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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Um die Zeit der vielfältigsten und heißesten
Bewerbungen machte ihr Vater mit den Seinigen
eine der obengedachten Erholungsreisen zur Stär-
kung auf die Beschwerden der Jagd und des Spiels.
Der Ausflug war diesmal in die Bäder von Nizza
gerichtet. Die Familie reiste unter fremdem Na-
men, denn sechs feurige Landjunker hatten geschworen,
dem Fräulein nachzueilen bis an das Ende der
Welt, und sie wollte allein seyn, allein mit ihrem
Nußknacker, dem heiligen Meer und den ewigen
Alpen gegenüber.

Die Familie hieß in Nizza die von Schnur-
renburg-Mixpickelsche. Eines Tages gehen Schnur-
renburg-Mixpickels am Strande spazieren; das
Fräulein geht etwas voran, den Freund im Ridi-
cüle. Plötzlich sehen die Eltern sie wanken; der
Vater springt zu, und empfängt die Tochter in
seinen Armen. Bleich ist ihr Antlitz, aber von
Entzücken strahlen ihre Augen, sie liegt wie eine
Selige am Busen des Vaters. Ihre Blicke
dringen schüchtern in die Ferne, und kehren dann
wie mit goldnen Schätzen der Wonne beladen, in
sich zurück. Auch die Eltern erstaunen, als sie
den Blicken der Tochter in die Ferne folgen.

Immermann's Münchhausen. 1. Th. 8

Um die Zeit der vielfältigſten und heißeſten
Bewerbungen machte ihr Vater mit den Seinigen
eine der obengedachten Erholungsreiſen zur Stär-
kung auf die Beſchwerden der Jagd und des Spiels.
Der Ausflug war diesmal in die Bäder von Nizza
gerichtet. Die Familie reiſte unter fremdem Na-
men, denn ſechs feurige Landjunker hatten geſchworen,
dem Fräulein nachzueilen bis an das Ende der
Welt, und ſie wollte allein ſeyn, allein mit ihrem
Nußknacker, dem heiligen Meer und den ewigen
Alpen gegenüber.

Die Familie hieß in Nizza die von Schnur-
renburg-Mixpickelſche. Eines Tages gehen Schnur-
renburg-Mixpickels am Strande ſpazieren; das
Fräulein geht etwas voran, den Freund im Ridi-
cüle. Plötzlich ſehen die Eltern ſie wanken; der
Vater ſpringt zu, und empfängt die Tochter in
ſeinen Armen. Bleich iſt ihr Antlitz, aber von
Entzücken ſtrahlen ihre Augen, ſie liegt wie eine
Selige am Buſen des Vaters. Ihre Blicke
dringen ſchüchtern in die Ferne, und kehren dann
wie mit goldnen Schätzen der Wonne beladen, in
ſich zurück. Auch die Eltern erſtaunen, als ſie
den Blicken der Tochter in die Ferne folgen.

Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 8
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[113/0121] Um die Zeit der vielfältigſten und heißeſten Bewerbungen machte ihr Vater mit den Seinigen eine der obengedachten Erholungsreiſen zur Stär- kung auf die Beſchwerden der Jagd und des Spiels. Der Ausflug war diesmal in die Bäder von Nizza gerichtet. Die Familie reiſte unter fremdem Na- men, denn ſechs feurige Landjunker hatten geſchworen, dem Fräulein nachzueilen bis an das Ende der Welt, und ſie wollte allein ſeyn, allein mit ihrem Nußknacker, dem heiligen Meer und den ewigen Alpen gegenüber. Die Familie hieß in Nizza die von Schnur- renburg-Mixpickelſche. Eines Tages gehen Schnur- renburg-Mixpickels am Strande ſpazieren; das Fräulein geht etwas voran, den Freund im Ridi- cüle. Plötzlich ſehen die Eltern ſie wanken; der Vater ſpringt zu, und empfängt die Tochter in ſeinen Armen. Bleich iſt ihr Antlitz, aber von Entzücken ſtrahlen ihre Augen, ſie liegt wie eine Selige am Buſen des Vaters. Ihre Blicke dringen ſchüchtern in die Ferne, und kehren dann wie mit goldnen Schätzen der Wonne beladen, in ſich zurück. Auch die Eltern erſtaunen, als ſie den Blicken der Tochter in die Ferne folgen. Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 8

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/121>, abgerufen am 21.11.2024.