Fast alle Verlagsbuchhändler sind wohlhabend, und die meisten unter diesen Wohlhabenden sind reich. Findet sich wirklich hin und wieder ein armer Teu- fel, so ist er entweder junger Anfänger, oder er ward durch außerordentliche Unglücksfälle, durch unüberlegte und zu große Unternehmungen, oder vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß seines Fachs und üble Wirthschaft zu Grunde gerichtet. Die meisten Schriftsteller hingegen, durch deren Werke jene Buchhändler ihre Reichthümer erwarben, sind arm oder doch ohne bedeutendes Vermögen, wo- ferne sie es nicht auf andere Weise erlangten. Man kann nicht behaupten, dies sey Mangel an Wirth- schaftlichkeit der Schriftsteller; denn jene Buchhänd- ler waren, wo es die Freude des Lebens galt, nichts weniger als filzig, und lebten immer comme il faut, und oft auf sehr glänzendem Fuß. Was waren es aber für Werke, durch deren Verlag sich die meisten unserer Buchhändler in sehr kurzer Zeit zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die Verfasser bei der größten Eingezogenheit darben mußten? Es waren fast immer gerade solche Schrif- ten, die nachgedruckt wurden, und von denen, die Herren Urverleger trotz der Nachdrücke, rasch hinter einander neue Originalauflagen veranstaltet, die sie eben so rasch mit dem größten Vortheil ab- setzten, ohne daß der Schriftsteller oder seine nach- gelassene, oft in Dürftigkeit schmachtende Familie
Faſt alle Verlagsbuchhaͤndler ſind wohlhabend, und die meiſten unter dieſen Wohlhabenden ſind reich. Findet ſich wirklich hin und wieder ein armer Teu- fel, ſo iſt er entweder junger Anfaͤnger, oder er ward durch außerordentliche Ungluͤcksfaͤlle, durch unuͤberlegte und zu große Unternehmungen, oder vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß ſeines Fachs und uͤble Wirthſchaft zu Grunde gerichtet. Die meiſten Schriftſteller hingegen, durch deren Werke jene Buchhaͤndler ihre Reichthuͤmer erwarben, ſind arm oder doch ohne bedeutendes Vermoͤgen, wo- ferne ſie es nicht auf andere Weiſe erlangten. Man kann nicht behaupten, dies ſey Mangel an Wirth- ſchaftlichkeit der Schriftſteller; denn jene Buchhaͤnd- ler waren, wo es die Freude des Lebens galt, nichts weniger als filzig, und lebten immer comme il faut, und oft auf ſehr glaͤnzendem Fuß. Was waren es aber fuͤr Werke, durch deren Verlag ſich die meiſten unſerer Buchhaͤndler in ſehr kurzer Zeit zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die Verfaſſer bei der groͤßten Eingezogenheit darben mußten? Es waren faſt immer gerade ſolche Schrif- ten, die nachgedruckt wurden, und von denen, die Herren Urverleger trotz der Nachdruͤcke, raſch hinter einander neue Originalauflagen veranſtaltet, die ſie eben ſo raſch mit dem groͤßten Vortheil ab- ſetzten, ohne daß der Schriftſteller oder ſeine nach- gelaſſene, oft in Duͤrftigkeit ſchmachtende Familie
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0069"n="69"/>
Faſt alle Verlagsbuchhaͤndler ſind wohlhabend, und<lb/>
die meiſten unter dieſen Wohlhabenden ſind reich.<lb/>
Findet ſich wirklich hin und wieder ein armer Teu-<lb/>
fel, ſo iſt er entweder junger Anfaͤnger, oder er<lb/>
ward durch außerordentliche Ungluͤcksfaͤlle, durch<lb/>
unuͤberlegte und zu große Unternehmungen, oder<lb/>
vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß ſeines Fachs<lb/>
und uͤble Wirthſchaft zu Grunde gerichtet. Die<lb/>
meiſten Schriftſteller hingegen, durch deren Werke<lb/>
jene Buchhaͤndler ihre Reichthuͤmer erwarben, ſind<lb/>
arm oder doch ohne bedeutendes Vermoͤgen, wo-<lb/>
ferne ſie es nicht auf andere Weiſe erlangten. Man<lb/>
kann nicht behaupten, dies ſey Mangel an Wirth-<lb/>ſchaftlichkeit der Schriftſteller; denn jene Buchhaͤnd-<lb/>
ler waren, wo es die Freude des Lebens galt,<lb/>
nichts weniger als filzig, und lebten immer <hirendition="#aq">comme<lb/>
il faut,</hi> und oft auf ſehr glaͤnzendem Fuß. Was<lb/>
waren es aber fuͤr Werke, durch deren Verlag ſich<lb/>
die meiſten unſerer Buchhaͤndler in ſehr kurzer Zeit<lb/>
zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die<lb/>
Verfaſſer bei der groͤßten Eingezogenheit darben<lb/>
mußten? Es waren faſt immer gerade ſolche Schrif-<lb/>
ten, <hirendition="#g">die nachgedruckt wurden,</hi> und von denen,<lb/>
die Herren Urverleger trotz der Nachdruͤcke, raſch<lb/>
hinter einander neue Originalauflagen veranſtaltet,<lb/>
die ſie eben ſo raſch mit dem groͤßten Vortheil ab-<lb/>ſetzten, ohne daß der Schriftſteller oder ſeine nach-<lb/>
gelaſſene, oft in Duͤrftigkeit ſchmachtende Familie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[69/0069]
Faſt alle Verlagsbuchhaͤndler ſind wohlhabend, und
die meiſten unter dieſen Wohlhabenden ſind reich.
Findet ſich wirklich hin und wieder ein armer Teu-
fel, ſo iſt er entweder junger Anfaͤnger, oder er
ward durch außerordentliche Ungluͤcksfaͤlle, durch
unuͤberlegte und zu große Unternehmungen, oder
vielleicht durch Einfalt, Unkenntniß ſeines Fachs
und uͤble Wirthſchaft zu Grunde gerichtet. Die
meiſten Schriftſteller hingegen, durch deren Werke
jene Buchhaͤndler ihre Reichthuͤmer erwarben, ſind
arm oder doch ohne bedeutendes Vermoͤgen, wo-
ferne ſie es nicht auf andere Weiſe erlangten. Man
kann nicht behaupten, dies ſey Mangel an Wirth-
ſchaftlichkeit der Schriftſteller; denn jene Buchhaͤnd-
ler waren, wo es die Freude des Lebens galt,
nichts weniger als filzig, und lebten immer comme
il faut, und oft auf ſehr glaͤnzendem Fuß. Was
waren es aber fuͤr Werke, durch deren Verlag ſich
die meiſten unſerer Buchhaͤndler in ſehr kurzer Zeit
zu ungeheurem Reichthum erhoben, obgleich die
Verfaſſer bei der groͤßten Eingezogenheit darben
mußten? Es waren faſt immer gerade ſolche Schrif-
ten, die nachgedruckt wurden, und von denen,
die Herren Urverleger trotz der Nachdruͤcke, raſch
hinter einander neue Originalauflagen veranſtaltet,
die ſie eben ſo raſch mit dem groͤßten Vortheil ab-
ſetzten, ohne daß der Schriftſteller oder ſeine nach-
gelaſſene, oft in Duͤrftigkeit ſchmachtende Familie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/69>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.