub
ihrer Soͤhne; ich ſah’ ihre bebenden Lippen, ihre
krampfhaft ſich windenden Haͤnde; ich ſah manche
gezwungene Soldaten, wie ſie den Sklavenrock mit
Fuͤßen traten, und ihr Gewehr an einem hinge-
kritzelten Fuͤrſtenbilde verſuchten; ich hoͤrte ihren
graͤßlichen Fluch und ſah ihren noch graͤßlichern
Blick.«

Wehe dem Lande, das von einem Sohne Ke-
tura’s beherrſcht wird! Nicht allein das Vermoͤgen
der Einwohner, auch ihr Blut betrachtet er als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="132"/>
einem halben Jahrhunderte Preis gegeben waren.<lb/>
Da &#x017F;ahe man &#x017F;elb&#x017F;t in Europa große Seelenver-<lb/>
ka&#x0364;ufer, die den weinenden Gattinnen ihre Gatten,<lb/>
den hu&#x0364;lflo&#x017F;en Kindern ihre Va&#x0364;ter und den Eltern<lb/>
ihre So&#x0364;hne, die letzten und einzigen Stu&#x0364;tzen ihres<lb/>
Alters, gewalt&#x017F;am entrißen, &#x017F;ie nach fernen Welt-<lb/>
theilen ver&#x017F;chacherten, und das Blutgeld an Spiel-<lb/>
ti&#x017F;chen und in den Armen ihrer Huren ver&#x017F;chwelg-<lb/>
ten; und die&#x017F;e Buben, die&#x017F;e Ungeheuer nannten &#x017F;ich<lb/>
dann noch &#x2014; &#x2014; <hi rendition="#g">Va&#x0364;ter ihrer Unterthanen!</hi><lb/>
Ja, &#x017F;ie hatten wohl gar die Frechheit, jene afri-<lb/>
kani&#x017F;chen Mohrenko&#x0364;nige, die ihre Gefangenen und<lb/>
Sklaven an Holla&#x0364;nder, Engla&#x0364;nder und Portugie-<lb/>
&#x017F;en verkaufen, unmen&#x017F;chliche Barbaren zu &#x017F;chelten,<lb/>
da &#x017F;ie doch &#x017F;elb&#x017F;t dergleichen, und wohl gro&#x0364;ßerer<lb/>
Barbarei &#x017F;ich &#x017F;chuldig machten. »Jch ho&#x0364;rte Va&#x0364;ter<lb/>
klagen, &#x017F;agt ein &#x017F;ehr ehrwu&#x0364;rdiger Schrift&#x017F;teller<lb/><hi rendition="#g">Ewald,</hi> ich ho&#x0364;rte Va&#x0364;ter klagen u&#x0364;ber den Raub<lb/>
ihrer So&#x0364;hne; ich &#x017F;ah&#x2019; ihre bebenden Lippen, ihre<lb/>
krampfhaft &#x017F;ich windenden Ha&#x0364;nde; ich &#x017F;ah manche<lb/>
gezwungene Soldaten, wie &#x017F;ie den Sklavenrock mit<lb/>
Fu&#x0364;ßen traten, und ihr Gewehr an einem hinge-<lb/>
kritzelten Fu&#x0364;r&#x017F;tenbilde ver&#x017F;uchten; ich ho&#x0364;rte ihren<lb/>
gra&#x0364;ßlichen Fluch und &#x017F;ah ihren noch gra&#x0364;ßlichern<lb/>
Blick.«</p><lb/>
        <p>Wehe dem Lande, das von einem Sohne Ke-<lb/>
tura&#x2019;s beherr&#x017F;cht wird! Nicht allein das Vermo&#x0364;gen<lb/>
der Einwohner, auch ihr Blut betrachtet er als<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0132] einem halben Jahrhunderte Preis gegeben waren. Da ſahe man ſelbſt in Europa große Seelenver- kaͤufer, die den weinenden Gattinnen ihre Gatten, den huͤlfloſen Kindern ihre Vaͤter und den Eltern ihre Soͤhne, die letzten und einzigen Stuͤtzen ihres Alters, gewaltſam entrißen, ſie nach fernen Welt- theilen verſchacherten, und das Blutgeld an Spiel- tiſchen und in den Armen ihrer Huren verſchwelg- ten; und dieſe Buben, dieſe Ungeheuer nannten ſich dann noch — — Vaͤter ihrer Unterthanen! Ja, ſie hatten wohl gar die Frechheit, jene afri- kaniſchen Mohrenkoͤnige, die ihre Gefangenen und Sklaven an Hollaͤnder, Englaͤnder und Portugie- ſen verkaufen, unmenſchliche Barbaren zu ſchelten, da ſie doch ſelbſt dergleichen, und wohl groͤßerer Barbarei ſich ſchuldig machten. »Jch hoͤrte Vaͤter klagen, ſagt ein ſehr ehrwuͤrdiger Schriftſteller Ewald, ich hoͤrte Vaͤter klagen uͤber den Raub ihrer Soͤhne; ich ſah’ ihre bebenden Lippen, ihre krampfhaft ſich windenden Haͤnde; ich ſah manche gezwungene Soldaten, wie ſie den Sklavenrock mit Fuͤßen traten, und ihr Gewehr an einem hinge- kritzelten Fuͤrſtenbilde verſuchten; ich hoͤrte ihren graͤßlichen Fluch und ſah ihren noch graͤßlichern Blick.« Wehe dem Lande, das von einem Sohne Ke- tura’s beherrſcht wird! Nicht allein das Vermoͤgen der Einwohner, auch ihr Blut betrachtet er als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/132
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/132>, abgerufen am 15.05.2024.