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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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vorbildlich darin nur wie in vielen anderen
sozialen Maßnahmen Charlottenburg. Die Gesell-
schaft für soziale Reform machte deshalb den Vor-
schlag, einen Groß - Berliner Gesamtausschuß für
Schulpflege aus Vertretern der verschiedenen Schul-
behörden zu bilden, der die Frage der Schul-
speisung zu regeln hätte.

Wenn man die große Zahl der kränklichen
Kinder bedenkt (in Berlin wiesen von 33000 neu-
eintretenden Volksschülern 31,6 Prozent körper-
liche oder geistige Fehler und Krankheiten auf),
die meist auf die schlechten Verhältnisse, unter
denen sie leben, zurückzuführen sind, also in erster
Linie auf ungenügende Ernährung, wenn man sich
vor Augen hält, wie schwer es für solch ein armes
hungriges Kind ist, dem Unterricht mit der ge-
nügenden Aufmerksamkeit zu folgen, dann muß
man dieser Frage die ihr gebührende Aufmerk-
samkeit schenken. Daß dies ein Frauengebiet par
excellence
ist, beweist, daß in der einzigen Ge-
meinde, die die Schulspeisung befriedigend durch-
führt, die ganze Arbeit ausschließlich in weiblichen
Händen liegt.

Bezwecken die Kinderschutzgesetze die berufliche
Arbeit der Kinder zu unterbinden, weil sie in erster
Reihe eine Gefahr für ihre körperliche Entwick-
lung bedeutet, so verfolgen die Fürsorgegesetze das
Ziel, erzieherisch und moralisch einzuwirken.

vorbildlich darin nur wie in vielen anderen
sozialen Maßnahmen Charlottenburg. Die Gesell-
schaft für soziale Reform machte deshalb den Vor-
schlag, einen Groß - Berliner Gesamtausschuß für
Schulpflege aus Vertretern der verschiedenen Schul-
behörden zu bilden, der die Frage der Schul-
speisung zu regeln hätte.

Wenn man die große Zahl der kränklichen
Kinder bedenkt (in Berlin wiesen von 33000 neu-
eintretenden Volksschülern 31,6 Prozent körper-
liche oder geistige Fehler und Krankheiten auf),
die meist auf die schlechten Verhältnisse, unter
denen sie leben, zurückzuführen sind, also in erster
Linie auf ungenügende Ernährung, wenn man sich
vor Augen hält, wie schwer es für solch ein armes
hungriges Kind ist, dem Unterricht mit der ge-
nügenden Aufmerksamkeit zu folgen, dann muß
man dieser Frage die ihr gebührende Aufmerk-
samkeit schenken. Daß dies ein Frauengebiet par
excellence
ist, beweist, daß in der einzigen Ge-
meinde, die die Schulspeisung befriedigend durch-
führt, die ganze Arbeit ausschließlich in weiblichen
Händen liegt.

Bezwecken die Kinderschutzgesetze die berufliche
Arbeit der Kinder zu unterbinden, weil sie in erster
Reihe eine Gefahr für ihre körperliche Entwick-
lung bedeutet, so verfolgen die Fürsorgegesetze das
Ziel, erzieherisch und moralisch einzuwirken.

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[210/0214] vorbildlich darin nur wie in vielen anderen sozialen Maßnahmen Charlottenburg. Die Gesell- schaft für soziale Reform machte deshalb den Vor- schlag, einen Groß - Berliner Gesamtausschuß für Schulpflege aus Vertretern der verschiedenen Schul- behörden zu bilden, der die Frage der Schul- speisung zu regeln hätte. Wenn man die große Zahl der kränklichen Kinder bedenkt (in Berlin wiesen von 33000 neu- eintretenden Volksschülern 31,6 Prozent körper- liche oder geistige Fehler und Krankheiten auf), die meist auf die schlechten Verhältnisse, unter denen sie leben, zurückzuführen sind, also in erster Linie auf ungenügende Ernährung, wenn man sich vor Augen hält, wie schwer es für solch ein armes hungriges Kind ist, dem Unterricht mit der ge- nügenden Aufmerksamkeit zu folgen, dann muß man dieser Frage die ihr gebührende Aufmerk- samkeit schenken. Daß dies ein Frauengebiet par excellence ist, beweist, daß in der einzigen Ge- meinde, die die Schulspeisung befriedigend durch- führt, die ganze Arbeit ausschließlich in weiblichen Händen liegt. Bezwecken die Kinderschutzgesetze die berufliche Arbeit der Kinder zu unterbinden, weil sie in erster Reihe eine Gefahr für ihre körperliche Entwick- lung bedeutet, so verfolgen die Fürsorgegesetze das Ziel, erzieherisch und moralisch einzuwirken.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/214>, abgerufen am 30.04.2024.