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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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die Worte des Vaters verletzen könnten. Verge-
bung daher ihm, und ferne sei es von mir, das
Recht der Wiedervergeltung zu üben und Sie auf
seine Einbildungen aufmerksam zu machen.

Aber Dank bin ich Ihnen schuldig, theurer
Meister, für die unvergleichliche Zartheit, mit wel-
cher Sie mich heute zweimal aus dem Zimmer
sendeten. Eine so rücksichtsvolle Behandlung thut
unendlich wohl. Ich muß Ihnen meinen Dank
durch eine Warnung bethätigen. Hüten Sie sich
vor dem Schulmeister, reizen Sie seine Ihnen
bekannte Verrücktheit nicht durch hingeworfene
Aeußerungen, welche er auf sich und seine fixe Idee
beziehen kann. Ich habe Ursache, zu glauben, daß
die Krankheit dieses Mannes im Steigen ist; denn
er kocht schon die sogenannte schwarze Suppe, ohne
ihrer benöthigt zu seyn und schläft zuweilen im
Freien auf dem lächerlichen Gebirge Taygetus --
Zeichen gewiß einer innerlichen Gährung. Wel-
ches Unglück, wenn er plötzlich wüthend würde,
den Vater, wie leicht möglich, ansteckte, und Beide
die Riesenkraft der Raserei entfalteten! Wir
Vernünftigen wären schwerlich im Stande, sie zu
bewältigen, ja nur uns vor ihnen zu retten.


die Worte des Vaters verletzen könnten. Verge-
bung daher ihm, und ferne ſei es von mir, das
Recht der Wiedervergeltung zu üben und Sie auf
ſeine Einbildungen aufmerkſam zu machen.

Aber Dank bin ich Ihnen ſchuldig, theurer
Meiſter, für die unvergleichliche Zartheit, mit wel-
cher Sie mich heute zweimal aus dem Zimmer
ſendeten. Eine ſo rückſichtsvolle Behandlung thut
unendlich wohl. Ich muß Ihnen meinen Dank
durch eine Warnung bethätigen. Hüten Sie ſich
vor dem Schulmeiſter, reizen Sie ſeine Ihnen
bekannte Verrücktheit nicht durch hingeworfene
Aeußerungen, welche er auf ſich und ſeine fixe Idee
beziehen kann. Ich habe Urſache, zu glauben, daß
die Krankheit dieſes Mannes im Steigen iſt; denn
er kocht ſchon die ſogenannte ſchwarze Suppe, ohne
ihrer benöthigt zu ſeyn und ſchläft zuweilen im
Freien auf dem lächerlichen Gebirge Taygetus —
Zeichen gewiß einer innerlichen Gährung. Wel-
ches Unglück, wenn er plötzlich wüthend würde,
den Vater, wie leicht möglich, anſteckte, und Beide
die Rieſenkraft der Raſerei entfalteten! Wir
Vernünftigen wären ſchwerlich im Stande, ſie zu
bewältigen, ja nur uns vor ihnen zu retten.


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[245/0253] die Worte des Vaters verletzen könnten. Verge- bung daher ihm, und ferne ſei es von mir, das Recht der Wiedervergeltung zu üben und Sie auf ſeine Einbildungen aufmerkſam zu machen. Aber Dank bin ich Ihnen ſchuldig, theurer Meiſter, für die unvergleichliche Zartheit, mit wel- cher Sie mich heute zweimal aus dem Zimmer ſendeten. Eine ſo rückſichtsvolle Behandlung thut unendlich wohl. Ich muß Ihnen meinen Dank durch eine Warnung bethätigen. Hüten Sie ſich vor dem Schulmeiſter, reizen Sie ſeine Ihnen bekannte Verrücktheit nicht durch hingeworfene Aeußerungen, welche er auf ſich und ſeine fixe Idee beziehen kann. Ich habe Urſache, zu glauben, daß die Krankheit dieſes Mannes im Steigen iſt; denn er kocht ſchon die ſogenannte ſchwarze Suppe, ohne ihrer benöthigt zu ſeyn und ſchläft zuweilen im Freien auf dem lächerlichen Gebirge Taygetus — Zeichen gewiß einer innerlichen Gährung. Wel- ches Unglück, wenn er plötzlich wüthend würde, den Vater, wie leicht möglich, anſteckte, und Beide die Rieſenkraft der Raſerei entfalteten! Wir Vernünftigen wären ſchwerlich im Stande, ſie zu bewältigen, ja nur uns vor ihnen zu retten.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/253>, abgerufen am 27.11.2024.