Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785. Pastor. Mein Besuch gilt ihm nicht. Ich bin eigentlich gekommen, Friedrikchen zu sehen. Liebe Tochter, wir haben die guten Nachrichten von Ihnen allemal zusammen gelesen, und es freuet mich recht, daß Sie so gut geworden sind. Friedrike. Würdiger Mann -- Sie nehmen noch so vielen Antheil an mir, ungeachtet -- Pastor. Ungeachtet? Kind -- errathe ich, was Sie sagen wollten -- so haben Sie mich betrübt. Friedrike. Wie so? Pastor. Ungeachtet wir verschiedner Religion sind; -- nicht wahr, das wollten Sie sagen? Friedrike. Dann müste ich Sie nicht kennen, wenn ich es auch nur gedacht hätte. Ungeachtet meiner langen Entfernung, wollte ich sagen. Pastor. Ich halte mich für den besondern Freund eines jeden aus diesem Orte; der Kummer und die Freude eines jeden gehen mich nahe mit an. Was thut Entfernung zur Sache? Wo mein Rath, meine Hülfe nicht hinreichen, hören doch meine guten Wünsche nicht auf. Anton. Das ist gewiß, das weiß ich. Aber den Dank, den Sie dafür verdienen -- -- E 3
Paſtor. Mein Beſuch gilt ihm nicht. Ich bin eigentlich gekommen, Friedrikchen zu ſehen. Liebe Tochter, wir haben die guten Nachrichten von Ihnen allemal zuſammen geleſen, und es freuet mich recht, daß Sie ſo gut geworden ſind. Friedrike. Wuͤrdiger Mann — Sie nehmen noch ſo vielen Antheil an mir, ungeachtet — Paſtor. Ungeachtet? Kind — errathe ich, was Sie ſagen wollten — ſo haben Sie mich betruͤbt. Friedrike. Wie ſo? Paſtor. Ungeachtet wir verſchiedner Religion ſind; — nicht wahr, das wollten Sie ſagen? Friedrike. Dann muͤſte ich Sie nicht kennen, wenn ich es auch nur gedacht haͤtte. Ungeachtet meiner langen Entfernung, wollte ich ſagen. Paſtor. Ich halte mich fuͤr den beſondern Freund eines jeden aus dieſem Orte; der Kummer und die Freude eines jeden gehen mich nahe mit an. Was thut Entfernung zur Sache? Wo mein Rath, meine Huͤlfe nicht hinreichen, hoͤren doch meine guten Wuͤnſche nicht auf. Anton. Das iſt gewiß, das weiß ich. Aber den Dank, den Sie dafuͤr verdienen — — E 3
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Paſtor. Mein Beſuch gilt ihm nicht. Ich bin
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Tochter, wir haben die guten Nachrichten von Ihnen
allemal zuſammen geleſen, und es freuet mich recht,
daß Sie ſo gut geworden ſind.
Friedrike. Wuͤrdiger Mann — Sie nehmen noch ſo
vielen Antheil an mir, ungeachtet —
Paſtor. Ungeachtet? Kind — errathe ich, was Sie
ſagen wollten — ſo haben Sie mich betruͤbt.
Friedrike. Wie ſo?
Paſtor. Ungeachtet wir verſchiedner Religion ſind;
— nicht wahr, das wollten Sie ſagen?
Friedrike. Dann muͤſte ich Sie nicht kennen, wenn
ich es auch nur gedacht haͤtte. Ungeachtet meiner
langen Entfernung, wollte ich ſagen.
Paſtor. Ich halte mich fuͤr den beſondern Freund
eines jeden aus dieſem Orte; der Kummer und die
Freude eines jeden gehen mich nahe mit an. Was thut
Entfernung zur Sache? Wo mein Rath, meine Huͤlfe
nicht hinreichen, hoͤren doch meine guten Wuͤnſche nicht
auf.
Anton. Das iſt gewiß, das weiß ich. Aber den
Dank, den Sie dafuͤr verdienen — —
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