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Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wenn man dergleichen hört, erwiderte Ernst und rang die Hände, so fallen einem alle Ungereimtheiten ein, die man heutzutage vernehmen muß. Sprich nur weiter, Anselm, ich bin dein Gast, ich kenne meine Pflichten. Ich habe es in Geduld ertragen müssen, wenn sie mir von der Mamsell Le Normand vorschwatzten, von dem wunderthätigen Schäferknecht, vom Magnetismus.... Nun war ich angegriffen. Sollte ich den Magnetismus, eine Sache, an welche ich glaubte, die ich durch theure Erfahrungen kennen gelernt hatte, mir schelten lassen? Ich fuhr auf und sagte, was ich auf dem Herzen trug. Wie kann man den Magnetismus eine Fabel nennen, das durch tausend Proben verbürgte Geheimniß der Seele? sagte ich. Sie hörten nicht auf, sie waren schon wieder tief in ihren Theorieen. Ich erhitzte mich, ich erbat mir Ruhe, ich erzählte, daß mir selbst die wunderbarsten Erscheinungen jenes Zustandes in Ems geworden wären; was nun freilich nur zur Hälfte richtig war. Wir sprachen zuletzt Alle durcheinander, Anselm von den Tendenzen des Jahrhunderts, Ernst von der Legitimität, und ich vom siderischen Bezuge. Es achtete aber keiner mehr dessen, was der Andre sagte.

So standen wir drei Narren und schwatzten, und ständen und schwatzten vielleicht noch, wenn nicht plötzlich der Bediente eingetreten wäre und unsern Wirth bescheidentlich gefragt hätte: wie viel Couverts der Herr befehle? Dieses Wort erinnerte mich, daß ich in Köln

Wenn man dergleichen hört, erwiderte Ernst und rang die Hände, so fallen einem alle Ungereimtheiten ein, die man heutzutage vernehmen muß. Sprich nur weiter, Anselm, ich bin dein Gast, ich kenne meine Pflichten. Ich habe es in Geduld ertragen müssen, wenn sie mir von der Mamsell Le Normand vorschwatzten, von dem wunderthätigen Schäferknecht, vom Magnetismus.... Nun war ich angegriffen. Sollte ich den Magnetismus, eine Sache, an welche ich glaubte, die ich durch theure Erfahrungen kennen gelernt hatte, mir schelten lassen? Ich fuhr auf und sagte, was ich auf dem Herzen trug. Wie kann man den Magnetismus eine Fabel nennen, das durch tausend Proben verbürgte Geheimniß der Seele? sagte ich. Sie hörten nicht auf, sie waren schon wieder tief in ihren Theorieen. Ich erhitzte mich, ich erbat mir Ruhe, ich erzählte, daß mir selbst die wunderbarsten Erscheinungen jenes Zustandes in Ems geworden wären; was nun freilich nur zur Hälfte richtig war. Wir sprachen zuletzt Alle durcheinander, Anselm von den Tendenzen des Jahrhunderts, Ernst von der Legitimität, und ich vom siderischen Bezuge. Es achtete aber keiner mehr dessen, was der Andre sagte.

So standen wir drei Narren und schwatzten, und ständen und schwatzten vielleicht noch, wenn nicht plötzlich der Bediente eingetreten wäre und unsern Wirth bescheidentlich gefragt hätte: wie viel Couverts der Herr befehle? Dieses Wort erinnerte mich, daß ich in Köln

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[0066] Wenn man dergleichen hört, erwiderte Ernst und rang die Hände, so fallen einem alle Ungereimtheiten ein, die man heutzutage vernehmen muß. Sprich nur weiter, Anselm, ich bin dein Gast, ich kenne meine Pflichten. Ich habe es in Geduld ertragen müssen, wenn sie mir von der Mamsell Le Normand vorschwatzten, von dem wunderthätigen Schäferknecht, vom Magnetismus.... Nun war ich angegriffen. Sollte ich den Magnetismus, eine Sache, an welche ich glaubte, die ich durch theure Erfahrungen kennen gelernt hatte, mir schelten lassen? Ich fuhr auf und sagte, was ich auf dem Herzen trug. Wie kann man den Magnetismus eine Fabel nennen, das durch tausend Proben verbürgte Geheimniß der Seele? sagte ich. Sie hörten nicht auf, sie waren schon wieder tief in ihren Theorieen. Ich erhitzte mich, ich erbat mir Ruhe, ich erzählte, daß mir selbst die wunderbarsten Erscheinungen jenes Zustandes in Ems geworden wären; was nun freilich nur zur Hälfte richtig war. Wir sprachen zuletzt Alle durcheinander, Anselm von den Tendenzen des Jahrhunderts, Ernst von der Legitimität, und ich vom siderischen Bezuge. Es achtete aber keiner mehr dessen, was der Andre sagte. So standen wir drei Narren und schwatzten, und ständen und schwatzten vielleicht noch, wenn nicht plötzlich der Bediente eingetreten wäre und unsern Wirth bescheidentlich gefragt hätte: wie viel Couverts der Herr befehle? Dieses Wort erinnerte mich, daß ich in Köln

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/66>, abgerufen am 21.11.2024.