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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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beit der Gegenwart wird in Amerika hauptsächlich
von Frauen verrichtet, sie sind die Träger der
höheren Bildung sowohl, wie auch der soziologi-
schen Jnteressen.

Auch in England haben die Frauen sich auf
sozialem Gebiete in hervorragender Weise betätigt.
Dort erblickte, wie so viele soziale Reformen, auch
die Settlementsbewegung, dieser glänzende, sozial-
stem Empfinden entsprechende Versuch zur Über-
brückung der Klassengegensätze durch jahrelange
Arbeit und jahrelanges Leben der Besitzenden unter
den Enterbten des Schicksals und für sie, um ihnen
durch persönliche Arbeit zu einer höheren Kultur
zu verhelfen, das Licht der Welt. Dort entstand
auch das erste Frauensettlement, dem ein Jahr
später ein zweites in Amerika und seither hüben
und drüben zahlreiche andere gefolgt sind.

Und nicht allein als tüchtige Helferinnen an
der Lösung sozialer Aufgaben sehen wir die Frauen
dort, wo ihnen freie Entwicklung gestattet ist, ar-
beiten, sondern wir lernen sie auch als Schöpfe-
rinnen und Führerinnen kennen.

Wir sehen, wie Harriet Beecher-Stowe durch
ihren mit ihrem Herzblut, von echtester Menschen-
liebe durchglühten Roman "Onkel Toms Hütte"
zur Sklavenbefreiung mehr beigetragen hat, als
irgend ein anderer Faktor. Wir sehen, wie Flo-
rence Nightingale nicht allein durch ihr beispiel-

beit der Gegenwart wird in Amerika hauptsächlich
von Frauen verrichtet, sie sind die Träger der
höheren Bildung sowohl, wie auch der soziologi-
schen Jnteressen.

Auch in England haben die Frauen sich auf
sozialem Gebiete in hervorragender Weise betätigt.
Dort erblickte, wie so viele soziale Reformen, auch
die Settlementsbewegung, dieser glänzende, sozial-
stem Empfinden entsprechende Versuch zur Über-
brückung der Klassengegensätze durch jahrelange
Arbeit und jahrelanges Leben der Besitzenden unter
den Enterbten des Schicksals und für sie, um ihnen
durch persönliche Arbeit zu einer höheren Kultur
zu verhelfen, das Licht der Welt. Dort entstand
auch das erste Frauensettlement, dem ein Jahr
später ein zweites in Amerika und seither hüben
und drüben zahlreiche andere gefolgt sind.

Und nicht allein als tüchtige Helferinnen an
der Lösung sozialer Aufgaben sehen wir die Frauen
dort, wo ihnen freie Entwicklung gestattet ist, ar-
beiten, sondern wir lernen sie auch als Schöpfe-
rinnen und Führerinnen kennen.

Wir sehen, wie Harriet Beecher-Stowe durch
ihren mit ihrem Herzblut, von echtester Menschen-
liebe durchglühten Roman „Onkel Toms Hütte“
zur Sklavenbefreiung mehr beigetragen hat, als
irgend ein anderer Faktor. Wir sehen, wie Flo-
rence Nightingale nicht allein durch ihr beispiel-

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[239/0243] beit der Gegenwart wird in Amerika hauptsächlich von Frauen verrichtet, sie sind die Träger der höheren Bildung sowohl, wie auch der soziologi- schen Jnteressen. Auch in England haben die Frauen sich auf sozialem Gebiete in hervorragender Weise betätigt. Dort erblickte, wie so viele soziale Reformen, auch die Settlementsbewegung, dieser glänzende, sozial- stem Empfinden entsprechende Versuch zur Über- brückung der Klassengegensätze durch jahrelange Arbeit und jahrelanges Leben der Besitzenden unter den Enterbten des Schicksals und für sie, um ihnen durch persönliche Arbeit zu einer höheren Kultur zu verhelfen, das Licht der Welt. Dort entstand auch das erste Frauensettlement, dem ein Jahr später ein zweites in Amerika und seither hüben und drüben zahlreiche andere gefolgt sind. Und nicht allein als tüchtige Helferinnen an der Lösung sozialer Aufgaben sehen wir die Frauen dort, wo ihnen freie Entwicklung gestattet ist, ar- beiten, sondern wir lernen sie auch als Schöpfe- rinnen und Führerinnen kennen. Wir sehen, wie Harriet Beecher-Stowe durch ihren mit ihrem Herzblut, von echtester Menschen- liebe durchglühten Roman „Onkel Toms Hütte“ zur Sklavenbefreiung mehr beigetragen hat, als irgend ein anderer Faktor. Wir sehen, wie Flo- rence Nightingale nicht allein durch ihr beispiel-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/243>, abgerufen am 30.04.2024.