sei geborner Geheimer-Rath im höchsten Collegio. Aber seit seinem vierzehnten Jahre legte er sich mit dieser Vorstellung nieder, und stand mit der- selben Morgens wieder auf; sie gab ihm eine Sicherheit des Bewußtseyns, welche nichts zu erschüttern vermochte. Gelernt hatte er, die Wahrheit zu sagen, wenig oder nichts, sein Herr Vater war dagegen, und der Meinung gewesen, viel wissen sei für einen Cavalier unanständig.
Er hatte eine freie, sorglose und gutmüthige Sinnesart; es vergnügte ihn, Andern mitzutheilen, und sein eignes Vergnügen liebte er nicht minder. Er gab gern Gastereien, ging gern mit einem Dutzend guter Freunde auf die Rehjagd, und hielt nach dieser Anstrengung ein, wo möglich hohes Spielchen mit seinen Waidgenossen für die beste Erholung. Auch wenn er allein war, speiste er nicht gern unter sechs Schüsseln, wozu, wie sich von selbst versteht, alter Rheinwein vom Besten gehörte. In Kleidern hielt er sich sauber, Diener unterhielt er nicht übermäßig viele, etwa fünf oder sechs für sich und seine Gemahlin, die aus der älteren, oder graumelirten Linie, aus der Linie Schnuck-Muckelig-Pumpel entsprossen war; nebst
ſei geborner Geheimer-Rath im höchſten Collegio. Aber ſeit ſeinem vierzehnten Jahre legte er ſich mit dieſer Vorſtellung nieder, und ſtand mit der- ſelben Morgens wieder auf; ſie gab ihm eine Sicherheit des Bewußtſeyns, welche nichts zu erſchüttern vermochte. Gelernt hatte er, die Wahrheit zu ſagen, wenig oder nichts, ſein Herr Vater war dagegen, und der Meinung geweſen, viel wiſſen ſei für einen Cavalier unanſtändig.
Er hatte eine freie, ſorgloſe und gutmüthige Sinnesart; es vergnügte ihn, Andern mitzutheilen, und ſein eignes Vergnügen liebte er nicht minder. Er gab gern Gaſtereien, ging gern mit einem Dutzend guter Freunde auf die Rehjagd, und hielt nach dieſer Anſtrengung ein, wo möglich hohes Spielchen mit ſeinen Waidgenoſſen für die beſte Erholung. Auch wenn er allein war, ſpeiſte er nicht gern unter ſechs Schüſſeln, wozu, wie ſich von ſelbſt verſteht, alter Rheinwein vom Beſten gehörte. In Kleidern hielt er ſich ſauber, Diener unterhielt er nicht übermäßig viele, etwa fünf oder ſechs für ſich und ſeine Gemahlin, die aus der älteren, oder graumelirten Linie, aus der Linie Schnuck-Muckelig-Pumpel entſproſſen war; nebſt
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ſei geborner Geheimer-Rath im höchſten Collegio.
Aber ſeit ſeinem vierzehnten Jahre legte er ſich
mit dieſer Vorſtellung nieder, und ſtand mit der-
ſelben Morgens wieder auf; ſie gab ihm eine
Sicherheit des Bewußtſeyns, welche nichts zu
erſchüttern vermochte. Gelernt hatte er, die
Wahrheit zu ſagen, wenig oder nichts, ſein Herr
Vater war dagegen, und der Meinung geweſen, viel
wiſſen ſei für einen Cavalier unanſtändig.
Er hatte eine freie, ſorgloſe und gutmüthige
Sinnesart; es vergnügte ihn, Andern mitzutheilen,
und ſein eignes Vergnügen liebte er nicht minder.
Er gab gern Gaſtereien, ging gern mit einem
Dutzend guter Freunde auf die Rehjagd, und hielt
nach dieſer Anſtrengung ein, wo möglich hohes
Spielchen mit ſeinen Waidgenoſſen für die beſte
Erholung. Auch wenn er allein war, ſpeiſte er
nicht gern unter ſechs Schüſſeln, wozu, wie ſich
von ſelbſt verſteht, alter Rheinwein vom Beſten
gehörte. In Kleidern hielt er ſich ſauber, Diener
unterhielt er nicht übermäßig viele, etwa fünf oder
ſechs für ſich und ſeine Gemahlin, die aus der
älteren, oder graumelirten Linie, aus der Linie
Schnuck-Muckelig-Pumpel entſproſſen war; nebſt
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/115>, abgerufen am 21.11.2024.
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