worden, und damit wolle sich also das Rentamt begnügen, wie das Stift sich damit begnügt hat. Wächst Geld auf meinem Acker? Nein. Korn wächst darauf. Woher wollen Sie also das Geld nehmen?
Ihr sollt ja nicht übervortheilt werden! rief der Receptor.
Es muß Alles bei'm Alten bleiben, sagte der Hofschulze feierlich. Das war noch eine gute Zeit, als die Tafeln mit den Verzeichnissen der Lasten und Abgaben der Bauerschaft in der Kirche hingen. Dazumalen stand Alles fest, und kein Gezänk hat sich nimmer darüber begeben, wie neuerdings nur gar zu oft. Hernacher hieß es, die Tafeln mit den Hühnern und Eiern und Maltern und Süm- mern schadeten der Andacht, und sie wurden hin- weggethan. Im Gegentheil, sie hatten immer zu Predigt und Gesang gehört, wie Amen und Segen; ich für mein Theil, wenn ich sie ansah, besonders beim dritten Theile oder der Nutzanwendung, hatte die erbaulichsten Gedanken bekommen, zum Exempel: Ueberhebe dich nicht, denn da steht geschrieben, wie viel Zinsroggen und Schloßhafer du geben mußt, oder auch so: Wenn du draußen Lasten zu tragen hast, hier im Gotteshause bist du frei, und was
worden, und damit wolle ſich alſo das Rentamt begnügen, wie das Stift ſich damit begnügt hat. Wächſt Geld auf meinem Acker? Nein. Korn wächſt darauf. Woher wollen Sie alſo das Geld nehmen?
Ihr ſollt ja nicht übervortheilt werden! rief der Receptor.
Es muß Alles bei’m Alten bleiben, ſagte der Hofſchulze feierlich. Das war noch eine gute Zeit, als die Tafeln mit den Verzeichniſſen der Laſten und Abgaben der Bauerſchaft in der Kirche hingen. Dazumalen ſtand Alles feſt, und kein Gezänk hat ſich nimmer darüber begeben, wie neuerdings nur gar zu oft. Hernacher hieß es, die Tafeln mit den Hühnern und Eiern und Maltern und Süm- mern ſchadeten der Andacht, und ſie wurden hin- weggethan. Im Gegentheil, ſie hatten immer zu Predigt und Geſang gehört, wie Amen und Segen; ich für mein Theil, wenn ich ſie anſah, beſonders beim dritten Theile oder der Nutzanwendung, hatte die erbaulichſten Gedanken bekommen, zum Exempel: Ueberhebe dich nicht, denn da ſteht geſchrieben, wie viel Zinsroggen und Schloßhafer du geben mußt, oder auch ſo: Wenn du draußen Laſten zu tragen haſt, hier im Gotteshauſe biſt du frei, und was
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worden, und damit wolle ſich alſo das Rentamt
begnügen, wie das Stift ſich damit begnügt hat.
Wächſt Geld auf meinem Acker? Nein. Korn wächſt
darauf. Woher wollen Sie alſo das Geld nehmen?
Ihr ſollt ja nicht übervortheilt werden! rief
der Receptor.
Es muß Alles bei’m Alten bleiben, ſagte der
Hofſchulze feierlich. Das war noch eine gute Zeit,
als die Tafeln mit den Verzeichniſſen der Laſten
und Abgaben der Bauerſchaft in der Kirche hingen.
Dazumalen ſtand Alles feſt, und kein Gezänk hat
ſich nimmer darüber begeben, wie neuerdings nur
gar zu oft. Hernacher hieß es, die Tafeln mit
den Hühnern und Eiern und Maltern und Süm-
mern ſchadeten der Andacht, und ſie wurden hin-
weggethan. Im Gegentheil, ſie hatten immer zu
Predigt und Geſang gehört, wie Amen und Segen;
ich für mein Theil, wenn ich ſie anſah, beſonders
beim dritten Theile oder der Nutzanwendung, hatte
die erbaulichſten Gedanken bekommen, zum Exempel:
Ueberhebe dich nicht, denn da ſteht geſchrieben,
wie viel Zinsroggen und Schloßhafer du geben mußt,
oder auch ſo: Wenn du draußen Laſten zu tragen
haſt, hier im Gotteshauſe biſt du frei, und was
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/268>, abgerufen am 26.11.2024.
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