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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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nicht so, sondern es bedurfte eines langwierigen
Kampfes, um den Widerstand der ausführenden
Organe, die sich in ihrer Alleinherrschaft bedroht
fühlten, zu besiegen, und überall ist es noch nicht
geglückt. Aber die Frauen erkennen ihre Pflichten
der Gesellschaft gegenüber immer mehr und lassen
sich nicht mehr so leicht einschüchtern. Je mehr
Raum der Entwicklung ihres Jntellekts und ihrer
Jndividualität gegeben wird, um so ernster und
voller erfassen sie ihre Pflichten, um so schärfer er-
kennen sie die Arbeit, die ihrer harrt. Je mehr
ihre Erziehung sie dazu befähigt, den Organismus
des sozialen Körpers kennen und verstehen zu
lernen, um so mehr begreifen sie, wieviel zu seiner
Gesundung geschehen muß, wieviel sie dazu beizu-
tragen haben. Es bedurfte nur der Weckung ihres
sozialen Empfindens, ihres sozialen Bewußtseins,
um sie zum Handeln zu veranlassen. Und aus
diesem Grunde muß auch die gesamte Frauenarbeit
als ein großer Segen betrachtet werden, weil sie
die Frauenkräfte befreit, und die segenbringende,
dienstbereite Hand der Frau der Allgemeinheit ge-
öffnet hat. "Die Macht der Liebe ist nicht mehr auf
die engste Umgebung beschränkt, sondern erstreckt
sich auf weiteste Kreise und Gebiete; die Fähigkeit
absoluter Ergebenheit und ständiger Dienstleistung
für eine bestimmte Person ist jetzt anwendbar auf
ein bestimmtes gesellschaftliches Bedürfnis, und

nicht so, sondern es bedurfte eines langwierigen
Kampfes, um den Widerstand der ausführenden
Organe, die sich in ihrer Alleinherrschaft bedroht
fühlten, zu besiegen, und überall ist es noch nicht
geglückt. Aber die Frauen erkennen ihre Pflichten
der Gesellschaft gegenüber immer mehr und lassen
sich nicht mehr so leicht einschüchtern. Je mehr
Raum der Entwicklung ihres Jntellekts und ihrer
Jndividualität gegeben wird, um so ernster und
voller erfassen sie ihre Pflichten, um so schärfer er-
kennen sie die Arbeit, die ihrer harrt. Je mehr
ihre Erziehung sie dazu befähigt, den Organismus
des sozialen Körpers kennen und verstehen zu
lernen, um so mehr begreifen sie, wieviel zu seiner
Gesundung geschehen muß, wieviel sie dazu beizu-
tragen haben. Es bedurfte nur der Weckung ihres
sozialen Empfindens, ihres sozialen Bewußtseins,
um sie zum Handeln zu veranlassen. Und aus
diesem Grunde muß auch die gesamte Frauenarbeit
als ein großer Segen betrachtet werden, weil sie
die Frauenkräfte befreit, und die segenbringende,
dienstbereite Hand der Frau der Allgemeinheit ge-
öffnet hat. „Die Macht der Liebe ist nicht mehr auf
die engste Umgebung beschränkt, sondern erstreckt
sich auf weiteste Kreise und Gebiete; die Fähigkeit
absoluter Ergebenheit und ständiger Dienstleistung
für eine bestimmte Person ist jetzt anwendbar auf
ein bestimmtes gesellschaftliches Bedürfnis, und

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[237/0241] nicht so, sondern es bedurfte eines langwierigen Kampfes, um den Widerstand der ausführenden Organe, die sich in ihrer Alleinherrschaft bedroht fühlten, zu besiegen, und überall ist es noch nicht geglückt. Aber die Frauen erkennen ihre Pflichten der Gesellschaft gegenüber immer mehr und lassen sich nicht mehr so leicht einschüchtern. Je mehr Raum der Entwicklung ihres Jntellekts und ihrer Jndividualität gegeben wird, um so ernster und voller erfassen sie ihre Pflichten, um so schärfer er- kennen sie die Arbeit, die ihrer harrt. Je mehr ihre Erziehung sie dazu befähigt, den Organismus des sozialen Körpers kennen und verstehen zu lernen, um so mehr begreifen sie, wieviel zu seiner Gesundung geschehen muß, wieviel sie dazu beizu- tragen haben. Es bedurfte nur der Weckung ihres sozialen Empfindens, ihres sozialen Bewußtseins, um sie zum Handeln zu veranlassen. Und aus diesem Grunde muß auch die gesamte Frauenarbeit als ein großer Segen betrachtet werden, weil sie die Frauenkräfte befreit, und die segenbringende, dienstbereite Hand der Frau der Allgemeinheit ge- öffnet hat. „Die Macht der Liebe ist nicht mehr auf die engste Umgebung beschränkt, sondern erstreckt sich auf weiteste Kreise und Gebiete; die Fähigkeit absoluter Ergebenheit und ständiger Dienstleistung für eine bestimmte Person ist jetzt anwendbar auf ein bestimmtes gesellschaftliches Bedürfnis, und

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/241>, abgerufen am 30.04.2024.