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Ichenhaeuser, Eliza: Das Universitätsstudium der Frauen. In: Die Kritik (4, 1895). S. 1750–1753.

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Die Kritik

Warum holt denn unsere Regierung nicht bei den anderen Regierungen
Auskunft über die Resultate des Frauenstudiums ein?

Ja warum?

Wohl weil es ein besonderer Ruhm zu sein scheint, das europäische
China darzustellen.

Ueber die günstigen Resultate des schweizer Frauenstudiums, trotz
der vielen schlechten Elemente, die sich unter den dortigen Studentinnen
(Russinnen) befanden und auch noch befinden, haben die dortigen Universitäts-
professsoren Dr. Flesch und Dr. Müller wiederholt in ausführlichen Ab-
handlungen berichtet.

Ueber das Ergebniß der Zulassung der Frauen zu den belgischen
Universitäten hinsichtlich der Studenten hat der Rektor der Universität
von Lüttich, Crasenster, vor einigen Jahren ein Enquete veranstaltet. Er
hat an sämmtliche Universitätsvorstände folgende Frage gerichtet:

"Welchen Einfluß hatte die Zulassung der Frauen zu den Uni-
versitäten auf die Studien, die Disziplin und das Benehmen der Studenten?"

Das Ergebniß seiner Enquete faßt Rektor Crasenster folgendermaßen
zusammen: "Uebereinstimmend ist von allen Seiten anerkannt worden daß
diese Zulassung gar keine Nachtheile im Gefolge gehabt, sondern daß sie
im Gegentheil häufig einen sehr günstigen Einfluß ausgeübt hat, auf diese
Weise die in England und Amerika gemachten Beobachtungen bestätigend."

Jn seinem vortrefflichen Buche "La condition politique de la
femme
" berichtet der Brüsseler Rechtsanwalt Louis Frank dasselbe Er-
gebniß auch aus den anderen Ländern, in denen Frauen studiren, und fügt
hinzu:

"Was die Frauen selbst anbelangt, haben sie durch den Gebrauch,
den sie von ihrem Rechte gemacht haben, durch ihren enormen Fleiß, die
großen Erfolge, die sie bei den Prüfungen davongetragen haben, und durch
ihren Feuereifer einen neuen Beweis geliefert, daß unsere Gefährtinnen
noch größere Rechte zu erlangen verdienen und daß sie würdig sind, auf
allen Gebieten Gleichberechtigung zu fordern!"

An der Londoner Universität haben von den männlichen Studieren-
den nur 42 Prozent mit Erfolg promovirt, von den weiblichen dagegen
73, und zwar letztere, eine einzige Ausnahme abgerechnet, sämmtlich mit
dem ersten Grade.

Es muß selbstverständlich in Erwägung gezogen werden, daß von
den Frauen nur sehr begabte studiren, während bei den Männern häufig
nur der Reichthum ihrer Eltern die Veranlassung ist, sich "auch diesen
Luxus" zu gönnen, aber selbst bei dieser Erwägung muß man die Erfolge,
die die Frauen mit dem Studium haben, glänzend finden.

Und all das wird bei uns vollständig ignorirt, von der Regierung
sowohl als auch von solchen Männern, denen man wohl ein Jnteresse an
einer vitalen Frage, wie diese es ist, zumuthen dürfte.

Erklärte doch Eduard v. Hartmann einem Jnterviewer: "Jch bin
durchaus dafür, daß man den Versuch, Frauen Medizin studiren zu lassen,

Die Kritik

Warum holt denn unsere Regierung nicht bei den anderen Regierungen
Auskunft über die Resultate des Frauenstudiums ein?

Ja warum?

Wohl weil es ein besonderer Ruhm zu sein scheint, das europäische
China darzustellen.

Ueber die günstigen Resultate des schweizer Frauenstudiums, trotz
der vielen schlechten Elemente, die sich unter den dortigen Studentinnen
(Russinnen) befanden und auch noch befinden, haben die dortigen Universitäts-
professsoren Dr. Flesch und Dr. Müller wiederholt in ausführlichen Ab-
handlungen berichtet.

Ueber das Ergebniß der Zulassung der Frauen zu den belgischen
Universitäten hinsichtlich der Studenten hat der Rektor der Universität
von Lüttich, Crasenster, vor einigen Jahren ein Enquête veranstaltet. Er
hat an sämmtliche Universitätsvorstände folgende Frage gerichtet:

„Welchen Einfluß hatte die Zulassung der Frauen zu den Uni-
versitäten auf die Studien, die Disziplin und das Benehmen der Studenten?“

Das Ergebniß seiner Enquête faßt Rektor Crasenster folgendermaßen
zusammen: „Uebereinstimmend ist von allen Seiten anerkannt worden daß
diese Zulassung gar keine Nachtheile im Gefolge gehabt, sondern daß sie
im Gegentheil häufig einen sehr günstigen Einfluß ausgeübt hat, auf diese
Weise die in England und Amerika gemachten Beobachtungen bestätigend.“

Jn seinem vortrefflichen Buche „La condition politique de la
femme
“ berichtet der Brüsseler Rechtsanwalt Louis Frank dasselbe Er-
gebniß auch aus den anderen Ländern, in denen Frauen studiren, und fügt
hinzu:

„Was die Frauen selbst anbelangt, haben sie durch den Gebrauch,
den sie von ihrem Rechte gemacht haben, durch ihren enormen Fleiß, die
großen Erfolge, die sie bei den Prüfungen davongetragen haben, und durch
ihren Feuereifer einen neuen Beweis geliefert, daß unsere Gefährtinnen
noch größere Rechte zu erlangen verdienen und daß sie würdig sind, auf
allen Gebieten Gleichberechtigung zu fordern!“

An der Londoner Universität haben von den männlichen Studieren-
den nur 42 Prozent mit Erfolg promovirt, von den weiblichen dagegen
73, und zwar letztere, eine einzige Ausnahme abgerechnet, sämmtlich mit
dem ersten Grade.

Es muß selbstverständlich in Erwägung gezogen werden, daß von
den Frauen nur sehr begabte studiren, während bei den Männern häufig
nur der Reichthum ihrer Eltern die Veranlassung ist, sich „auch diesen
Luxus“ zu gönnen, aber selbst bei dieser Erwägung muß man die Erfolge,
die die Frauen mit dem Studium haben, glänzend finden.

Und all das wird bei uns vollständig ignorirt, von der Regierung
sowohl als auch von solchen Männern, denen man wohl ein Jnteresse an
einer vitalen Frage, wie diese es ist, zumuthen dürfte.

Erklärte doch Eduard v. Hartmann einem Jnterviewer: „Jch bin
durchaus dafür, daß man den Versuch, Frauen Medizin studiren zu lassen,

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[1752/0003] Die Kritik Warum holt denn unsere Regierung nicht bei den anderen Regierungen Auskunft über die Resultate des Frauenstudiums ein? Ja warum? Wohl weil es ein besonderer Ruhm zu sein scheint, das europäische China darzustellen. Ueber die günstigen Resultate des schweizer Frauenstudiums, trotz der vielen schlechten Elemente, die sich unter den dortigen Studentinnen (Russinnen) befanden und auch noch befinden, haben die dortigen Universitäts- professsoren Dr. Flesch und Dr. Müller wiederholt in ausführlichen Ab- handlungen berichtet. Ueber das Ergebniß der Zulassung der Frauen zu den belgischen Universitäten hinsichtlich der Studenten hat der Rektor der Universität von Lüttich, Crasenster, vor einigen Jahren ein Enquête veranstaltet. Er hat an sämmtliche Universitätsvorstände folgende Frage gerichtet: „Welchen Einfluß hatte die Zulassung der Frauen zu den Uni- versitäten auf die Studien, die Disziplin und das Benehmen der Studenten?“ Das Ergebniß seiner Enquête faßt Rektor Crasenster folgendermaßen zusammen: „Uebereinstimmend ist von allen Seiten anerkannt worden daß diese Zulassung gar keine Nachtheile im Gefolge gehabt, sondern daß sie im Gegentheil häufig einen sehr günstigen Einfluß ausgeübt hat, auf diese Weise die in England und Amerika gemachten Beobachtungen bestätigend.“ Jn seinem vortrefflichen Buche „La condition politique de la femme“ berichtet der Brüsseler Rechtsanwalt Louis Frank dasselbe Er- gebniß auch aus den anderen Ländern, in denen Frauen studiren, und fügt hinzu: „Was die Frauen selbst anbelangt, haben sie durch den Gebrauch, den sie von ihrem Rechte gemacht haben, durch ihren enormen Fleiß, die großen Erfolge, die sie bei den Prüfungen davongetragen haben, und durch ihren Feuereifer einen neuen Beweis geliefert, daß unsere Gefährtinnen noch größere Rechte zu erlangen verdienen und daß sie würdig sind, auf allen Gebieten Gleichberechtigung zu fordern!“ An der Londoner Universität haben von den männlichen Studieren- den nur 42 Prozent mit Erfolg promovirt, von den weiblichen dagegen 73, und zwar letztere, eine einzige Ausnahme abgerechnet, sämmtlich mit dem ersten Grade. Es muß selbstverständlich in Erwägung gezogen werden, daß von den Frauen nur sehr begabte studiren, während bei den Männern häufig nur der Reichthum ihrer Eltern die Veranlassung ist, sich „auch diesen Luxus“ zu gönnen, aber selbst bei dieser Erwägung muß man die Erfolge, die die Frauen mit dem Studium haben, glänzend finden. Und all das wird bei uns vollständig ignorirt, von der Regierung sowohl als auch von solchen Männern, denen man wohl ein Jnteresse an einer vitalen Frage, wie diese es ist, zumuthen dürfte. Erklärte doch Eduard v. Hartmann einem Jnterviewer: „Jch bin durchaus dafür, daß man den Versuch, Frauen Medizin studiren zu lassen,

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Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen : Bereitstellung der Texttranskription. (2021-08-25T14:50:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-08-25T14:50:07Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Das Universitätsstudium der Frauen. In: Die Kritik (4, 1895). S. 1750–1753, S. 1752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_universitaetsstudium_1895/3>, abgerufen am 24.11.2024.