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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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schaffen wurden, konnten unmöglich länger
stumme Duldung erfahren.

Hier mußten zwei Wege mit einem gemein-
schaftlichen Ziele eingeschlagen werden, der eine
war der der Staatshilfe, der andere der der Selbst-
hilfe. Der Erstere sollte Gesetze schaffen zur Rege-
lung der Arbeitszeit, der Arbeitsart, der Lohn-
zahlung, der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern, über Arbeitsinspektion,
Arbeiterversicherung usw.; der zweite durch
Organisation, die Gewähr für die Jnnehaltung
dieser Gesetze bietet, an ihrem Weiterausbau ar
beitet und den Arbeitsvertrag zugunsten der
Arbeiter beeinflußt. Beide bezwecken eine Um-
und Bessergestaltung der Arbeitsbedingungen und
Löhne der Arbeiterschaft.

Während nun die Staatshilfe zuerst bei den
Frauen und Kindern einsetzte, weil sie die
Schwächsten und Schutzbedürftigsten waren,
wurde die Selbsthilfe hingegen bei ihnen am
schwersten, weil den Frauen die Koalitionsfreiheit
lange Zeit fehlte und sie sie erst mit dem Vereins-
recht bekommen haben. Jhre Berufsorganisation
konnte sich daher erst in den letzten Jahren ent-
wickeln. Die freien Gewerkschaften konnten 1910
161512 organisierte Frauen aufweisen, die christ-
lichen 21833, die Hirsch-Dunckerschen etwa 6000.

4 Jchenhaeuser, Frauenziele.

schaffen wurden, konnten unmöglich länger
stumme Duldung erfahren.

Hier mußten zwei Wege mit einem gemein-
schaftlichen Ziele eingeschlagen werden, der eine
war der der Staatshilfe, der andere der der Selbst-
hilfe. Der Erstere sollte Gesetze schaffen zur Rege-
lung der Arbeitszeit, der Arbeitsart, der Lohn-
zahlung, der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern, über Arbeitsinspektion,
Arbeiterversicherung usw.; der zweite durch
Organisation, die Gewähr für die Jnnehaltung
dieser Gesetze bietet, an ihrem Weiterausbau ar
beitet und den Arbeitsvertrag zugunsten der
Arbeiter beeinflußt. Beide bezwecken eine Um-
und Bessergestaltung der Arbeitsbedingungen und
Löhne der Arbeiterschaft.

Während nun die Staatshilfe zuerst bei den
Frauen und Kindern einsetzte, weil sie die
Schwächsten und Schutzbedürftigsten waren,
wurde die Selbsthilfe hingegen bei ihnen am
schwersten, weil den Frauen die Koalitionsfreiheit
lange Zeit fehlte und sie sie erst mit dem Vereins-
recht bekommen haben. Jhre Berufsorganisation
konnte sich daher erst in den letzten Jahren ent-
wickeln. Die freien Gewerkschaften konnten 1910
161512 organisierte Frauen aufweisen, die christ-
lichen 21833, die Hirsch-Dunckerschen etwa 6000.

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[49/0053] schaffen wurden, konnten unmöglich länger stumme Duldung erfahren. Hier mußten zwei Wege mit einem gemein- schaftlichen Ziele eingeschlagen werden, der eine war der der Staatshilfe, der andere der der Selbst- hilfe. Der Erstere sollte Gesetze schaffen zur Rege- lung der Arbeitszeit, der Arbeitsart, der Lohn- zahlung, der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, über Arbeitsinspektion, Arbeiterversicherung usw.; der zweite durch Organisation, die Gewähr für die Jnnehaltung dieser Gesetze bietet, an ihrem Weiterausbau ar beitet und den Arbeitsvertrag zugunsten der Arbeiter beeinflußt. Beide bezwecken eine Um- und Bessergestaltung der Arbeitsbedingungen und Löhne der Arbeiterschaft. Während nun die Staatshilfe zuerst bei den Frauen und Kindern einsetzte, weil sie die Schwächsten und Schutzbedürftigsten waren, wurde die Selbsthilfe hingegen bei ihnen am schwersten, weil den Frauen die Koalitionsfreiheit lange Zeit fehlte und sie sie erst mit dem Vereins- recht bekommen haben. Jhre Berufsorganisation konnte sich daher erst in den letzten Jahren ent- wickeln. Die freien Gewerkschaften konnten 1910 161512 organisierte Frauen aufweisen, die christ- lichen 21833, die Hirsch-Dunckerschen etwa 6000. 4 Jchenhaeuser, Frauenziele.

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Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/53>, abgerufen am 07.05.2024.