Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Verwaltung und Nutznießung des Mannes ein
Hohn auf das Rechtsempfinden, die Rechts-
persönlichkeit der modernen Frau? Muß es nicht
als Ausfluß der alten Ehevogtei erscheinen, wenn
der Mann das Vermögen der Frau in Besitz zu
nehmen berechtigt ist, ohne ihre Zustimmung über
ihr Geld und ihre anderen verbrauchbaren Sachen
verfügen kann, das Recht hat, die Zinsen ihres Ver-
mögens einzuziehen und zu verbrauchen, während
sie während der Dauer der Ehe absolut keinen An-
teil an ihrer eigenen Vermögensverwaltung hat,
über die Erträgnisse ihres eigenen Vermögens nicht
verfügen darf und alles erst von ihm erbitten muß,
auch wenn es aus ihrem Vermögen stammt und er
vielleicht nur von ihrem Vermögen lebt.

Wir sehen also, daß die Fortschritte einer
näheren Prüfung nicht recht standhalten und sich
nur zu einem sehr kleinen Teil als solche erweisen.

Wohl hat das B. G. B. aber einen großen Rück-
schritt zu verzeichnen, der zwar Mann und Frau,
die Frau aber besonders schwer trifft, und zwar
durch die Erschwerung der Ehescheidung. Die gegen-
seitige Einwilligung und einseitige unüberwind-
liche Abneigung des sonst gewiß nicht idealen
Preußischen Landrechts ermöglichten doch wenig-
stens die Scheidung einer zur Qual gewordenen
Ehe, ohne daß einer der Eheleute eine besondere
Schuld auf sich zu nehmen brauchte. Die Streichung

Verwaltung und Nutznießung des Mannes ein
Hohn auf das Rechtsempfinden, die Rechts-
persönlichkeit der modernen Frau? Muß es nicht
als Ausfluß der alten Ehevogtei erscheinen, wenn
der Mann das Vermögen der Frau in Besitz zu
nehmen berechtigt ist, ohne ihre Zustimmung über
ihr Geld und ihre anderen verbrauchbaren Sachen
verfügen kann, das Recht hat, die Zinsen ihres Ver-
mögens einzuziehen und zu verbrauchen, während
sie während der Dauer der Ehe absolut keinen An-
teil an ihrer eigenen Vermögensverwaltung hat,
über die Erträgnisse ihres eigenen Vermögens nicht
verfügen darf und alles erst von ihm erbitten muß,
auch wenn es aus ihrem Vermögen stammt und er
vielleicht nur von ihrem Vermögen lebt.

Wir sehen also, daß die Fortschritte einer
näheren Prüfung nicht recht standhalten und sich
nur zu einem sehr kleinen Teil als solche erweisen.

Wohl hat das B. G. B. aber einen großen Rück-
schritt zu verzeichnen, der zwar Mann und Frau,
die Frau aber besonders schwer trifft, und zwar
durch die Erschwerung der Ehescheidung. Die gegen-
seitige Einwilligung und einseitige unüberwind-
liche Abneigung des sonst gewiß nicht idealen
Preußischen Landrechts ermöglichten doch wenig-
stens die Scheidung einer zur Qual gewordenen
Ehe, ohne daß einer der Eheleute eine besondere
Schuld auf sich zu nehmen brauchte. Die Streichung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0292" n="288"/>
Verwaltung und Nutznießung des Mannes ein<lb/>
Hohn auf das Rechtsempfinden, die Rechts-<lb/>
persönlichkeit der modernen Frau? Muß es nicht<lb/>
als Ausfluß der alten Ehevogtei erscheinen, wenn<lb/>
der Mann das Vermögen der Frau in Besitz zu<lb/>
nehmen berechtigt ist, ohne ihre Zustimmung über<lb/>
ihr Geld und ihre anderen verbrauchbaren Sachen<lb/>
verfügen kann, das Recht hat, die Zinsen ihres Ver-<lb/>
mögens einzuziehen und zu verbrauchen, während<lb/>
sie während der Dauer der Ehe absolut keinen An-<lb/>
teil an ihrer eigenen Vermögensverwaltung hat,<lb/>
über die Erträgnisse ihres eigenen Vermögens nicht<lb/>
verfügen darf und alles erst von ihm erbitten muß,<lb/>
auch wenn es aus ihrem Vermögen stammt und er<lb/>
vielleicht nur von ihrem Vermögen lebt.</p><lb/>
          <p>Wir sehen also, daß die Fortschritte einer<lb/>
näheren Prüfung nicht recht standhalten und sich<lb/>
nur zu einem sehr kleinen Teil als solche erweisen.</p><lb/>
          <p>Wohl hat das B. G. B. aber einen großen Rück-<lb/>
schritt zu verzeichnen, der zwar Mann und Frau,<lb/>
die Frau aber besonders schwer trifft, und zwar<lb/>
durch die Erschwerung der Ehescheidung. Die gegen-<lb/>
seitige Einwilligung und einseitige unüberwind-<lb/>
liche Abneigung des sonst gewiß nicht idealen<lb/>
Preußischen Landrechts ermöglichten doch wenig-<lb/>
stens die Scheidung einer zur Qual gewordenen<lb/>
Ehe, ohne daß einer der Eheleute eine besondere<lb/>
Schuld auf sich zu nehmen brauchte. Die Streichung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0292] Verwaltung und Nutznießung des Mannes ein Hohn auf das Rechtsempfinden, die Rechts- persönlichkeit der modernen Frau? Muß es nicht als Ausfluß der alten Ehevogtei erscheinen, wenn der Mann das Vermögen der Frau in Besitz zu nehmen berechtigt ist, ohne ihre Zustimmung über ihr Geld und ihre anderen verbrauchbaren Sachen verfügen kann, das Recht hat, die Zinsen ihres Ver- mögens einzuziehen und zu verbrauchen, während sie während der Dauer der Ehe absolut keinen An- teil an ihrer eigenen Vermögensverwaltung hat, über die Erträgnisse ihres eigenen Vermögens nicht verfügen darf und alles erst von ihm erbitten muß, auch wenn es aus ihrem Vermögen stammt und er vielleicht nur von ihrem Vermögen lebt. Wir sehen also, daß die Fortschritte einer näheren Prüfung nicht recht standhalten und sich nur zu einem sehr kleinen Teil als solche erweisen. Wohl hat das B. G. B. aber einen großen Rück- schritt zu verzeichnen, der zwar Mann und Frau, die Frau aber besonders schwer trifft, und zwar durch die Erschwerung der Ehescheidung. Die gegen- seitige Einwilligung und einseitige unüberwind- liche Abneigung des sonst gewiß nicht idealen Preußischen Landrechts ermöglichten doch wenig- stens die Scheidung einer zur Qual gewordenen Ehe, ohne daß einer der Eheleute eine besondere Schuld auf sich zu nehmen brauchte. Die Streichung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/292
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/292>, abgerufen am 10.05.2024.