deren aber nur sehr wenige giebt, waren überzeugt, der Gärtner müsse seine Sache gewinnen; allein der Sachwald des Buchhändlers sprach ganz an- ders. Er schwatzte viel verworrenes Zeug von "geistigem Eigenthum," von öffentlicher Mei- nung, von stillschweigend vorbehaltenem Verle- gerrecht, dem der Gärtner weinend sein stillschwei- gend vorbehaltenes Ablegerrecht entgegen setzte, und endlich fällte der Richter, ein Oheim oder Vetter des Verlegers, das Urtheil: der Gärtner solle dem Buchhändler alle verursachten, oder doch von letzterm angegebenen Schäden und Kosten er- setzen, und die noch vorhandenen abgelegten Exem- plare sollten zum Besten milder Stiftungen konfis- cirt werden. Was sagen Sie zu diesem Urtheil, Herr Abgeordneter? Nicht wahr, es geht ganz wunderlich und abscheulich her in der Welt, und besonders in Schilda!
Das angeblich Ehrlose und Unrechtliche des Nachdrucks finden die Verlagsbuchhändler nicht in der Handlung des Nachdruckens selbst, sondern in der vermeintlichen Beschädigung, welche sie durch die Verbreitung der Nachdrücke leiden. Frägt man also: warum ist der Nachdruck ein, wie Jhr sagt, ehrloses und unredliches Gewerbe; so erhält man die naive Antwort zurück: weil er unsern Absatz beeinträchtigt, und uns hindert, das Publikum so zu brandschatzen, wie wir gerne möchten. Frägt
deren aber nur ſehr wenige giebt, waren uͤberzeugt, der Gaͤrtner muͤſſe ſeine Sache gewinnen; allein der Sachwald des Buchhaͤndlers ſprach ganz an- ders. Er ſchwatzte viel verworrenes Zeug von »geiſtigem Eigenthum,« von oͤffentlicher Mei- nung, von ſtillſchweigend vorbehaltenem Verle- gerrecht, dem der Gaͤrtner weinend ſein ſtillſchwei- gend vorbehaltenes Ablegerrecht entgegen ſetzte, und endlich faͤllte der Richter, ein Oheim oder Vetter des Verlegers, das Urtheil: der Gaͤrtner ſolle dem Buchhaͤndler alle verurſachten, oder doch von letzterm angegebenen Schaͤden und Koſten er- ſetzen, und die noch vorhandenen abgelegten Exem- plare ſollten zum Beſten milder Stiftungen konfis- cirt werden. Was ſagen Sie zu dieſem Urtheil, Herr Abgeordneter? Nicht wahr, es geht ganz wunderlich und abſcheulich her in der Welt, und beſonders in Schilda!
Das angeblich Ehrloſe und Unrechtliche des Nachdrucks finden die Verlagsbuchhaͤndler nicht in der Handlung des Nachdruckens ſelbſt, ſondern in der vermeintlichen Beſchaͤdigung, welche ſie durch die Verbreitung der Nachdruͤcke leiden. Fraͤgt man alſo: warum iſt der Nachdruck ein, wie Jhr ſagt, ehrloſes und unredliches Gewerbe; ſo erhaͤlt man die naive Antwort zuruͤck: weil er unſern Abſatz beeintraͤchtigt, und uns hindert, das Publikum ſo zu brandſchatzen, wie wir gerne moͤchten. Fraͤgt
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[21/0021]
deren aber nur ſehr wenige giebt, waren uͤberzeugt,
der Gaͤrtner muͤſſe ſeine Sache gewinnen; allein
der Sachwald des Buchhaͤndlers ſprach ganz an-
ders. Er ſchwatzte viel verworrenes Zeug von
»geiſtigem Eigenthum,« von oͤffentlicher Mei-
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gerrecht, dem der Gaͤrtner weinend ſein ſtillſchwei-
gend vorbehaltenes Ablegerrecht entgegen ſetzte,
und endlich faͤllte der Richter, ein Oheim oder
Vetter des Verlegers, das Urtheil: der Gaͤrtner
ſolle dem Buchhaͤndler alle verurſachten, oder doch
von letzterm angegebenen Schaͤden und Koſten er-
ſetzen, und die noch vorhandenen abgelegten Exem-
plare ſollten zum Beſten milder Stiftungen konfis-
cirt werden. Was ſagen Sie zu dieſem Urtheil,
Herr Abgeordneter? Nicht wahr, es geht ganz
wunderlich und abſcheulich her in der Welt, und
beſonders in Schilda!
Das angeblich Ehrloſe und Unrechtliche des
Nachdrucks finden die Verlagsbuchhaͤndler nicht in
der Handlung des Nachdruckens ſelbſt, ſondern in
der vermeintlichen Beſchaͤdigung, welche ſie durch
die Verbreitung der Nachdruͤcke leiden. Fraͤgt man
alſo: warum iſt der Nachdruck ein, wie Jhr ſagt,
ehrloſes und unredliches Gewerbe; ſo erhaͤlt man
die naive Antwort zuruͤck: weil er unſern Abſatz
beeintraͤchtigt, und uns hindert, das Publikum ſo
zu brandſchatzen, wie wir gerne moͤchten. Fraͤgt
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/21>, abgerufen am 21.11.2024.
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