Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785. Obfstr. Besinne Dich nicht lange, mach fort! Obfstn. Kind! -- das sollte nicht sein -- Er sollte nicht herkommen. Obfstr. Um Gottes willen! Mach fort. Schulz. Frau -- es ist die höchste Zeit. Obfstn. (mit inniger Rührung.) Ihr lieben Leute! Scheltet mich nicht -- ich bin krank -- recht krank! Es ist mein Sohn -- ich habe ihn geboren -- ich muß ihn ja auch vom Herzen reissen. Ich habe mich aus- geweint, daß ich nicht mehr kann -- Aber nun ist mein Anton bei Gott! Habe ich ihn verloren, so will ich ihn auch nicht mehr sehen. Du kannst ohne mich nicht fort -- es kennt Dich niemand so, wie ich; Dir will ich beistehen bis an mein Ende -- und das ist bald! dann sehe ich ja meinen Anton wieder. Dann nimmt ihn niemand mehr von mir. -- Ich will die Kleider hinschicken. (ab.) Obfstr. Armes Weib! -- Das Herz bricht mir. Schulz. Eben ist auch Matthes hereingebracht worden. Obfstr. Lebt er noch? Schulz. Ja. Ich habe ihn gesehen. Es ist ein Bote nach dem Doktor von Hocksalden geschickt -- Obfſtr. Beſinne Dich nicht lange, mach fort! Obfſtn. Kind! — das ſollte nicht ſein — Er ſollte nicht herkommen. Obfſtr. Um Gottes willen! Mach fort. Schulz. Frau — es iſt die hoͤchſte Zeit. Obfſtn. (mit inniger Ruͤhrung.) Ihr lieben Leute! Scheltet mich nicht — ich bin krank — recht krank! Es iſt mein Sohn — ich habe ihn geboren — ich muß ihn ja auch vom Herzen reiſſen. Ich habe mich aus- geweint, daß ich nicht mehr kann — Aber nun iſt mein Anton bei Gott! Habe ich ihn verloren, ſo will ich ihn auch nicht mehr ſehen. Du kannſt ohne mich nicht fort — es kennt Dich niemand ſo, wie ich; Dir will ich beiſtehen bis an mein Ende — und das iſt bald! dann ſehe ich ja meinen Anton wieder. Dann nimmt ihn niemand mehr von mir. — Ich will die Kleider hinſchicken. (ab.) Obfſtr. Armes Weib! — Das Herz bricht mir. Schulz. Eben iſt auch Matthes hereingebracht worden. Obfſtr. Lebt er noch? Schulz. Ja. Ich habe ihn geſehen. Es iſt ein Bote nach dem Doktor von Hockſalden geſchickt — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0172" n="166"/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Beſinne Dich nicht lange, mach fort!</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Kind! — das ſollte nicht ſein — Er ſollte<lb/> nicht herkommen.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Um Gottes willen! Mach fort.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHU"> <speaker>Schulz.</speaker> <p>Frau — es iſt die hoͤchſte Zeit.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <stage>(mit inniger Ruͤhrung.)</stage> <p>Ihr lieben Leute!<lb/> Scheltet mich nicht — ich bin krank — recht krank!<lb/> Es iſt mein Sohn — ich habe ihn geboren — ich muß<lb/> ihn ja auch vom Herzen reiſſen. Ich habe mich aus-<lb/> geweint, daß ich nicht mehr kann — Aber nun iſt<lb/> mein Anton bei Gott! Habe ich ihn verloren, ſo will<lb/> ich ihn auch nicht mehr ſehen. Du kannſt ohne mich<lb/> nicht fort — es kennt Dich niemand ſo, wie ich; Dir<lb/> will ich beiſtehen bis an mein Ende — und das iſt<lb/> bald! dann ſehe ich ja meinen Anton wieder. Dann<lb/> nimmt ihn niemand mehr von mir. — Ich will die<lb/> Kleider hinſchicken. <stage>(ab.)</stage></p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Armes Weib! — Das Herz bricht mir.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHU"> <speaker>Schulz.</speaker> <p>Eben iſt auch Matthes hereingebracht<lb/> worden.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Lebt er noch?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHU"> <speaker>Schulz.</speaker> <p>Ja. Ich habe ihn geſehen. Es iſt ein<lb/> Bote nach dem Doktor von Hockſalden geſchickt —<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0172]
Obfſtr. Beſinne Dich nicht lange, mach fort!
Obfſtn. Kind! — das ſollte nicht ſein — Er ſollte
nicht herkommen.
Obfſtr. Um Gottes willen! Mach fort.
Schulz. Frau — es iſt die hoͤchſte Zeit.
Obfſtn. (mit inniger Ruͤhrung.) Ihr lieben Leute!
Scheltet mich nicht — ich bin krank — recht krank!
Es iſt mein Sohn — ich habe ihn geboren — ich muß
ihn ja auch vom Herzen reiſſen. Ich habe mich aus-
geweint, daß ich nicht mehr kann — Aber nun iſt
mein Anton bei Gott! Habe ich ihn verloren, ſo will
ich ihn auch nicht mehr ſehen. Du kannſt ohne mich
nicht fort — es kennt Dich niemand ſo, wie ich; Dir
will ich beiſtehen bis an mein Ende — und das iſt
bald! dann ſehe ich ja meinen Anton wieder. Dann
nimmt ihn niemand mehr von mir. — Ich will die
Kleider hinſchicken. (ab.)
Obfſtr. Armes Weib! — Das Herz bricht mir.
Schulz. Eben iſt auch Matthes hereingebracht
worden.
Obfſtr. Lebt er noch?
Schulz. Ja. Ich habe ihn geſehen. Es iſt ein
Bote nach dem Doktor von Hockſalden geſchickt —
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