Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.und Galante Gedichte. So kan die Venus doch Adonis Küsse leiden/Und Amor schaut den Stand wie Gauckelpossen an. Der Liljen weisser Schmuck muß offt bey Nesseln prangen/ Bey Tulipanen Pracht/ bey schönen tausend-schön Kan wilder Thymian auch einen Platz erlangen/ Und Majoran darff wohl bey Käyser Cronen stehn. Aus schlechten Dünsten macht die Sonne Regenbogen; Der kostbarste Magnet zieht den geringsten Stahl: Die Liebe bleibt dem Rang und Ehrgeitz ungewogen/ Und legt den Reben-Stock üm einen wilden Pfahl. Sie macht die Wüsteney zu einen Lust-Gefilde/ Und unsern Sclaven-Stand den hohen Fürsten gleich. Den Herrn zum Unterthan/ den Jäger selbst zum Wilde/ Gesetze gelten nicht in ihren Königreich. Was hier die Feder setzt/ sind nur erzwungne Zeilen/ Die Hand schreibt nicht vor sich/ du führest sie allein/ Und will ich nun damit zu deinen Füssen eilen/ So dencke nur/ ich muß/ ich bin nicht selber mein. Die Wunden/ so mich schmertzt/ hat mir ein Blick geschlagen/ Der auch ein Felsen Hertz wie Wachs zerschmeltzen kan: Dein schöner Mund darff nicht nach Zeit und Orte fragen/ Du weist wohl/ wenn du mich zum Sclaven nahmest an. Man hielte dazumahl ein prächtges Vogelschiessen/ (Doch mein getroffnes Hertz war deiner Pfeile Ziel) Und eine Schönheit war dabey so hoch gepriesen/ Daß ich im Geiste schon zu dero Füssen fiel. Ich suchte denn so lang in diesen Wunder-Auen/ Biß Leonora mich/ und ich sie konte sehn. Ach daß ich Adlern gleich in Sonnen wolte schauen/ Und wuste nicht wie mir durch einen Strahl geschehn! Die Augen musten sich verblendet niederschlagen/ Die Augen/ die die Glut dem Hertzen mitgebracht/ Die Augen sind allein die Ursach meiner Plagen/ Ach daß ich mich zu kühn zu deinen Licht gemacht! Die Freyheit war der Brust dem Augenblick entführet/ Ein Schmertzen-reiches Ach! kehrt wieder bey mir ein. Wie Furcht/ Verzweiffelung und Gram die Seele rühret/ Wird Farb' und auch Gestalt bey mir Verrähter seyn. Ich
und Galante Gedichte. So kan die Venus doch Adonis Kuͤſſe leiden/Und Amor ſchaut den Stand wie Gauckelpoſſen an. Der Liljen weiſſer Schmuck muß offt bey Neſſeln prangen/ Bey Tulipanen Pracht/ bey ſchoͤnen tauſend-ſchoͤn Kan wilder Thymian auch einen Platz erlangen/ Und Majoran darff wohl bey Kaͤyſer Cronen ſtehn. Aus ſchlechten Duͤnſten macht die Sonne Regenbogen; Der koſtbarſte Magnet zieht den geringſten Stahl: Die Liebe bleibt dem Rang und Ehrgeitz ungewogen/ Und legt den Reben-Stock uͤm einen wilden Pfahl. Sie macht die Wuͤſteney zu einen Luſt-Gefilde/ Und unſern Sclaven-Stand den hohen Fuͤrſten gleich. Den Herrn zum Unterthan/ den Jaͤger ſelbſt zum Wilde/ Geſetze gelten nicht in ihren Koͤnigreich. Was hier die Feder ſetzt/ ſind nur erzwungne Zeilen/ Die Hand ſchreibt nicht vor ſich/ du fuͤhreſt ſie allein/ Und will ich nun damit zu deinen Fuͤſſen eilen/ So dencke nur/ ich muß/ ich bin nicht ſelber mein. Die Wunden/ ſo mich ſchmertzt/ hat mir ein Blick geſchlagen/ Der auch ein Felſen Hertz wie Wachs zerſchmeltzen kan: Dein ſchoͤner Mund darff nicht nach Zeit und Orte fragen/ Du weiſt wohl/ wenn du mich zum Sclaven nahmeſt an. Man hielte dazumahl ein praͤchtges Vogelſchieſſen/ (Doch mein getroffnes Hertz war deiner Pfeile Ziel) Und eine Schoͤnheit war dabey ſo hoch geprieſen/ Daß ich im Geiſte ſchon zu dero Fuͤſſen fiel. Ich ſuchte denn ſo lang in dieſen Wunder-Auen/ Biß Leonora mich/ und ich ſie konte ſehn. Ach daß ich Adlern gleich in Sonnen wolte ſchauen/ Und wuſte nicht wie mir durch einen Strahl geſchehn! Die Augen muſten ſich verblendet niederſchlagen/ Die Augen/ die die Glut dem Hertzen mitgebracht/ Die Augen ſind allein die Urſach meiner Plagen/ Ach daß ich mich zu kuͤhn zu deinen Licht gemacht! Die Freyheit war der Bruſt dem Augenblick entfuͤhret/ Ein Schmertzen-reiches Ach! kehrt wieder bey mir ein. Wie Furcht/ Verzweiffelung und Gram die Seele ruͤhret/ Wird Farb' und auch Geſtalt bey mir Verraͤhter ſeyn. Ich
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und Galante Gedichte.
So kan die Venus doch Adonis Kuͤſſe leiden/
Und Amor ſchaut den Stand wie Gauckelpoſſen an.
Der Liljen weiſſer Schmuck muß offt bey Neſſeln prangen/
Bey Tulipanen Pracht/ bey ſchoͤnen tauſend-ſchoͤn
Kan wilder Thymian auch einen Platz erlangen/
Und Majoran darff wohl bey Kaͤyſer Cronen ſtehn.
Aus ſchlechten Duͤnſten macht die Sonne Regenbogen;
Der koſtbarſte Magnet zieht den geringſten Stahl:
Die Liebe bleibt dem Rang und Ehrgeitz ungewogen/
Und legt den Reben-Stock uͤm einen wilden Pfahl.
Sie macht die Wuͤſteney zu einen Luſt-Gefilde/
Und unſern Sclaven-Stand den hohen Fuͤrſten gleich.
Den Herrn zum Unterthan/ den Jaͤger ſelbſt zum Wilde/
Geſetze gelten nicht in ihren Koͤnigreich.
Was hier die Feder ſetzt/ ſind nur erzwungne Zeilen/
Die Hand ſchreibt nicht vor ſich/ du fuͤhreſt ſie allein/
Und will ich nun damit zu deinen Fuͤſſen eilen/
So dencke nur/ ich muß/ ich bin nicht ſelber mein.
Die Wunden/ ſo mich ſchmertzt/ hat mir ein Blick geſchlagen/
Der auch ein Felſen Hertz wie Wachs zerſchmeltzen kan:
Dein ſchoͤner Mund darff nicht nach Zeit und Orte fragen/
Du weiſt wohl/ wenn du mich zum Sclaven nahmeſt an.
Man hielte dazumahl ein praͤchtges Vogelſchieſſen/
(Doch mein getroffnes Hertz war deiner Pfeile Ziel)
Und eine Schoͤnheit war dabey ſo hoch geprieſen/
Daß ich im Geiſte ſchon zu dero Fuͤſſen fiel.
Ich ſuchte denn ſo lang in dieſen Wunder-Auen/
Biß Leonora mich/ und ich ſie konte ſehn.
Ach daß ich Adlern gleich in Sonnen wolte ſchauen/
Und wuſte nicht wie mir durch einen Strahl geſchehn!
Die Augen muſten ſich verblendet niederſchlagen/
Die Augen/ die die Glut dem Hertzen mitgebracht/
Die Augen ſind allein die Urſach meiner Plagen/
Ach daß ich mich zu kuͤhn zu deinen Licht gemacht!
Die Freyheit war der Bruſt dem Augenblick entfuͤhret/
Ein Schmertzen-reiches Ach! kehrt wieder bey mir ein.
Wie Furcht/ Verzweiffelung und Gram die Seele ruͤhret/
Wird Farb' und auch Geſtalt bey mir Verraͤhter ſeyn.
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