Abtei von kaum zehn ärmlichen Dörfern fast alle zwölf bis fünfzehn Jahre, wenn ein hochwürdiger Schin- der gestorben und ein Nachfolger ihm erwählt war, zwanzig bis dreißigtausend Gulden für Exemtionen etc. nach Rom senden, und daß die unglücklichen Einwohner dies Geld, so wie alle übrigen gewöhn- lichen Abgaben zahlen mußten, damit der Herr Prälat, seine Domherren, Pfaffen, Mönche, Ne- poten, Huren und Hurkinder sich ordentlich mästen konnten; bedenkt man ferner, daß dieses Gezücht gerne recht viel und auch gerne etwas Gutes ißt und trinkt, und nebenher noch große Schätze auf- häufen will; nimmt man hiezu die Summen, wel- che für Ablasse, Dispensen und andere Charlatane- rien nach Jtalien verschleppt oder von geistlichen und weltlichen Blutigeln zusammen gelogen, geso- gen, getrogen, gebettelt, geraubt und verschlemmt wurden; und berechnet man dann die unzähligen Feiertage, woran unsere armen katholischen Mit- brüder so reich sind, daß sie beinahe die Hälfte des Jahres zur Ehre Gottes und seiner Heiligen faul- lenzen müssen; so darf man sich nicht über die Bettelhaftigkeit und Armuth mancher Völker, über ihre Unsittlichkeit, ihre Rohheit, ihre Arbeitscheu wundern. Armuth, so wenig sie ein Laster ist, gränzt doch, besonders bei minder Gebildeten sehr nahe daran. Und der Mensch, welcher sieht, daß er mit all' seiner Mühe und Anstrengung nichts
Abtei von kaum zehn aͤrmlichen Doͤrfern faſt alle zwoͤlf bis fuͤnfzehn Jahre, wenn ein hochwuͤrdiger Schin- der geſtorben und ein Nachfolger ihm erwaͤhlt war, zwanzig bis dreißigtauſend Gulden fuͤr Exemtionen ꝛc. nach Rom ſenden, und daß die ungluͤcklichen Einwohner dies Geld, ſo wie alle uͤbrigen gewoͤhn- lichen Abgaben zahlen mußten, damit der Herr Praͤlat, ſeine Domherren, Pfaffen, Moͤnche, Ne- poten, Huren und Hurkinder ſich ordentlich maͤſten konnten; bedenkt man ferner, daß dieſes Gezuͤcht gerne recht viel und auch gerne etwas Gutes ißt und trinkt, und nebenher noch große Schaͤtze auf- haͤufen will; nimmt man hiezu die Summen, wel- che fuͤr Ablaſſe, Dispenſen und andere Charlatane- rien nach Jtalien verſchleppt oder von geiſtlichen und weltlichen Blutigeln zuſammen gelogen, geſo- gen, getrogen, gebettelt, geraubt und verſchlemmt wurden; und berechnet man dann die unzaͤhligen Feiertage, woran unſere armen katholiſchen Mit- bruͤder ſo reich ſind, daß ſie beinahe die Haͤlfte des Jahres zur Ehre Gottes und ſeiner Heiligen faul- lenzen muͤſſen; ſo darf man ſich nicht uͤber die Bettelhaftigkeit und Armuth mancher Voͤlker, uͤber ihre Unſittlichkeit, ihre Rohheit, ihre Arbeitſcheu wundern. Armuth, ſo wenig ſie ein Laſter iſt, graͤnzt doch, beſonders bei minder Gebildeten ſehr nahe daran. Und der Menſch, welcher ſieht, daß er mit all’ ſeiner Muͤhe und Anſtrengung nichts
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Abtei von kaum zehn aͤrmlichen Doͤrfern faſt alle zwoͤlf
bis fuͤnfzehn Jahre, wenn ein hochwuͤrdiger Schin-
der geſtorben und ein Nachfolger ihm erwaͤhlt war,
zwanzig bis dreißigtauſend Gulden fuͤr Exemtionen
ꝛc. nach Rom ſenden, und daß die ungluͤcklichen
Einwohner dies Geld, ſo wie alle uͤbrigen gewoͤhn-
lichen Abgaben zahlen mußten, damit der Herr
Praͤlat, ſeine Domherren, Pfaffen, Moͤnche, Ne-
poten, Huren und Hurkinder ſich ordentlich maͤſten
konnten; bedenkt man ferner, daß dieſes Gezuͤcht
gerne recht viel und auch gerne etwas Gutes ißt
und trinkt, und nebenher noch große Schaͤtze auf-
haͤufen will; nimmt man hiezu die Summen, wel-
che fuͤr Ablaſſe, Dispenſen und andere Charlatane-
rien nach Jtalien verſchleppt oder von geiſtlichen
und weltlichen Blutigeln zuſammen gelogen, geſo-
gen, getrogen, gebettelt, geraubt und verſchlemmt
wurden; und berechnet man dann die unzaͤhligen
Feiertage, woran unſere armen katholiſchen Mit-
bruͤder ſo reich ſind, daß ſie beinahe die Haͤlfte des
Jahres zur Ehre Gottes und ſeiner Heiligen faul-
lenzen muͤſſen; ſo darf man ſich nicht uͤber die
Bettelhaftigkeit und Armuth mancher Voͤlker, uͤber
ihre Unſittlichkeit, ihre Rohheit, ihre Arbeitſcheu
wundern. Armuth, ſo wenig ſie ein Laſter iſt,
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nahe daran. Und der Menſch, welcher ſieht, daß
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/296>, abgerufen am 21.11.2024.
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