Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.
ängstlich. Er war neulich einmal ein bischen krank -- nun, so meinte ich doch nicht anders, als das ganze Dorf wäre mir zu enge! -- Wenn er nur ein Paar Tage über Feld muß -- und Mittags ist sein Plaz leer -- oder ich seh ihn Abends unter der Linde sein Pfeifchen nicht rauchen: so ist mir ganz wunderlich zu Muthe. Ich gehe im Dorfe zu diesem und ienem -- die Leute sind auch alle recht nachbarlich und gut. -- Da ist auch wohl der Schulz gekommen. Nun, lieber Gott -- es ist ein guter Mann, der Schulz, ein braver Mann! Aber es ist doch mein Alter nicht -- nein, es ist mein Alter nicht. Ein Bursche. -- Der Herr schickt mich aus dem Garten -- ich sollte die Frau fragen, ob sie nun nach der Thür gesehen hätte? sollte ich sagen. Oberförsterin. Ja, ia -- ich hätte darnach gesehen. (Bursche ab.) Nun aber doch zur Kuriosität, komm einmal her an die Thür. (sie gehen beide hin und Fried. wird an der Thür gemessen.) Richtig, einen Kopf bist Du gewachsen -- einen ganzen Kopf. Aber über den Anton wirst Du Dich wundern -- der ist lang -- mächtig in die Höhe geschossen! Friedrike. Es soll ein schöner Mann geworden sein. Obfstn. Kind, sag das nicht, daß es sein Vater hört; denn wenn ich sage: "Es ist ein Mann, er
aͤngſtlich. Er war neulich einmal ein bischen krank — nun, ſo meinte ich doch nicht anders, als das ganze Dorf waͤre mir zu enge! — Wenn er nur ein Paar Tage uͤber Feld muß — und Mittags iſt ſein Plaz leer — oder ich ſeh ihn Abends unter der Linde ſein Pfeifchen nicht rauchen: ſo iſt mir ganz wunderlich zu Muthe. Ich gehe im Dorfe zu dieſem und ienem — die Leute ſind auch alle recht nachbarlich und gut. — Da iſt auch wohl der Schulz gekommen. Nun, lieber Gott — es iſt ein guter Mann, der Schulz, ein braver Mann! Aber es iſt doch mein Alter nicht — nein, es iſt mein Alter nicht. Ein Burſche. — Der Herr ſchickt mich aus dem Garten — ich ſollte die Frau fragen, ob ſie nun nach der Thuͤr geſehen haͤtte? ſollte ich ſagen. Oberfoͤrſterin. Ja, ia — ich haͤtte darnach geſehen. (Burſche ab.) Nun aber doch zur Kurioſitaͤt, komm einmal her an die Thuͤr. (ſie gehen beide hin und Fried. wird an der Thuͤr gemeſſen.) Richtig, einen Kopf biſt Du gewachſen — einen ganzen Kopf. Aber uͤber den Anton wirſt Du Dich wundern — der iſt lang — maͤchtig in die Hoͤhe geſchoſſen! Friedrike. Es ſoll ein ſchoͤner Mann geworden ſein. Obfſtn. Kind, ſag das nicht, daß es ſein Vater hoͤrt; denn wenn ich ſage: „Es iſt ein Mann, er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#OBEI"> <p><pb facs="#f0048" n="42"/> aͤngſtlich. Er war neulich einmal ein bischen krank —<lb/> nun, ſo meinte ich doch nicht anders, als das ganze Dorf<lb/> waͤre mir zu enge! — Wenn er nur ein Paar Tage uͤber<lb/> Feld muß — und Mittags iſt ſein Plaz leer — oder<lb/> ich ſeh ihn Abends unter der Linde ſein Pfeifchen nicht<lb/> rauchen: ſo iſt mir ganz wunderlich zu Muthe. Ich<lb/> gehe im Dorfe zu dieſem und ienem — die Leute ſind<lb/> auch alle recht nachbarlich und gut. — Da iſt auch wohl<lb/> der Schulz gekommen. Nun, lieber Gott — es iſt ein<lb/> guter Mann, der Schulz, ein braver Mann! Aber es iſt<lb/> doch mein Alter nicht — nein, es iſt mein Alter nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#BUR"> <speaker>Ein Burſche.</speaker> <p>— Der Herr ſchickt mich aus dem<lb/> Garten — ich ſollte die Frau fragen, ob ſie nun nach<lb/> der Thuͤr geſehen haͤtte? ſollte ich ſagen.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Oberfoͤrſterin.</speaker> <p>Ja, ia — ich haͤtte darnach geſehen.<lb/><stage>(Burſche ab.)</stage> Nun aber doch zur Kurioſitaͤt, komm<lb/> einmal her an die Thuͤr. <stage>(ſie gehen beide hin und Fried.<lb/> wird an der Thuͤr gemeſſen.)</stage> Richtig, einen Kopf biſt Du<lb/> gewachſen — einen ganzen Kopf. Aber uͤber den Anton<lb/> wirſt Du Dich wundern — der iſt lang — maͤchtig in<lb/> die Hoͤhe geſchoſſen!</p> </sp><lb/> <sp who="#FRI"> <speaker>Friedrike.</speaker> <p>Es ſoll ein ſchoͤner Mann geworden ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Kind, ſag das nicht, daß es ſein Vater<lb/> hoͤrt; denn wenn ich ſage: „Es iſt ein Mann, er<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0048]
aͤngſtlich. Er war neulich einmal ein bischen krank —
nun, ſo meinte ich doch nicht anders, als das ganze Dorf
waͤre mir zu enge! — Wenn er nur ein Paar Tage uͤber
Feld muß — und Mittags iſt ſein Plaz leer — oder
ich ſeh ihn Abends unter der Linde ſein Pfeifchen nicht
rauchen: ſo iſt mir ganz wunderlich zu Muthe. Ich
gehe im Dorfe zu dieſem und ienem — die Leute ſind
auch alle recht nachbarlich und gut. — Da iſt auch wohl
der Schulz gekommen. Nun, lieber Gott — es iſt ein
guter Mann, der Schulz, ein braver Mann! Aber es iſt
doch mein Alter nicht — nein, es iſt mein Alter nicht.
Ein Burſche. — Der Herr ſchickt mich aus dem
Garten — ich ſollte die Frau fragen, ob ſie nun nach
der Thuͤr geſehen haͤtte? ſollte ich ſagen.
Oberfoͤrſterin. Ja, ia — ich haͤtte darnach geſehen.
(Burſche ab.) Nun aber doch zur Kurioſitaͤt, komm
einmal her an die Thuͤr. (ſie gehen beide hin und Fried.
wird an der Thuͤr gemeſſen.) Richtig, einen Kopf biſt Du
gewachſen — einen ganzen Kopf. Aber uͤber den Anton
wirſt Du Dich wundern — der iſt lang — maͤchtig in
die Hoͤhe geſchoſſen!
Friedrike. Es ſoll ein ſchoͤner Mann geworden ſein.
Obfſtn. Kind, ſag das nicht, daß es ſein Vater
hoͤrt; denn wenn ich ſage: „Es iſt ein Mann, er
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