Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

den ersten fünf Tagen der Woche an Stelle des Elf-
stundentages, beschränkte die Arbeit an den Vor-
abenden der Sonn- und Festtage auf 8 Stunden
und bis auf 5 Uhr nachmittags. Sie brachte ferner
die elfstündige ununterbrochene Mindestnachtruhe,
die achtwöchentliche Schonzeit für Wöchnerinnen
und das bedingte Verbot der Mitgabe von Arbeit
nach Hause.

Einen so großen sozialpolitischen Fortschritt
diese Schutzgesetze auch bedeuten, so sind manche von
ihnen zum Teil nur auf dem Papier vorhanden
und zwar einerseits durch die erlaubten Aus-
nahmen bei Arbeitshäufung, andererseits durch
die viel zu geringe Zahl von Fabrikinspektoren
und Fabrikinspektorinnen, wodurch Üeber-
tretungen selten zur Kenntnis der Behörden ge-
langen. Überdies genügen die Bestimmungen nicht
voll den tatsächlichen Bedürfnissen. Auch der zehn-
stündige Arbeitstag verwirklicht nur eine Üeber-
gangsforderung. Der Arbeitstag muß noch weiter
gekürzt werden, und zwar mit Rücksicht auf die
triftigsten Gründe, vor allem die hygienischen.
Fast jeder Fabrikbetrieb ist ungesund und strengt
ein besonderes Organ übermäßig an. "Das
souveräne Mittel, um unvermeidliche Schädlichkeit
der Berufstätigkeit zu mildern, ist Verkürzung der
Arbeitszeit" sagt der Münchener Professor Max
Gruber, "daher haben die Arbeiter recht, sie zu

4*

den ersten fünf Tagen der Woche an Stelle des Elf-
stundentages, beschränkte die Arbeit an den Vor-
abenden der Sonn- und Festtage auf 8 Stunden
und bis auf 5 Uhr nachmittags. Sie brachte ferner
die elfstündige ununterbrochene Mindestnachtruhe,
die achtwöchentliche Schonzeit für Wöchnerinnen
und das bedingte Verbot der Mitgabe von Arbeit
nach Hause.

Einen so großen sozialpolitischen Fortschritt
diese Schutzgesetze auch bedeuten, so sind manche von
ihnen zum Teil nur auf dem Papier vorhanden
und zwar einerseits durch die erlaubten Aus-
nahmen bei Arbeitshäufung, andererseits durch
die viel zu geringe Zahl von Fabrikinspektoren
und Fabrikinspektorinnen, wodurch Üeber-
tretungen selten zur Kenntnis der Behörden ge-
langen. Überdies genügen die Bestimmungen nicht
voll den tatsächlichen Bedürfnissen. Auch der zehn-
stündige Arbeitstag verwirklicht nur eine Üeber-
gangsforderung. Der Arbeitstag muß noch weiter
gekürzt werden, und zwar mit Rücksicht auf die
triftigsten Gründe, vor allem die hygienischen.
Fast jeder Fabrikbetrieb ist ungesund und strengt
ein besonderes Organ übermäßig an. „Das
souveräne Mittel, um unvermeidliche Schädlichkeit
der Berufstätigkeit zu mildern, ist Verkürzung der
Arbeitszeit“ sagt der Münchener Professor Max
Gruber, „daher haben die Arbeiter recht, sie zu

4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="51"/>
den ersten fünf Tagen der Woche an Stelle des Elf-<lb/>
stundentages, beschränkte die Arbeit an den Vor-<lb/>
abenden der Sonn- und Festtage auf 8 Stunden<lb/>
und bis auf 5 Uhr nachmittags. Sie brachte ferner<lb/>
die elfstündige ununterbrochene Mindestnachtruhe,<lb/>
die achtwöchentliche Schonzeit für Wöchnerinnen<lb/>
und das bedingte Verbot der Mitgabe von Arbeit<lb/>
nach Hause.</p><lb/>
            <p>Einen so großen sozialpolitischen Fortschritt<lb/>
diese Schutzgesetze auch bedeuten, so sind manche von<lb/>
ihnen zum Teil nur auf dem Papier vorhanden<lb/>
und zwar einerseits durch die erlaubten Aus-<lb/>
nahmen bei Arbeitshäufung, andererseits durch<lb/>
die viel zu geringe Zahl von Fabrikinspektoren<lb/>
und Fabrikinspektorinnen, wodurch Üeber-<lb/>
tretungen selten zur Kenntnis der Behörden ge-<lb/>
langen. Überdies genügen die Bestimmungen nicht<lb/>
voll den tatsächlichen Bedürfnissen. Auch der zehn-<lb/>
stündige Arbeitstag verwirklicht nur eine Üeber-<lb/>
gangsforderung. Der Arbeitstag muß noch weiter<lb/>
gekürzt werden, und zwar mit Rücksicht auf die<lb/>
triftigsten Gründe, vor allem die hygienischen.<lb/>
Fast jeder Fabrikbetrieb ist ungesund und strengt<lb/>
ein besonderes Organ übermäßig an. &#x201E;Das<lb/>
souveräne Mittel, um unvermeidliche Schädlichkeit<lb/>
der Berufstätigkeit zu mildern, ist Verkürzung der<lb/>
Arbeitszeit&#x201C; sagt der Münchener Professor Max<lb/>
Gruber, &#x201E;daher haben die Arbeiter recht, sie zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0055] den ersten fünf Tagen der Woche an Stelle des Elf- stundentages, beschränkte die Arbeit an den Vor- abenden der Sonn- und Festtage auf 8 Stunden und bis auf 5 Uhr nachmittags. Sie brachte ferner die elfstündige ununterbrochene Mindestnachtruhe, die achtwöchentliche Schonzeit für Wöchnerinnen und das bedingte Verbot der Mitgabe von Arbeit nach Hause. Einen so großen sozialpolitischen Fortschritt diese Schutzgesetze auch bedeuten, so sind manche von ihnen zum Teil nur auf dem Papier vorhanden und zwar einerseits durch die erlaubten Aus- nahmen bei Arbeitshäufung, andererseits durch die viel zu geringe Zahl von Fabrikinspektoren und Fabrikinspektorinnen, wodurch Üeber- tretungen selten zur Kenntnis der Behörden ge- langen. Überdies genügen die Bestimmungen nicht voll den tatsächlichen Bedürfnissen. Auch der zehn- stündige Arbeitstag verwirklicht nur eine Üeber- gangsforderung. Der Arbeitstag muß noch weiter gekürzt werden, und zwar mit Rücksicht auf die triftigsten Gründe, vor allem die hygienischen. Fast jeder Fabrikbetrieb ist ungesund und strengt ein besonderes Organ übermäßig an. „Das souveräne Mittel, um unvermeidliche Schädlichkeit der Berufstätigkeit zu mildern, ist Verkürzung der Arbeitszeit“ sagt der Münchener Professor Max Gruber, „daher haben die Arbeiter recht, sie zu 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/55
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/55>, abgerufen am 07.05.2024.