gewiß nicht allzu reiche Mutter, die aus Arbeits- not und Zwang ihr Kind nicht beaufsichtigen kann, auf die körperlichen Vorzüge ihres heranwachsen- den Töchterchens ist, um so mehr muß sie für sie zittern, ist doch gerade sie besonderen Gefahren ausgesetzt.
Und was das Betrübendste und für die Gesell- schaft Beschämende ist, daß in den meisten Fällen nur die Verhältnisse, unter denen diese Kinder auf- wachsen, daran schuld sind. Es ist festgestellt, daß von den in Fürsorge kommenden jugendlichen Missetätern (wie bereits bemerkt, kommen sie erst in Fürsorge, wenn sie etwas auf dem Kerbholz haben, also schon kleine Verbrecher sind) 60 Pro- zent ohne schlechte Veranlagung sind. Einer der Redner auf der Fürsorgekonferenz rechnete aus, daß, wenn diese rechtzeitig in rechte Bahnen gelenkt würden, der Staat 3 Millionen Mark an Fürsorge- erziehung sparen würde. Dieser Betrag ist gewiß nicht zu verachten. Aber was bedeutet die Er- sparnis an Geld gegenüber der Ersparnis an Menschenopfer. Die 30000 unbeaufsichtigten Kinder Groß-Berlins bilden, wie Dr. Duensing so richtig sagt, eine Armee der Arbeitsscheuen und Verbrecher. Und der gleiche Prozentsatz dürfte für alle anderen deutschen Fabrik- und Großstädte zu- treffen. Nach der jüngsten Zusammenstellung der Deutschen Kinderhorte durch die Deutsche Zentrale
gewiß nicht allzu reiche Mutter, die aus Arbeits- not und Zwang ihr Kind nicht beaufsichtigen kann, auf die körperlichen Vorzüge ihres heranwachsen- den Töchterchens ist, um so mehr muß sie für sie zittern, ist doch gerade sie besonderen Gefahren ausgesetzt.
Und was das Betrübendste und für die Gesell- schaft Beschämende ist, daß in den meisten Fällen nur die Verhältnisse, unter denen diese Kinder auf- wachsen, daran schuld sind. Es ist festgestellt, daß von den in Fürsorge kommenden jugendlichen Missetätern (wie bereits bemerkt, kommen sie erst in Fürsorge, wenn sie etwas auf dem Kerbholz haben, also schon kleine Verbrecher sind) 60 Pro- zent ohne schlechte Veranlagung sind. Einer der Redner auf der Fürsorgekonferenz rechnete aus, daß, wenn diese rechtzeitig in rechte Bahnen gelenkt würden, der Staat 3 Millionen Mark an Fürsorge- erziehung sparen würde. Dieser Betrag ist gewiß nicht zu verachten. Aber was bedeutet die Er- sparnis an Geld gegenüber der Ersparnis an Menschenopfer. Die 30000 unbeaufsichtigten Kinder Groß-Berlins bilden, wie Dr. Duensing so richtig sagt, eine Armee der Arbeitsscheuen und Verbrecher. Und der gleiche Prozentsatz dürfte für alle anderen deutschen Fabrik- und Großstädte zu- treffen. Nach der jüngsten Zusammenstellung der Deutschen Kinderhorte durch die Deutsche Zentrale
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gewiß nicht allzu reiche Mutter, die aus Arbeits-
not und Zwang ihr Kind nicht beaufsichtigen kann,
auf die körperlichen Vorzüge ihres heranwachsen-
den Töchterchens ist, um so mehr muß sie für sie
zittern, ist doch gerade sie besonderen Gefahren
ausgesetzt.
Und was das Betrübendste und für die Gesell-
schaft Beschämende ist, daß in den meisten Fällen
nur die Verhältnisse, unter denen diese Kinder auf-
wachsen, daran schuld sind. Es ist festgestellt, daß
von den in Fürsorge kommenden jugendlichen
Missetätern (wie bereits bemerkt, kommen sie erst
in Fürsorge, wenn sie etwas auf dem Kerbholz
haben, also schon kleine Verbrecher sind) 60 Pro-
zent ohne schlechte Veranlagung sind. Einer der
Redner auf der Fürsorgekonferenz rechnete aus,
daß, wenn diese rechtzeitig in rechte Bahnen gelenkt
würden, der Staat 3 Millionen Mark an Fürsorge-
erziehung sparen würde. Dieser Betrag ist gewiß
nicht zu verachten. Aber was bedeutet die Er-
sparnis an Geld gegenüber der Ersparnis an
Menschenopfer. Die 30000 unbeaufsichtigten
Kinder Groß-Berlins bilden, wie Dr. Duensing so
richtig sagt, eine Armee der Arbeitsscheuen und
Verbrecher. Und der gleiche Prozentsatz dürfte für
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(2020-12-07T10:34:09Z)
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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/226>, abgerufen am 23.11.2024.
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